Arakan
,
bei den Eingeborenen
Rakhaing genannt, die nördlichste Division des indobrit. Hauptkommissariats
Birma in Hinterindien,
[* 2] erstreckt sich am Nordostufer des
Bengalischen
Meerbusens von 18° bis 21° 33' nördl.
Br. zwischen 92°
10' und 94° 50' östl. L., ist 37 596 qkm groß und besteht aus den Distrikten
Akjab, Nord-Arakan
, Kjaukhpju und Sandwe (engl.
Sandoway). An der
Küste liegen zwischen 20° und 18° 30' nördl.
Br. unzählige größere und kleinere
Inseln, Klippen,
[* 3]
Bänke und
Untiefen.
An der Küste und auf den Inseln, namentlich auf Tscheduba, finden sich sog. «Vulkane», [* 4] die nur brennendes Gas ausströmen; Petroleum kommt an verschiedenen Stellen vor. Das Innere ist durchaus gebirgig, mit Erhebungen von 600 bis 2600 m, und eine wenig bekannte, an Elefanten und Tigern reiche Waldwildnis. Die Flüsse [* 5] sind unbedeutend, mit Ausnahme des nordsüdlich gerichteten Kuladan, der mit dem Mi und andern Flüßchen ein Delta [* 6] bildet. Der die Grenze gegen Tschittagong bildende Naf hat ein sehr langes Ästuarium. [* 7]
Die Niederung ist infolge von Überschwemmungen meist Sumpfland, mit hohen Grasungen, Schilf, Buschdickicht oder auch Wald bestanden, von vielen Flüssen, Bächen und Seen durchschnitten, so daß man nur zu Schiff [* 8] von einem Orte zum andern gelangen kann. Diese Natur des Landes ist dem Reisbau sehr günstig. Indigo, [* 9] Pfeffer, Zuckerrohr wachsen wild, trefflicher Tabak, [* 10] Betelnüsse, Ananas, Bananen und andere tropische Früchte giebt es in großer Fülle. Vom Gurdschunbaume (Dipterocarpus alatus Roxb.) gewinnt man Balsam.
Der größte Schatz sind dichte Teakwälder. Mächtige Eichenwälder und viele
Arten
Bambus kommen vor. Arakan
ist das äußerste
westl. Gebiet der eßbaren Vogelnester. Goldstaub und
Silber findet sich an der Ostseite des
Joma-Daung-Gebirges (s.
Arakan-Joma).
An Fischen und
Schaltieren sind die durchsichtigen Küstengewässer sehr reich. Meersalz,
Reis und
Teakholz bilden die wichtigsten
Ausfuhrartikel.
Das Klima gehört zu den ungesundesten der Erde. In der nassen Jahreszeit (Mai bis Oktober) fällt etwa 4½
m
Regen, und kaum ein Drittel des Jahres ist ohne denselben.
Die Gesamtbevölkerung, zur Zeit, als Arakan
an England kam, auf 100000 Seelen geschätzt, belief
sich (1881) auf 587 518 E. (143 155 mehr als 1872), darunter 422 396 Buddhisten, 106 308 Mohammedaner, 9393
Hindu, 1214
Christen
und 48 207 «Nat» oder Dämonenverehrer. Die letztern sind wilde Bergstämme,
die der Kultur wenig zugänglich sind. Die buddhistischen Arakaner
(etwa 72 Proz.
der
Bevölkerung)
[* 11] sind gelbbraune Leute von kräftiger, untersetzter Gestalt, starkem Knochenbau, breitem
Gesicht
[* 12] und hervorstehenden
Backenknochen, platter
Nase
[* 13] und schief liegenden
Augen, ähnlich den
Chinesen.
Bei den Bengalen heißen sie Magh. Es herrscht Vielweiberei und Sklaverei; Begräbnisse werden mit Jubel, Gesang und Tanz begangen, hier und da die Toten auch verbrannt. Die Wohnungen sind Bambushäuser, die auf Pfählen stehen und mit Bambusblättern gedeckt sind. Die Magh sind gastfrei und gutmütig, aber abergläubisch und unreinlich. Sie haben eine Schrift von 36 Buchstaben, der die Dewanagari-Charaktere zu Grunde liegen, können als Schüler der Klöster (Kjaung) fast alle lesen und ¶
mehr
besitzen eine selbständige Litteratur, darunter vorzüglich ihre Zeitbücher, die sog. Radsaweng,
welche die Geschichte der frühern Könige enthalten. Die jetzige Hauptstadt ist Akjab (s. d.); die frühere war Mro-Haung
(das frühere Arakan
oder Dhagnawadi), nordöstlich von Akjab gelegen und von Hügeln umgeben, die mit Tempeln und Pagoden gekrönt
sind. Dieselbe soll früher 100000 E. gehabt haben, ist aber, wie das alte Fort, verfallen und hat nur
noch (1881) 3065 E. - Arakan
bildete einst ein selbständiges Königreich, dessen Fürsten
öfter über Awa und selbst Teile von Bengalen geherrscht haben.
Seit 1690 zerrütteten Thronstreit und mehrjährige Anarchie das Land, bis es 1784 von den Birmanen erobert
wurde, welche so furchtbar im Lande schalteten, daß die Magh zu Tausenden über die Grenze flohen, wo sie von den Engländern
freundlich aufgenommen wurden. Dies führte endlich zum Kriege, der Arakan
durch den Frieden von Jandabu unter brit.
Schutz brachte. Von allen den Ländern, die Birma abtreten mußte, hat keins in dem Grade an Wohlstand zugenommen
wie Arakan.