Arbitrage
(franz., spr. -ahsch, v.
lat. arbitrium,
Entscheidung) ist im allgemeinen die Erwägung und
Entscheidung über die günstigsten unter den
an verschiedenen
Plätzen sich bietenden Einkaufs- und Verkaufsgelegenheiten; insbesondere findet sie Anwendung auf
Geld,
Wechsel
und
Effekten. In ihrer einfachsten Form kommt sie vor als Geldarbitrage
, welche ermittelt, durch welche Geldsorten am vorteilhaftesten
an andern
Orten
Zahlung zu leisten ist oder
Forderungen eingezogen werden können.
Sind 20-Frankstücke in Berlin [* 2] für 16,40 Mk. zu kaufen, und stehen 20 Mk. in Paris [* 3] auf 24,69 Fr., so würde eine von Berlin nach Paris zu leistende Zahlung vorteilhafter in deutschem als in französischem Gold [* 4] geleistet werden, während eine auf Paris lautende Forderung am besten dort in französischem Gold einkassiert würde. Diese Berechnung wird verwickelter, sobald noch verschiedenartige Spesen, Transportkosten und eine größere Zahl von Plätzen und Geldsorten in Betracht kommen.
Eine größere Bedeutung hat heute die Wechselarbitrage, welche aus den Kursverschiedenheiten verschiedener Wechselplätze dadurch Vorteil zu ziehen sucht, daß sie ermittelt, auf welchem Weg ein Wechsel am billigsten zu erhalten und am höchsten zu verwerten ist. Man kann nämlich bei der Zahlung wie bei der Einkassierung regelmäßig dreierlei Wechsel benutzen: Wechsel auf den fremden Platz, Wechsel auf den eignen Platz und Wechsel auf einen von beiden verschiedenen Platz.
Bei den obliegenden Zahlungen wählt man mit andern Worten, ob man auf sich trassieren läßt, oder ob man Wechsel (Rimessen) einschickt, und in letzterm Fall wieder, ob man Rimessen auf den Zahlungsort oder auf irgend einen andern Ort einschickt. Beim Inkasso wählt man zwischen dem Trassieren auf den Schuldner und der Aufgabe an denselben, Rimessen zu machen, die wiederum in Wechseln auf den eignen oder irgend einen fremden Platz bestehen können. Die Entscheidung hängt natürlich ab vom Stande der Wechselkurse, d. h. von dem Preis, der für die Wechsel auf die verschiedenen Plätze bezahlt wird.
Hat z. B. ein Pariser Haus nach Amsterdam [* 5] 100 holländ. Fl. zu zahlen, und steht der Kurs von Paris auf Amsterdam auf 209 Frank (100 Fl.), der von Paris auf London [* 6] auf 25 Fr. (1 Pfd. Sterl.), von London auf Amsterdam auf 12 Fl. (1 Pfd. Sterl.), so sind bei direkter Remittierung nach Amsterdam 209 Fr. aufzuwenden. Gibt dagegen der Pariser einem Kommissionär in London Auftrag, Amsterdamer Papiere zu kaufen, und sendet er ihm als Deckung Londoner Papiere, so zahlt der Kommissionär 8 ⅓ Pfd. Sterl. für 100 Fl. Der Pariser aber kauft Londoner Papiere, welche auf 8 ⅓ Pfd. Sterl. lauten, für 208 ⅓ Fr. Die indirekte Rimesse über London ist also vorteilhafter als die direkte.
Ähnlich wird bei der
Einziehung von
Forderungen operiert, und zwar wird mit
Hilfe der telegraphisch eingegangenen
Kurszettel der verschiedensten
Wechselplätze ermittelt, welche der möglichen indirekten Remittierungen die vorteilhafteste
ist.
Werden bei der hierbei angestellten Rechnung, der Arbitrage
rechnung, die abweichenden Unkosten
(Provision,
Kourtage,
Porto)
der verschiedenen Wege berücksichtigt, so nennt man sie eine zusammengesetzte, im andern
Fall eine einfache Arbitrage.
Zur
Erleichterung der Rechnung hat man für wichtigere
Plätze eigne Wechselarbitrage
tafeln aufgestellt, in welchen alle praktisch
möglichen
Kurse in Rechnung gezogen sind. Da der
Diskont an den verschiedenen
Wechselplätzen meist ein ungleicher ist, so
sind auch die Aufwendungen verschieden, die man machen muß, je nachdem man zur
Zahlung an einem andern
Platz einen dort fälligen kurzsichtigen
Wechsel kauft oder einen langsichtigen daselbst diskontieren läßt. Die zur Vergleichung
solcher Aufwendungen anzustellende Rechnung nennt man die
Diskontarbitrage.
Auch bei
Effekten
(Aktien,
Staatspapieren) wird durch Arbitrage
(Aktien-,
Staatspapier-, Effektenarbitrage
) ermittelt, welche
Plätze
für
Kauf und Verkauf derselben am günstigsten sind. Dieselbe bietet infolge davon besondere Schwierigkeiten,
daß die Notierungsweise desselben
Papiers an verschiedenen
Börsen sehr ungleich ist (hier Rechnung nach
Stück, dort nach
Prozenten, hier einschließlich, dort ausschließlich der laufenden
Zinsen etc.). Die genannten
Operationen werden aber nicht
allein ausgeführt, um nötige
Zahlungen zu machen und ausstehende
Forderungen einzukassieren, sondern auch, um nur aus
Kursverschiedenheiten, z. B. durch eine hierdurch veranlaßte Trassierung,
Gewinn zu ziehen, indem sich zu diesem
Zweck mehrere
Häuser verschiedener
Plätze miteinander verständigen.
Die Arbitrage
veranlaßt am einen
Ort eine
Hebung,
[* 7] am andern eine Herabdrückung und damit eine Ausgleichung der
Kurse, und insofern
wirkt sie auch vorteilhaft, indem bei den heutigen Verkehrsmitteln schon verhältnismäßig kleine Kursunterschiede
zur Arbitrage
anreizen.
Vgl. Swoboda, Die kaufmännische Arbitrage
(5. Aufl., Berl. 1881);
Derselbe, Der internationale Arbitrageur
(das. 1882-84);
Haupt, Arbitrage
und
Paritäten
(Wien
[* 8] 1874; dasselbe in franz.
Sprache,
[* 9] 6. Aufl.,
Berl. 1883);
Becker, Die praktische Arbitrage
(das. 1876);
Strauß,
[* 10] Die Arbitrage
an den deutschen Börsenplätzen (Frankf.
1876);
Junckerstorff, Die Arbitrage
(Berl. 1882).