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teilt worden. Letzteres heißt kurzweg das «Arbeitsministerium», und bei ihm findet sich das Arbeitsamt. In Spanien [* 3] ist durch ein Dekret vom eine besondere Abteilung für Arbeiterstatistik im Ministerium des Innern, und in Dänemark [* 4] unter der Bezeichnung eines staatlichen statist. Bureaus ein Arbeitsamt ins Leben getreten. Für das schweizerische Arbeitersekretariat ist der von der Bundesregierung bewilligte Zuschuß auf jährlich 20000 Frs. erhöht worden. In Österreich [* 5] wird seit 1894 ein arbeitsstatist.
Amt als besondere Abteilung im Handelsministerium geplant. Arbeitsnachweis. Viertens zählt hierher die Reform des Arbeitsnachweises. Gerade auf diesem Gebiete wird in den letzten Jahren ein so reger Reformeifer zur Schau getragen, wie auf wenig andern. Man ist sich darüber klar geworden, ein wie großes sociales Übel die Arbeitslosigkeit ist, und hofft deren verhängnisvollen Folgen durch eine zweckmäßigere Regelung des Arbeitsnachweises begegnen zu können.
Die bisherige ungeregelte Arbeitsvermittelung, das persönliche Umschauen, das Inserieren, die privaten Stellenvermittler, die Wohlthätigkeitsanstalten stellen sich als ungenügend heraus. Arbeitermangel und Arbeiterüberfluß liegen oft nebeneinander; kostspielige und verzögernde Zwischeninstanzen erschweren dem Arbeiter die Erfüllung seines Wunsches, jederzeit Beschäftigung und zwar in der für ihn zweckmäßigsten und lohnendsten Weise zu haben.
Demnach erscheint es als ein erfreulicher Fortschritt, daß man sich nicht nur in Deutschland, [* 6] sondern auch in den meisten übrigen Industriestaaten bestrebt zeigt, von seiten des Staates oder der Gemeinden Anstalten zu begründen, die den gefühlten Übelständen abhelfen, und vor allen Dingen dem Gedanken der Centralisation des Arbeitsnachweises mehr Anerkennung zu verschaffen. (S. Arbeitsnachweis.) Arbeiterversicherung. Ein besonders wichtiges Kapitel für sich bildet die Arbeiterversicherung.
In der Praxis sind da manche Mängel und zahlreiche Wünsche nach Reform der betreffenden Gesetze hervorgetreten. Vor allem wurde eine vereinfachende Verschmelzung der drei Organisationen: Krankenkassen, Unfallberufsgenossenschaften, Invalidenversicherungsanstalten, die Errichtung gemeinschaftlicher territorialer Hilfsorgane, sog. Arbeiterversicherungsämter, befürwortet, worunter Behörden zu versieben sind, die zu gleichen Teilen aus Vertretern der Unternehmer und der Arbeiter beständen, und die für den Distrikt (in Preußen [* 7] z. B. für den Kreis) [* 8] die Erledigung der lokalen Hilfsgeschäfte haben würden: also die Gewährung der Krankenfürsorge, Kontrolle über die Verwendung der Beitragsmarken, Ausstellung der Quittungskarten, Entgegennahme der Anträge auf Rentenbewilligung, Vorbereitung und Prüfung dieser Anträge u. dgl. m. Gegenstände der Beschwerden sind ferner die Verschiedenheit der Prämienzahlung in Form von Kassenbeiträgen, Umlagen und Markenkleben, die Übelstände, die namentlich mit dem letztern Verfahren verbunden sind, die ungleichmäßige Entwicklung der Beteiligung der Arbeiter an der Verwaltung der Versicherungsorgane, die Unzulänglichkeit der Altersrenten, die zu hohe Altersgrenze für den Bezug der Rente, das umständliche Verfahren bei der Erhebung des Rentenanspruchs, der Mangel einer Fürsorge in der Zeit von der Beendigung der Krankenkassenunterstützung dis zum Eintritt der Invalidenversicherung.
Zur Beratung über diese Punkte, namentlich über die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit einer Zusammenlegung der einzelnen Versicherungszweige war vom 4. bis im Reichsamt des Innern eine Konferenz versammelt. An ihr nahmen etwa 70 Personen teil, lediglich Sachverständige, vorzugsweise Mitglieder des Bundesrats, Beamte der Reichsverwaltung und der Versicherungsanstalten sowie Abgeordnete. Eine Einigung über die beste Art der Reorganisation wurde noch nicht erzielt.
