liegt östlich
von jenem in einer salzigen und unfruchtbaren
Steppe des turkistanischen Tieflands. Seine
Länge beträgt etwa 450, seine
Breite
[* 3] 220-300 km, sein Flächeninhalt 66,999 qkm (1217 QM.). Die
Küste ist niedrig, sandig, unfruchtbar, im
NW. mit
Schilf bewachsen; im O. reicht die Kisilkumwüste bis an den
See heran. In denselben münden die großen Steppenflüsse
Amu Darja
(Oxus), von welchem noch 1640 ein
Arm das
Kaspische Meer erreichte, und
Sir Darja
(Jaxartes).
Einen sichtbaren Abfluß hat der
See nicht. Der Wasserspiegel desselben wurde 1874 ermittelt zu 48 m ü. M., 74 m
über dem Kaspisee. Die Angabe, daß der in der neuesten Zeit an
Umfang verliere, ist richtig; unerwiesen ist dagegen, daß
derselbe zeitweise ganz verschwunden sei, und daß er vorübergehend, z. B. um 1417
n. Chr., infolge sehr hohen
Wasserstands des Kaspisees mit diesem zusammengehangen habe (vgl.
»Ausland« 1872, S. 319 ff.). Von den zahlreichen
Inseln sind
die Zareninseln, deren größte Nikolaiinsel heißt, die wichtigsten. Das
Wasser des Aralsees ist schwach salzhaltig; 1000 Teile
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Wasser enthalten nur 15 Teile Salz.
[* 5] Seine Tiefe beträgt in der Mitte etwa 27 m, weiter nach W. hin aber ca. 160 m; nach der
Nordost- und Südküste nimmt die Tiefe bedeutend ab. Im SW. geht der in den Sumpfsee Laudan oder Aibugir über, der stellenweise
ganz ausgetrocknet ist. Im Winter soll der See nicht selten ganz mit Eis
[* 6] bedeckt sein. Das Wasser ist fischreich.
Die seichten Küsten sind der Schiffahrt sehr ungünstig, weshalb der See nur zu Gouvernementszwecken mit kleinen Dampfern befahren
wird. - Die klassischen Autoren kannten den Aralsee nicht, nur bei Plinius findet sich eine darauf bezügliche
Stelle (vgl. Hehn, Das Salz, Berl. 1873). Der erste europäische Reisende, welcher an den Aralsee kam, ist
Zemarchos, Gesandter des byzantinischen KaisersJustin II., der 569 auf der Rückreise von seiner Sendung an Dizabul, den Chakan
der Türken, längs des Aralsees seinen Weg nahm.
Genauer beschreiben ihn die arabischen Schriftsteller. Die erste zuverlässige Kunde erhielt Europa
[* 7] durch
die BemühungenPeters d. Gr. um die Kunde Rußlands und der angrenzenden Reiche. Bis 1848 lag der See vollständig auf dem Gebiet
der Chane von Chiwa und Chokand; 1848 dehnten die Russen ihr Reich bis an den Aralsee aus, nahmen Besitz vom Nordufer
und rechneten nach der Abrundung ihres Besitzes am Sir Darja, wo bis dahin der Chan von Chokand gebot, den See selbst, dann das
ganze Ostufer bis zu 43½° nördl. Br., im W. das Gebiet nördlich des 36.° zu ihrem Reich. Unbestritten ward ihre Herrschaft
über den See und seine Ufer aber erst 1873 durch den Frieden mit Chiwa (s. d.). Hauptstützpunkte der Russen
sind im O. Kasalinsk, im S. Tschimbai. Neuerdings ist die Ablenkung des Amu Darja (s. d.) nach dem Kaspisee geplant, wodurch
der Aralsee an Zufluß und Umfang bedeutend verlieren würde.
(d. h. Inselsee), das Blaue Meer der Russen, der Aral-Dengis (Inselmeer) der Kirgisen, im
Altertume See Oxiana, im Mittelalter Meer von Khowaresm oder Khuarism genannt, nächst dem KaspischenMeere der größte Steppensee
Asiens, und nächst diesem und dem Oberen See in Nordamerika
[* 9] der größte See der Erde, liegt in der Aralo-kaspischen Senke
(s. KaspischesMeer) und ist umgeben von den Steppen und Wüsten Chiwas, des Kirgisenlandes und des 65-218
m hohen Turkmenen-Isthmus oder des Plateaus Ust-urt, welches ihn von dem Kaspisee trennt. Der See ist 373,3 km lang, 309,4
km breit, bedeckt ohne die Inseln (2517 qkm) 65 252 qkm und liegt 75 m über dem Spiegel
[* 10] des KaspischenMeers, 49 m über dem Meeresniveau. (S. Karte: Russisch-Centralasien und Turkestan.) Der Boden des Aralsee besteht in seinem nordwestl.
Teile aus Schlamm, im südöstlichen aus Sand. Eine
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Abnahme des Wassers durch stärkere Verdampfung als Zuströmung ist unbestreitbar, daher auch im Laufe der Zeit eine
veränderte Küstengestaltung. Die ehemals vorhandene nordwestl. Bai ist verschwunden, und die nordöstl. Sary-Tschaganak,
d. h. GelbeBai, soll vormals bis zum Hügel Sary-Bulak gereicht haben. Andererseits wird ein 4‒5 Jahre währender Wechsel
des Steigens und Sinkens für den Spiegel des Sees behauptet. Die Tiefe beträgt in der Mitte etwa 20 m,
nimmt in der Nähe der Inseln und des nördlichen, besonders aber des östl. und südl.
