Aramäische
Sprachen, ein Zweig der semitischen Sprachfamilie, der nebst dem Hebräisch-Phönikischen und dem Assyrisch-Babylonischen die nördliche Gruppe derselben bildete. Gewöhnlich unterscheidet man zwischen Ostaramäisch oder Chaldäisch und Westaramäisch oder Syrisch, wobei ersteres die von den Hebräern seit der babylonischen Gefangenschaft anstatt des Hebräischen gesprochene, aus Chaldäa mitgebrachte Sprache [* 2] ist, welche zur Zeit der Makkabäer zur Schriftsprache erhoben wurde und auch nach der Zerstörung Jerusalems bis ins 10. Jahrh. die Schriftsprache der Juden blieb, während man unter Syrisch die Sprache der christlichen Syrer versteht, die, zuerst in palmyrenischen Inschriften im 1. Jahrh. n. Chr. auftretend, die Sprache der sehr bedeutenden christlichen Litteratur der Syrer wurde, aber seit dem Eindringen des Islam in Syrien immer mehr vor dem Arabischen zurücktrat und jetzt nahezu erloschen ist.
Außerdem wird auch der eigentümliche alte
Dialekt der
Mandäer oder
Sabier, einer am untern
Euphrat und
Tigris wohnenden Religionssekte,
wie er in den aus dem 4.-5. Jahrh. stammenden Religionsschriften derselben vorliegt, zum Aramäischen
gerechnet; dem Mandäischen wird auch das nicht mehr erhaltene Nabatäische beigezählt. Die
Entdeckung
der Keilinschriften und andre neuere Forschungen haben es indessen wahrscheinlich gemacht, daß das Aramäische
ursprünglich
die
Sprache der semitischen Bergvölker war, sich später von
Karchemisch (jetzt Dscherablus) am untern
Euphrat aus als
Handelssprache
über ganz
Vorderasien verbreitete und schon vom 8. Jahrh. ab sowohl in
Chaldäa als in
Syrien die herrschende
Sprache war.
Später muß es sich auch über ganz
Persien
[* 3] verbreitet haben, wodurch das
Pehlewi oder Mittelpersische seinen starken Prozentsatz
aramäischer
Bestandteile erhielt.
Chaldäisch und
Syrisch sind hiernach von
Haus aus identisch. Während jedoch die verschiedenen
Formen des Aramäischen
(einer derselben, der damaligen Landessprache
Palästinas, bedienten sich auch
Jesus Christus und seine
Jünger) nur wenig untereinander differieren, weichen sie von den übrigen semitischen
Sprachen sowohl
in den Lautverhältnissen als in ihrem grammatischen
Bau sehr bedeutend ab. Eine
Grammatik des Biblisch-Aramäischen
schrieb
Kautzsch (Leipz. 1884).
Vgl. Chaldäische Sprache und Syrische Sprache.