Als Gesamtergebnis der Debatten läßt sich etwa zusammenfassen, daß die Berufsgenossenschaften allgemeine Anerkennung fanden, die heutige Form der Invalidenversicherung allgemeine Mißbilligung erfuhr, und daß es an der Verwaltung der Krankenkassen im einzelnen viel auszusetzen gab. Berührt ist ferner die Reform der Arbeiterversicherung bei der zweiten Lesung des Etats des Reichsamtes 25. und wo man sowohl eine Novelle zum Unfallversicherungsgesetz als eine Reform der Invaliditätsversicherung forderte. In letzterer Hinsicht wurde von einer Seite die Herabsetzung der Altersgrenze für die Bewilligung der Altersrente auf das 60. Lebensjahr, von anderer Seite eine Einbeziehung der Witwen- und Waisenfürsorge befürwortet. Es ist indes zur Zeit kaum Aussicht vorhanden, daß darauf eingegangen werden kann.
Denn der Mehrbedarf, der bis zum J. 1900 erforderlich wäre, wenn vom ab die Altersrente bereits beim 60. Lebensjahre gewährt werden sollte, ist nach Angabe des Ministers 755 Mill. M. Zur Gewährung einer Witwenrente von 60 M. und einer Waisenrente von 36 M. jährlich würden die den Versicherungsanstalten zur Verfügung stehenden Mittel für die nächsten vier Jahre ausreichen, aber diese wären dann nach Ablauf [* 9] der vier Jahre aufgezehrt, und vom J. 1900 ab müßte eine neue Rechnung mit erheblich höhern Beträgen beginnen.
Die hauptsächlichsten Mängel der Krankenversicherung wurden durch das Gesetz vom beseitigt; für den Plan der Umgestaltung der Unfallversicherung durch Einführung örtlich abgegrenzter Unfallversicherungsgenossenschaften auch für die Industrie fand die Regierung 1894/95 nicht die Zustimmung des Reichstags. Im Aug. 1896 hat dieselbe einen weitern Entwurf zur Abänderung der Arbeiterversicherungsgesetze veröffentlicht, der sich im wesentlichen darauf beschränkt, die Änderungen des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes herbeizuführen, welche sich in der Praxis als dringlich erwiesen haben.
Die Frage der Vereinigung der verschiedenen Versicherungszweige erschien der Reichsregierung noch nicht spruchreif. Sie beschränkt sich darauf, diesem Gedanken durch Maßnahmen entgegenzukommen, welche ein engeres Zusammenarbeiten der getrennten Versicherungszweige sicherstellen. Die Erleichterungen, welche der neue Entwurf hinsichtlich der Invaliditäts- und Altersversicherung bietet, sind hauptsächlich Beitragsmarken für längere Zeiträume, Anlegung von Sammelmarken, Besorgung der Quittungskarten durch die Arbeiter, behördliches Markeneinkleben bei öffentlichen Betrieben, Förderung der Einziehung der Beiträge durch besondere Hebestellen. Dazu kommt als principielle Änderung eine Umgestaltung der Verteilung der Rentenlast, welche durch die Verschiedenheit der Vermögenslage der einzelnen Versicherungsanstalten veranlaßt ist, und die somit eine bessere Ausgleichung der Lasten zwischen den besser und schlechter gestellten Anstalten bezweckt. Ein Viertel der von ihr ¶
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ten Renten soll jede Versicherungsanstalt selbst tragen müssen, die übrigen drei Viertel die Gesamtheit aller Träger [* 11] der Versicherung. Es sollen also nicht mehr bloß die Anstalten beitragen müssen, bei denen der Arbeiter in Versicherung stand, sondern eine Verteilung des Risikos auf breitere Schultern erfolgen. Im einzelnen ist über die Ergebnisse der Arbeiterversicherung folgendes zu bemerken. Die Krankenversicherung spielte sich 1894 in 21552 Kassen ab, von denen 8302 Gemeindekrankenkassen, 4410 Ortskrankenkassen, 6591 Fabrikkrankenkassen, 106 Baukrankenkassen, 507 Innungskrankenkassen, 1375 eingeschriebene und 261 landesrechtliche Hilfskassen waren.
