die große Halbinsel des südwestlichen Asien, welche, zwischen 12° 40' und 34° nördl. Br. sowie zwischen
32° 10' und 59° 40' östl. L. v. Gr. gelegen, das verbindende
Glied zwischen Asien und Afrika bildet und einen Flächenraum von über 2,6 Mill. qkm (nahezu
50,000 QM.) einnimmt.
[Lage und Grenzen.]
Die Ostgrenze bilden der Persische Golf und das Euphratland; den ganzen Südrand bespült der Indische Ozean
(Arabisches Meer), den Westrand das Rote Meer, während im NW. die Landenge von Suez Arabien mit Afrika verbindet. Gegen N. ist die
Grenze weder physikalisch noch politisch bestimmbar, da einerseits die große Wüste zwischen Palästina und dem Euphratland
noch zu wenig bekannt ist, anderseits die Grenzen des türkischen Reichs dort in stetem Hin- und Herschwanken begriffen sind.
Überhaupt gehört Arabien zu den unbekanntesten Ländern der Welt. Nur wenig Europäer haben im letzten Jahrhundert
einzelne Teile des Landes durchreist, im übrigen sind wir auf ältere einheimische Nachrichten angewiesen. Neuerdings beginnt
sich das Interesse der Orientalisten und Geographen wieder mehr diesem merkwürdigen Land zuzuwenden, und namentlich ist durch
Reisende der neuesten Zeit, wie Palgrave, Pelly, Blunt, Doughty, Burton, Manzoni, Huber, Euting u. a., etwas mehr
Licht verbreitet worden (weiteres s. Asien, Entdeckungsgeschichte). Arabien ist seiner geographischen Lage wie seiner Naturbeschaffenheit
und dem Charakter seiner Produkte nach das Übergangsglied zwischen Asien und Afrika.
Ein Hochplateau mit wüstenartigem Innern und meist steil abfallenden Randgebirgen, teilt die Halbinsel an ihren Ufersäumen
die trockne Wüstennatur Afrikas, während das Innere sich mehr dem Charakter der westasiatischen Hochebenen
zu nähern scheint. Diese Beschaffenheit, verbunden mit der Umgebung von Wüsten und gefahrvollen Meeren, verlieh von jeher
die größte Abgeschlossenheit. Es lag der Heerstraße der Eroberer wie des großen Völkerverkehrs stets fern und blieb vor
aller Vermischung mit Fremden und vor der Herrschaft derselben bewahrt.
Trotz seiner Lage zwischen den ältesten Kulturstaaten, Ägypten, Syrien, Mesopotamien, Persien und Indien, verhielt es sich stets
abweisend gegen jeden Einfluß, der von dorther kam. Selbst alle Versuche der Römer, in das Innere der Halbinsel vorzudringen,
scheiterten, und ihre Herrschaft hat sich nicht weit über das Peträische Arabien oder die Sinaihalbinsel
hinaus erstreckt. Dagegen ist Arabien die Wiege wandernder und erobernder Völker gewesen. Arabische Eroberer haben nach allen
mehr
Weltgegenden ihre Herrschaft ausgebreitet. Aber auch sie haben nirgends ihre Nationalität, Sprache und Religion verlassen,
sondern allenthalben dem Fremden und Ausländischen sich ebenso unzugänglich gezeigt wie ihre Wüstenheimat. Hier aber erhielten
sich die alte Geteiltheit in kleine Gebiete und das patriarchalische Hirtenleben bis auf die Gegenwart.
[Bodengestaltung und Klima.]
Zu seinem Grenzsaum hat Arabien im O., S. und W. ringsum ein flaches, schmales
Küstenland; nur an einzelnen Punkten fallen die Gebirge unmittelbar ins Meer ab. Die höchste Erhebung der Halbinsel (über 2000 m),
im S., Serat genannt, befindet sich an der Westseite, dem Roten Meer in seiner ganzen Ausdehnung parallel,
also von NNW. nach SSO. streichend. Gegen das Innere und den Osten senkt sich das Land mehr und mehr, und wahrscheinlich findet
in der Sandwüste Roba el Chali zwischen 45 und 54° östl. L. v. Gr.
eine bedeutende Depression statt.
Dann erhebt sich das Terrain in Omân noch einmal zu mehr als 3000 m Höhe. Ebenso senkt sich das Land gegen
N. und vorzüglich gegen die Euphrat-Tigrisniederung im NO., von der es durch die große nördliche oder Syrische Wüste geschieden
wird. Die Landschaft Nedschd in der nördlichen Hälfte Arabiens ist dagegen ein Hochland, welches gleichfalls 2000 m Höhe oder
mehr erreichen mag. An genauen Höhenmessungen, von Küstenpunkten abgesehen, fehlt es fast gänzlich.
