Araukaner
oder
Araucos, ein kriegerischer Indianerstamm in
Südamerika,
[* 2] welcher
vor der Eroberung von
Chile
[* 3] durch die
Spanier den größten
Teil dieses
Landes bewohnte, seitdem aber auf den
Süden desselben beschränkt ist, wo er in dem Landstriche
zwischen
Biobio und
Callecalle, in
Araucania, seine Sitze hat. Nach der Expedition
Almagros nach
Chile gründete
Valdivia seit 1537 mehrere
Niederlassungen in dem sog. Araukanien, vermochte jedoch das Land nicht
zu unterwerfen und nach langen Kämpfen erkannte
Spanien
[* 4] 1773 die Unabhängigkeit der Araukaner
, wenn auch in sehr beschränktem
Gebiete, an. Der Heldenmut der Araukaner
ist oft besungen, am glänzendsten von Alonso de Ercilla in dessen «Araucana»
und in «Curen Indomito» von Alvarez de
Toledo.
[* 5]
Die jetzigen Araukaner
sind teils Nomaden, teils in Dörfern an den zahlreichen
Flüssen des
Landes wohnhaft und
stehen untereinander in einem Bundesverhältnisse, dem die Erfahrensten und
Ältesten des
Volks vorstehen. Ihr höchstes Wesen
ist der große Toqui (Häuptling) des
Universums; untergeordnete
Götter (Ulmenen) sind der Gott des
Krieges, des Wohlthuns
u. a. Huecubu ist der Gott des
Bösen. Die Araukaner
haben weder
Tempel,
[* 6] noch opfern sie den
Göttern. Nach dem
Tode wandert die Seele ins Paradies, welches auf der östl. Seite der
Anden liegt. Die Araukaner
zerfallen in drei
Stämme: die Picunche
(Nordmänner) im NW., die
Huilliche (Südmänner) im
S. und die Pechuenche (Fichtenmänner) an der
Küste
von Santiago bis
Valdivia. (S.
Tafel:
Amerikanische Völkertypen,
[* 1]
Fig. 20.)
Die Republik
Chile betrachtet die Araukaner
als Unterworfene und hat aus dem größten
Teile ihres Gebietes 1875 die
Provinz
Arauco
(s. d.) errichtet. Ein kleiner
Teil des frühern Araukanien gehört zu der 1826 organisierten
Provinz
Valdivia. Die Zahl der
Araukaner
wird auf 50000 angegeben. Im J. 1861 ließ sich ein franz.
Abenteurer, der frühere Notar
Antoine
Tounens aus Périgueux, welcher längere Zeit in
Chile gelebt hatte, von einigen
Trupps
von Araukaner
zum König von Araukanien und Patagonien ausrufen und nahm den
Namen Orélie
Antoine I. an, ward jedoch von
den chilen.
Behörden gefangen genommen und nach kurzer Haft außer
Landes geschickt. Er kehrte aber nach einigen Jahren zurück,
nachdem er in
Frankreich die gerichtliche
Anerkennung der
Gültigkeit seines königl.
Titels erlangt hatte, und fing 1870 von
neuem
Krieg mit
Chile an. 1871 mußte er, geschlagen, wieder nach
Frankreich zurückkehren, veröffentlichte
in Marseille
[* 7] eine offizielle araukanische
Zeitung, prägte
Medaillen und stiftete einen Ritterorden. Sein
Stellvertreter, Planchut,
den er in Araukanien zurückgelassen hatte, nahm aber bald nach der Abreise
Tounens' selbst den Königstitel an, so daß es
seitdem zwei Kronprätendenten in Araukanien gab.
Tounens starb zu Tourtoirac im Depart. Dordogne.
-
Vgl. Tounens, Orélie Antoine Ier roi d'Araucanie et de Patagonie, son avénement au trône et sa captivité (Par. 1863).
Über die Araukaner
handeln: Schmidtmeyer, Travels into
Chile over the
Andes (Lond. 1824);
E. R. Smith, The Araucanians (Neuyork [* 8] 1855);
Domeyco, Araucania i sus habitantes (Santiago 1846);
Medina, Los aborijenes de Chile (ebd. 1852);
auch Havestadt, Chilidugu sive res Chilenses (2 Bde., Münster [* 9] 1777, neu hg. von Platzmann, Lpz. 1883).
Die bekannteste araukanische Grammatik wurde 1765 von Febres in Lima [* 10] veröffentlicht (neue Aufl., Santiago 1846 und Buenos-Aires 1884).