Die Zahl der Mitglieder betrug im Durchschnitt des Jahres 7282609, der Erkrankungsfälle 2492309, der Krankheitstage 43686440. Den Einnahmen von 132111300 M. (worunter 111509631 Beiträge und Eintrittsgelder) standen Ausgaben von 111532202 M., worunter die Krankheitskosten (Arzt, Arznei, Verpflegung u. s. w.) 99588457 M. waren, gegenüber. Sehr erfreulich ist es, daß man an vielen Orten Gewicht legt auf Rekonvalescentenpflege und seitens der Versicherungsanstalten und Krankenkassen auf die Eröffnung von Sanatorien und Genesungshäusern Bedacht nimmt. In Baden [* 12] ist 1895 die Errichtung eines Sanatoriums für Lungenkranke, Lungenschwindsüchtige und sonstige Tuberkulöse seitens der Versicherungsanstalt projektiert, und die Regierung hat einen Betrag dafür in Aussicht gestellt.
In der Unfallversicherung waren 1895 bei 112 Berufsgenossenschaften (64 gewerblichen und 48 landwirtschaftlichen) 5248709 Betriebe, darunter 435137 gewerbliche und 4813572 landwirtschaftliche, sowie 17698633 Personen versichert. Die Zahl der Verletzten, für die eine Entschädigung festgesetzt wurde, betrug 224581, von denen 71111 neu im Rechnungsjahre hinzugekommene Fälle waren. An Entschädigungen wurden 44923020 M. gezahlt, nämlich 31621808 M. für Renten an Verletzte, 1167416 M. für Kosten des Heilverfahrens, 2856534 M. für Kur- und Verpflegungskosten an Krankenhäuser und entsprechende Angehörigenrente, 9117953 M. für Beerdigungskosten und Renten an die Hinterbliebenen Getöteter, 153310 M. Abfindungen an Ausländer.
Die laufenden Verwaltungsunkosten betrugen 6844472 M., wozu noch 3160522 M. an Kosten der Unfalluntersuchungen und Feststellung der Entschädigungen, an Schiedsgerichts- und Unfallverhütungskosten kamen. Die Verwaltungsunkosten sind ungefähr 23 Proz. der Gesamtausgabe. Die Einnahmen beliefen sich auf 76648362 M. Dem Reservefonds wurden 7873940 M. überwiesen, so daß der Reservefonds für alle Berufsgenossenschaften zusammen 124994607 M. beträgt. In der Invaliditäts- und Altersversicherung wurden bei den 31 Versicherungsanstalten 1894: 33 442 Altersrenten im Gesamtbetrage von 14377 586 M. und 44397 Invalidenrenten im Gesamtbetrage von 5388 487 M. bewilligt.
Der Durchschnittsbetrag der Altersrenten war 127,05 M. (1893: 130,07, 1892: 127,76 M.), derjenige der Invalidenrenten 120,96 M. (1893: 117,97, 1892: 114,68 M.). Für Übernahme des Heilverfahrens wurden 362774 M. gezahlt, eine Ausgabe, deren Wachstum eine Erleichterung der Krankenkassen bedeutet, also mit einer gewissen Genugthuung beurteilt werden muß. Der Aufwand für die laufenden Verwaltungsunkosten, Kosten der Kontrolle, für Erhebungen vor Gewährung von Renten, Schiedsgerichtskosten u. s. w. war 5041391 M. Die Einnahmen betrugen 93987610 M., der Überschuß derselben über die gesamten Ausgaben war somit 68817372 M. Der ganze Vermögensbestand am Schlüsse des Jahres in den Kassen der Versicherungsanstalten war 303570970 M. Von der Unfall-, Kranken- und Invalidenversicherung des Deutschen Reichs haben die beiden ersten durch die Gesetze vom und vom Nachahmung gefunden in Österreich; die letztere ist in den Parlamentsverhandlungen 1895 wiederholt gefordert, aber so wenig durchgesetzt, wie die Reform der beiden ersten Zweige, die durch das Ergänzungsgesetz (zum Unfallgesetz von 1887) vom noch nickt als erledigt angesehen werden kann.
Ungarn [* 13] bat bis jetzt durch Gesetz von 1891 nur die Krankenversicherung geregelt; die Unfallkranken genießen die Kasse zwar mit, aber nur für 20 Wochen. In der Schweiz [* 14] liegen dem eidgenössischen Bundesrat seit 1895 Entwürfe zur Einführung einer obligatorischen Unfall- und einer Krankenversicherung vor. Italien [* 15] hat bis jetzt nur eine fakultative Unfallkasse; sie in eine obligatorische zu verwandeln, ist von der Parlamentskommission (1895) vorgeschlagen, aber vom Plenum noch nicht angenommen worden. In Spanien hat die Regierung im Juni 1895 einen Gesetzentwurf zur Erweiterung der Haftpflicht eingebracht, der aber bei den Cortes wenig Anklang findet. In Frankreich ist nur für die Bergarbeiter die Kranken- und Altersversicherung obligatorisch geregelt; die schon seit 1884 projektierte Unfallversicherung kann nicht zu stande kommen wegen der entgegenstehenden Meinungen der Regierung, des Senats und der Kammer. In Belgien [* 16] ist 1894 eine allgemeine Unfallkasse begründet worden, die aber nur eine Hilfsrolle spielen soll; zu einer wirklichen Unfallversicherung liegt erst ein Initiativantrag eines Parlamentsmitgliedes vor, der noch nickt verabschiedet ist.
