Titel
Aramäa
(von Aram, das im Alten Testamente Teile Syriens und Mesopotamiens bezeichnete) begreift das ganze, in zum Teil natürliche, aber historisch schwankende Grenzen eingeschlossene Land im Nordosten Palästinas, zwischen Phönizien, dem Libanon, Arabien, dem Tigris und Taurus, Länder, die von den Griechen Syrien, Babylonien und Mesopotamien genannt wurden. Die gemeinsame Sprache der dort herrschenden Völker, die zu dem semit. Stamme gehörten, wird die aramäische Sprache genannt und zerfällt in 1) die ostaramäischen Dialekte, unter denen der Dialekt von Edessa der wichtigste ist, weil er die Litteratursprache aller christl. Syrer geworden ist und deshalb geradezu als die syr. Sprache bezeichnet wird; zu ihnen gehört die Sprache der Mandäer im untern Babylonien und die mit ihr ganz nahe verwandte Sprache des babylon. Talmuds und zwar der Gemara;
2) die westaramäischen Dialekte, zu denen außer der Sprache der palmyrenischen und nabatäischen Inschriften und der Litteratur der Samaritaner das Biblisch-Aramäische, d. h. das Idiom, in dem verschiedene Stücke des Alten Testaments (Esra 4, 8‒6, 18; 7, 12‒26; Dan. 2, 4‒7,. 28) abgefaßt sind und das man früher irrtümlich als chaldäische Sprache bezeichnete, und das Idiom
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der in Palästina verfaßten jüd. Bibelübersetzungen oder Targumim (s. d.) gehören; außerdem schließen sich noch andere Zweige des in Palästina, auch von Jesus und seinen Jüngern gesprochenen westaramäischen Dialektes an, z. B. das Idiom der aramäischen Stellen der jerusalemischen Gemara und einiger Midraschwerke. Die aramäischen Sprachen sind im allgemeinen die härteste und vokalärmste, nicht aber wortärmste, dabei zu klarer und fließender Prosa besonders befähigte Form des semit.
Sprachstammes. Da das Aramäische seit den ältesten Zeiten mit fremden Sprachen in nahe Berührung gekommen ist, hat es viele Wörter aus ihnen, besonders aus dem Persischen und Griechischen aufgenommen. Jetzt ist es fast ganz ausgestorben und seit dem 7. Jahrh. dem Arabischen und Persischen gewichen. Außer den Überresten der syr. Sprache werden aramäische Dialekte nur noch von den spärlichen Resten der Mandäer im Gebiete von Wasil und Basra und im benachbarten Chusistan und in einigen Dörfern des Antilibanons bei Damaskus gesprochen.
Grammatiken des Aramäischen schrieben: Luzzato, Elementi grammaticali de Caldeo Biblico e del dialetto talmudico (Padua 1865; deutsch von Krüger, Bresl. 1873);
Kautzsch, Grammatik des Biblisch-Aramäischen (Lpz. 1884);
Schwally, Idiotikon des christl.-palästin.
Aramäisch (Gieß. 1893); Dalman, Grammatik des jüd.-palästin. Aramäisch (Lpz. 1894); Merx, Chrestomathia targumica (Berl. 1888); ein Wörterbuch (Aruch) Nathan ben Jechiel aus Rom (gest. 1106), das Landau u. d. T. «Rabbinisch - aramäisch - deutsches Wörterbuch» (5 Bde., Prag 1820-25) herausgegeben und wonach hauptsächlich Buxtorf sein «Lexicon chaldaicum, talmudicum et rabbinicum» (Bas. 1639; neu, aber mangelhaft hg. von Fischer, Lpz. 1866-74) gearbeitet hat; dieses ist jetzt veraltet durch die lexikalischen Arbeiten von Levy, «Chaldäisches Wörterbuch über die Targumim und einen großen Teil des rabbinischen Schrifttums» (2 Bde., Lpz. 1865-68) und «Neuhebräisches und chaldäisches Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim» (4 Bde., ebd. 1876-89).