Der geologische Aufbau Arabiens ist von großer Einfachheit: eine Grundlage kristallinischer, granitischer Formationen, darüber
Sandstein und auf letzterm Kalk. Diese Gesteine wurden namentlich längs der Westküste von Basalten und Laven durchbrochen,
und wahrscheinlich zieht sich von Palmyra bis Mekka, ja bis Perim und Aden eine fortlaufende vulkanische
Zone (sogen. Harras) hin. Am Persischen Meerbusen und in der Nähe des Euphrat tritt Basalt in Säulen auf; Omân hat Flöz- und Urgebirge.
In Jemen fand Seetzen vulkanischen Boden; bei Mokka, Aden u. a. O. kommen Pechsteine, Laven und Porzellanerde vor.
Achat, Onyx, Karneol, Obsidian, Jaspis etc. werden mehr oder weniger häufig überall gefunden. Salzlager
durchziehen die Wüsten und zeigen sich auch an den Küsten. Eisen, Kupfer und Blei werden wenig gewonnen, und an edlen Metallen
scheint das Land (von Midian im NW. abgesehen) arm zu sein. Die Bewässerung der Halbinsel ist eine äußerst dürftige,
ja kein Land in Asien, Ost-Iran ausgenommen, ist so trocken wie Arabien Eigentliche Flüsse und Landseen scheinen gänzlich zu fehlen;
man kennt bloß tief eingeschnittene Thalrinnen (Wadis), die nur zur Regenzeit Wasser führen und dann monatelang trocken liegen.
Die Küstenebene (Tehama) sowie auch der größte Teil des Innern sind wasserlos, afrikanisch dürr und
einförmig. Der unbewölkte Himmel verbreitet brennende Glut; freundlicher ist die Nacht mit ihren flammenden Sternen und kühlendem
Niederschlag, dem einzigen Labsal der schmachtenden, spärlichen Vegetation. Aber diese Nächte sind zugleich auffallend kalt
und verwandeln auf der Hochebene die Tautropfen nicht selten in Reif. Acht Monate hindurch ist alles verbrannt
und dürr, unter einer Glut, die mitunter selbst im Schatten zu der Höhe von 35° R. steigt.
Nur zur Regenzeit wird der Boden zur grünen Flur; aber diese Lebensperiode ist keineswegs überall eine regelmäßig eintretende
und sichere, selbst im glücklichen Jemen bleibt sie oft mehrere Jahre nacheinander aus. Regen fällt an der
Westküste vom Juni bis September, an der Ostküste vom Dezember bis zum März, eine Folge der Monsune, welche den südlichen
Teil Arabiens beherrschen. Im ganzen ist aber das Klima Arabiens gesund, und wenige Völker der Welt leiden so wenig an Krankheiten
wie die Araber, was indes auch Folge ihrer Mäßigkeit sein mag.
An den Küsten erscheint die Pest; Augenübel sind häufig, wohl infolge des feinen Sandstaubs. Der Samum, welcher vom Juni
bis September zuzeiten auftritt, steigert die Hitze noch um ein Bedeutendes und ist im nördlichen Teil des Landes gefährlich.
Bei solcher Beschaffenheit der Natur und des Bodens kann Arabien nur auf einzelnen günstig gelegenen Strichen
(besonders in den Stufengeländen) eine üppige Vegetation erzeugen und im ganzen keine reiche Tierwelt und keine dichte Bevölkerung
ernähren.
[Pflanzen- und Tierwelt.]
Die Pflanzenwelt ist in dem größten Teil Arabiens dürftig; doch wird selbst im Küstenstrich
und auf der Hochebene etwas Getreide, vorzüglich Hirse, gebaut. Die Dattel- und die Kokospalme sind ein Hauptsegen
der Küstenländer. Zuckerrohr, Baumwolle, Indigo kommen nur in geringer Quantität und Qualität vor. Das edelste Erzeugnis des
Landes und der Hauptgegenstand seines Handels ist der Kaffee, welcher vorzüglich in den Gebirgen von Jemen gedeiht.
Andre Gewächse der Halbinsel sind: die das Gummi arabikum liefernde Akazie, Aloe, der Weihrauchbaum (vorzüglich
in den östlichen Gegenden), Balsambäume (besonders um Medina), Südfrüchte und viele Obstarten. Gebaut werden, je nach den
Bodenverhältnissen, auch Reis, Bohnen, Linsen, Melonen, Tabak, Safran, Sesam, Rizinus, Trüffeln, Koloquinten, Gurken, Mohn, Oliven.