InHolland wird eine obligatorische Unfallversicherung und eine Staatsrentenversicherungsbank vorbereitet, welche letztere aber nicht durchweg den Beifall der Arbeiter findet. Schweden [* 17] hat durch Gesetz vom eine Krankenversicherung eingerichtet und einen Entwurf in Angriff genommen, der eine Rente allgemein bei dauernder Erwerbsunfähigkeit gewähren will und auch eine Waisenversorgung einschließt. In Norwegen besteht seit 1894 eine Unfallversicherung nach deutschem Muster, in Dänemark hat im Nov. 1895 die socialdemokratische Partei beim Folketing einen darauf bezüglichen Entwurf eingebracht.
Zur Zeit besteht nur eine gesetzliche Regelung fakultativer Krankenkassen, auch als eine Art erweiterter Armenpflege eine Rente für über 60 J. alte Personen. In Rußland strebt man zunächst eine Regelung der Haftpflicht an; für das Großherzogtum Finland ist ein Gesetz, betreffend die Verantwortlichkeit der Unternehmer, kürzlich zu stände gekommen, tritt aber erst Jan. 1898 in Kraft. [* 18] Rumänien [* 19] endlich hat durch Gesetz vom wenigstens für den Bergbau [* 20] obligatorische Kassen für Krankheit, Unfall, Verletzung und Tod geschaffen. Arbeitslosenversicherung. Besondere Aufmerksamkeit zieht in Deutschland die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit auf sich. In ihrem Gedankengange nur zu billigen, vielleicht von ebenso großer Bedeutung wie die Krankenversicherung, stößt sie in ihrer Ausführung auf die größten Schwierigkeiten. Es ist nicht leicht, den Begriff der unverschuldeten Arbeitslosigkeit, ¶
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die doch allein einen Anspruch auf Unterstützung soll geltend machen können, so festzustellen, daß alle Ver- sicherten damit einverstanden sind. Gegenüber den Arbeitseinstellungen geriete die Versicherung in eine schwierige Lage. DieFeiernden zu unterstützen, würde heißen, Partei gegen die Arbeitgeber nehmen; ihnen die Unterstützung verweigern, das Umgekehrte. Die mchl zu umgehende Forderung, daß der Arbeitslose jede Beschäftigung, die ihm angetragen wird, an- nehmen muß, wenn anders er nicht den Anspruch auf Unterstützung verwirkt haben will, muh böses Vlut erregen. Es giebt unliebsame Orte und Per- sonen, schlecht bezahlte Stellen, geringe Geneigtheit, an einen andern Ort überzusiedeln; lehnt der Ar- beiter in solchen Fällen die Arbeit ab und erkennt die Versicherung die Berechtigung des Vorgehens nicht an, so ist Mißstimmung nicht zu vermeiden.
Die dmchaus notwendige Kontrolle über den gamen Verlauf des Arbeitsjahres gehört nicht zu den An- nehmlichkeiten. Das etwaige Nachspüren nach Neben- verdiensten, etwaigen Zuschüssen bei halbem Lohn wird übel aufgenommen werden. Gerade die bessern Arbeiter, die seltener arbeitslos werden, werden alle diese Mißlichkeiten lebhafter empfinden und verdrieß- lich sein, wenn sie für die geringern und unbrauch- barern Arbeiter mit einstehen, gleichsam für ihren Unterhalt mit sorgen sollen.
Wenn trotz aller dieser Schwierigkeiten doch schon Versuche vorliegen zu einer staatlichen Arbeitslosen- versicherung und an vielen Orten dahin lautende Anträge erörtert werden, so beweist das, wie weit die Empfindung gedrungen ist, daß in dieser Rich- tung etwas geschehen kann und muß. Es ist daher nicht auMUig, daß die letzte große Katholikenver- sammlung eine Resolution zu Gunsten der obliga- torischen Arbeitslosenversicherung faßte. Abgescden von der Unterstützung, die in den cngl. und deutschen Gewerkvereinen und Gewerkschaften den Arbeits- losen gewährt wird, ist mit Errichtung einer frei- willigen Arbeitslosenversicherung die Stadt Bern [* 22] durch Stadtratsbeschluß vom voran- gegangen. Am hat man das Statut geändert, aber nur im Hinblick auf Beiträge und Unterstützungen.