Gestades allmählich ab, während sie am westl. Ufer wieder 67 m erreicht.
Klippen
[* 12] finden sich nur bei einigen Inseln und bei der Halbinsel Kulandi im NW.; Sandbänke im offenen
Meere nirgends, sondern nur um die sandigen und niedrigen Gestade und die Inseln, die 2517 qkm einnehmen. Gute Ankerplätze
fehlen fast gänzlich, namentlich am südl. und westl. Ufer; vollständig
geschützte Häfen finden sich nur drei. Das Wasser des Sees ist salzig (1,08 Proz.),
bedeutend weniger als das des Oceans, infolge des großen Süßwasserzuflusses, den er durch seine mächtigen Zuflüsse,
den Syr (s. d.) im NO. und den Amu (s. d.) im S., erhält. Ob der Amu einen Abfluß in den Kaspisee gehabt und der Aralsee selbst ehemals
in Verbindung mit demselben gestanden, bleibt fraglich.
Unter den zahlreichen Inseln ist die größte die 1848 entdeckte Nikolai-Insel (unter 45° nördl. Br.), die zur Gruppe der
Zareninseln gehört. Nördlicher liegt die Insel Basar-kilmes und jenseit des 46.° nördl. Br. die ebenfalls große Insel Kug-aral.
Zwischen dieser und dem kleinern, vor der Mündung des Syr gelegenen Eilande Koß-aral führt eine Verengung
des Sees aus dessen südl. Teile, dem «GroßenMeere» (Ulu-Dengis),
in das nur etwa 5500 qkm große nördl. Bassin des «KleinenMeers» (Kitschkine-Dengis), das stellenweise bis 23 m tief ist und mehrfach weit in das Land einschneidet. Die
Ufer des Aralsee bilden eine im Sommer unbewohnbare Wüste, während man im Winter kirgis. Nomaden am nördl.
und östl. Ufer sowie auf den benachbarten Inseln findet. Süßwasserbrunnen sind nur spärlich vorhanden. Der See hat von
Fischen: Störe, Brachsen, Karpfen, Wels u. a.; Robben,
[* 13] die im Kaspisee häufig sind, gar nicht.
Der Aralsee gehört zu den stürmischsten Gewässern. Gleichmäßige Winde
[* 14] giebt es auf ihm nicht. Meist herrschen
gänzliche Windstille oder sehr starke Winde, nicht selten furchtbare Stürme; diese und das überhaupt sehr unruhige Wasser
mögen Grund sein, daß man zuweilen schwimmende Inseln, wohl losgerissene Uferstrecken, voller Schilf und Tamarisken, vorfindet.
Die Nordostwinde herrschen vor. Zur Beschiffung des Sees erwiesen sich Segelfahrzeuge als unzureichend;
man bedient sich eiserner Dampfboote von geringem Tiefgange. Die bewaffnete Flotte, die hier unterhalten wurde, ist aufgehoben.
Der Aralsee ist jetzt ein russ. See. SchonPeter d. Gr. zog ihn in seine Pläne zu einer Handelsverbindung mit Centralasien und Indien,
die jedoch nicht zur Ausführung kamen. Zur Kenntnis des und seiner Umgebung trug wesentlich eine Reihe
von Reisen und Expeditionen nach dem See und nach Chiwa bei: so die ReiseMurawjews 1819, Negris und Meyendorffs 1820‒21,
Bergs 1825‒26, des AkademikersHelmersen 1833‒35, die berühmte Expedition Perowskijs 1839, die Reise Shemtschushnikows 1840,
Antows 1840‒41, die
Rekognoscierungen Blarambergs und Romanows 1841, der die unter Nikiforow nach Buchara
und Chiwa geschickte Expedition begleitete; ferner die neue Expedition Danilewskijs 1842‒43, die Untersuchungen von Schulz
und Lemm 1843. Schon 1847 errichteten die Russen in der Gegend Raïm, 60‒65 km von der Mündung des Syr, am rechten Ufer dieses
Flusses, das FortRaïmskoe, und 1848 untersuchte eine Expedition unter Butjakow die Ufer des Sees, außer
den östlichen, und die Inseln.
Während man seit 1849 in den Erforschungen fortfuhr, besetzte man mehrere Inseln militärisch, legte Schanzwerke und Werftplätze
an, schaffte Kolonisten herbei und traf alle Anstalten zur Herstellung einer aralischen Flotte. Makschejew,
Butjakows Begleiter, veröffentlichte eine vollständige Beschreibung des Sees in den «Memoiren» der Geographischen Gesellschaft
zu Petersburg
[* 15] (Heft 5, 1851, mit einer Karte des von Chanykow),
wovon K. Ritter einen Auszug in den «Monatsberichten» der Berliner
[* 16] Gesellschaft für Erdkunde
[* 17] (1852) mitteilte. Durch den 1873 mit Chiwa abgeschlossenen Frieden wurde die
Herrschaft Rußlands über den ganzen See ausgedehnt, da Chiwa alle Besitzungen am rechten (östlichen) Ufer des Amu-darja
bis zur Mündung in den Aralsee an Rußland abtrat. –
Vgl. Lerch, Chiwa. Seine histor.und geogr. Verhältnisse (Petersb.
1873);