Arbeitsämter
,
Anstalten zur Pflege der Statistik ver Arbeiterverhältnisse, nicht zu verwechseln mit den seit einiger Zeit in mehrern deutschen Städten unter derselben Bezeichnung begründeten Arbeitsnachweisungsbureaus (s. d.). Sie wollen Massenbeobachtungen über die gesamte Lage des Arbeiterstandes nach verschiedenen Richtungen, in socialer, ethischer, materieller, geistiger Beziehung anstellen, um Material für eine richtige Beurteilung der Zustände in der Arbeiterbevölkerung zu sammeln.
Sie suchen im einzelnen zu erforschen die Zahl der in den verschiedenen Unternehmungen beschäftigten Arbeiterkategorien (männliche, weibliche, verheiratete, ledige, Kinder), die Arbeitszeit (ihre Dauer am Tage, Sonntags-, Nachtarbeit, Pausen), die Lohnverhältnisse (Höhe und Art, Schwankungen, Verbesserungen des Systems, wie Tantieme und Gewinnbeteiligung), die Wohnungszustände, das Familienleben (Zahl der Kinder, Sterblichkeit, Erziehung, Hauswirtschaft) u. dgl. m. Die Vielseitigkeit erfordert, daß der Staat die Errichtung solcher Ämter in die Hand [* 2] nehmen muß; er zunächst bedarf des von denselben gesammelten Materials für die socialpolit.
Gesetzgebung. Auch kann er allein die Arbeitsämter
mit der erforderlichen Machtstellung zum Eindringen
in die bezüglichen Verhältnisse versehen. Sie sind zuerst in den
Vereinigten Staaten
[* 3] von
Amerika
[* 4] und zwar in Massachusetts
1869, hiernach in andern
Staaten ins Leben getreten. Außerdem ist seit 1884 in
Washington
[* 5] bei dem Departement des Innern ein
Arbeitsamt für die ganze
Union errichtet worden, welches durch Gesetz vom in ein selbständiges Arbeitsdepartement
verwandelt wurde.
In der Schweiz [* 6] besteht seit 1887 das Arbeitssekretariat als Organ des in dem genannten Jahre neu gegründeten Arbeiterbundes, der alle Arbeitervereine ohne Unterschied der Richtung zur gemeinsamen Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiterklasse vereinigt. Die Regierung hat demselben eine jährliche Unterstützung von 10000 Frs. bewilligt. In England ist seit 1893 im Handelsministerium eine besondere Abteilung (Labour Department) mit einem Arbeitskommissar an der Spitze der Arbeitsstatistik gewidmet und giebt eine eigene Zeitschrift («Labour Gazette») in Monatsheften heraus. Frankreich hat ebenfalls seit 1893 ein Office du travail, das seit 1894 allmonatlich ein «Bulletin» veröffentlicht. In Osterreich wurde 1894 dem Abgeordnetenhaus ein Entwurf zur Errichtung eines arbeitsstatist. Amtes vorgelegt. In Deutschland [* 7] besteht seit 1892 eine Reichskommission für Arbeiterstatik (s. d.). -
Vgl. Schönberg, Arbeitsämter
(Berl. 1871);
Scherrer, Das schweiz. ¶
mehr
Arbeitersekretariat (St. Gallen 1888); W. Cave Tait, Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten (Tüb. 1884); Die Organisation der arbeitsstatist. Ämter in den Vereinigten Staaten (in Brauns «Archiv für sociale Gesetzgebung und Statistik», Jahrg. 1, 1889); Joachim, Institute für Arbeitsstatistik in den Vereinigten Staaten von Amerika, England und der Schweiz (Wien [* 9] 1890).