St. Gallen folgte mit einer städtischen Kasse, die obligatorisch ist für alle männlichen Arbeiter, deren durchschnittlicher Tagelohn 4 M. nicht übersteigt. Die Höhe der von den Versicherten zu zahlenden Wochenprämie schwankt zwischen 12 und 24 Pf., je nach dem Lohn, und die Entschädigungen in der Zeit der Arbeitslosigkeit sind auf 1,40-1,80 M. täglich angefetzt. Die Gemeinde giebt jährlich einen Zuschuß von 1,60 M. pro Kopf der Versicherten. Im Kanton [* 23] Basel-Stadt ist man über das Stadium des Projekts noch nicht hinaus- gekommen. In Frankreich hat der Deputierte Zouffroy in der Kammer einen Gesetz- entwurf auf Einführung der obligatorischen Arbeits- losenversicherung nach dem St. Gallener Muster ein- gebracht.
Man wird die Erfahrungen in der Schweiz abwarten müssen, ob auf diesem Wege wirklich eine Besserung der socialen Zustände
erhofft werden darf. (S. Arbeitslosenstatistit, Arbeitslosigkeit.) Wohnungsverhältnisse. Ein letzter nicht gering zu «achtender
Punkt in der Neihe der auf die .Hebung des Arbeiterstandes abzielenden Maßregeln betrifft seine Wohnungsweise.
Trotz erfreulicher Verbesserungen Huf
[* 24] diesem Gebiete sieht es stellenweise sowohl in größern als in kleinern Städten doch
noch recht trüb darin aus.
Noch immer ist die Wohnungsnot nicht ganz beseitigt und offenbart sich in Obdachlosigkeit, in
hohen Mieten, in Mangel an kleinern Wohnungen, in Überfüllung. Unter letzterer, in der Weise verstan-
den, daß durch das Zusammenpressen vieler Men- schen in engen Räumen Gesuudheit und Sittlichkeit gefährdet erscheinen,
leidet vielleicht die gesamte deutsche Arbeiterklasse, von ihrer Elite abgesehen. Bei solcher Sachlage ist es verständlich,
daß eine Reihe von Wohnungscnqueten im Gange oder in Vorbereitung sind, um darüber aufzuklären, inwie-
weit Mihstände vorhanden sind und durch bau- oder gesundheitspolizeiliche Maßregeln Abhilfe geschafft werden kann. Baden
hat den Anfang gemacht, indem das dortige Ministerium des Innern den Bezirks- ämtern die Weisung zugehen lieh, die Wohnungs-
verhältnisse der arbeitenden Klassen im Auge
[* 25] zu be- balten. Der preuß. Medizinalbeamtenverein hat eine
Enquete über die ländlichen Wohnungen eingeleitet, und an andern Orten ist man gefolgt. Schwerwie- gender ist, daß
man vielfach zum Bau von Arbeiter- wohnungen schreitet und so das Übel zu beseitigen sucht (s. Arbeiterwohnungen). Über die
ländliche Arbeiterfrage s. Agrar- frage (S. 29a). Litteratur. Die Wochenschrift Sociale Praxis. Centralblatt
für Socialpolitik, hg. von Iastrow (Berl. 1892 fg.); Arbeiterwohl. Organ des Ver- bandes katb.
Industrieller und Arbeiterfr
eunde (feit 1880); Gemeinwohl. Zeitschrift des Vergifchen Ver- eins für Gemeinwohl (feit 1887);
Handwörterbuch der Staatswissenschaften (Supplement 1895); Archiv für sociale Gesetzgebung und Statistik (seit 1887;
Bd. 8 u. 9 ^1895 u.
1896^ insbesondere über amerik. und enql. Fabrikgesetzgebung); Arbeiterfr
eund. Zeit- schrift für Arbeiterfrage
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1894); Karl Fischer, Grundzüge einer Socialpädagogik und Socialpolitik (Eisenach
[* 28] 1892); Aug. Kohl, Die deutsche Arbeitergesetzgebung 1883 - 92 (Freib. i. Br.
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[* 29] 1892); Chr. Schmidt, Die arbeiterfr
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[* 31] Die und die deutschen
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