In der arabischen Tierwelt nimmt die erste Stelle ein das Pferd, an Schnelligkeit, Ausdauer und Gelehrigkeit
das erste seiner Art. Das Hochland Nedschd ist das eigentliche Vaterland dieser Pferde, über deren unvermischtes Blut Stammbäume
geführt werden.
Das Kamel ist der unentbehrlichste Begleiter des Wüstenbewohners, sein »Schiff«, mit dem er das Sandmeer durchschneidet, und
oft sein einziger Reichtum. Der Esel und das Maultier sind hier schöner und stärker als bei uns und in
den Gebirgsgegenden Arabiens sehr häufig; Rinder, Ziegen und Schafe nähren die Ackerbauer, die Bergbewohner und vorzüglich
die Beduinen der Oasen, deren einziger Reichtum die Herden sind. Affenarten finden sich in Jemen. Gazellen und Gemsen
bewohnen die Randgebirge und die innere Hochebene.
Die Wüsten bergen Strauße, Löwen, Hyänen, Schakale, an den Küsten nistet die Kropfgans; von Raubvögeln finden sich Adler, Geier,
Falken und Eulen, welchen Tauben, Hühner, Fasanen etc. zur Beute werden. Heuschrecken sind oft Landplage; einige Arten derselben
werden gegessen. An Reptilien ist Arabien wegen seiner Dürre verhältnismäßig arm. Skorpione und giftige Spinnen
finden sich häufig. An den Küsten des Persischen Meerbusens wird seit Jahrtausenden Perlenfischerei getrieben.
[Bevölkerung.]
Bei einem Flächeninhalt, welcher den von Deutschland viermal übertrifft, hat Arabien nach den neuesten Schätzungen
nur 4-5 Mill. Einw., während die Bevölkerung früher auf 11-12 Mill. angegeben wurde. Am stärksten
ist dieselbe noch in Hidschas, Jemen, Omân und El Ahsa, also auf der Ost- und Westküste, unverhältnismäßig dünner in Nedschd
und auf der Sinaihalbinsel, während die Wüsten ganz unbewohnt sind. Im Innern von Arabien
mehr
sind nur die fruchtbarern Thallandschaften seiner Gebirgsränder als feste Kulturstellen bekannt. Daher besteht die arabische
Bevölkerung der Mehrzahl und dem Kerne nach aus Beduinen (s. Tafel »Asiatische Völker«, Fig. 10), die nomadisch von Viehzucht
leben und in zahlreiche zerstreute Stämme zerfallen; der kleinere Teil sind Hadesi (Ansässige), welche in Städten
und Landgemeinden unter Imamen wohnen und sich von Ackerbau (als Fellahs) oder vom Handel nähren.
Die Bewohner des Südens und Ostens sind der Abstammung wie der Sprache nach von denen des Nordens verschieden, wenn sie auch
beide dem großen semitischen Stamm angehören. Erstere sind die Joktaniden (die Sabäer oder Himjariten
des Altertums); ihre Sprache nennen sie selbst Echkili, während die Bewohner des Nordens die Ismaeliten sind, deren Sprache sich
zum Koran-Arabisch entwickelte. Sie sind das letzte unter den semitischen Völkern, welche in der Geschichte auftraten, und
zeigen in Sprache und Sitte die größten Altertümlichkeiten, so daß der Ismaelit ethnologisch als Urtypus
des Semiten gelten kann.
Wie Arabiens Boden gleichartig und stetig ist, so gleicht auch der Araber von heute dem aus Hiobs Zeit. Er ist von mittlerm,
hagerm, aber muskulösem Körperbau, welcher das schönste Ebenmaß zeigt. Sein Bedürfnis an Speise und Trank ist gering. Im
steten Hader untereinander, vereinigen sich die arabischen Stämme nur wider den fremden Eindringling,
sogar wider den Reisenden, wenn diesen nicht das Gastrecht vor ihren Lanzen schützt. Habsüchtig und betrügerisch im Handel
und Wandel, aber tapfer und freigebig, voll Stolz, Mut und Freiheitsliebe, dankbar und vor allem gastfrei und treu in Erfüllung
des gegebenen Worts (selbst dem Feind gegenüber), ein munterer Gesellschafter, witzig, wohlberedt und
voll dichterischer Phantasie, ein warmer Verteidiger seiner Ehre und strenger Rächer jedes Schimpfes, den er nur in Blut abwäscht
- hat der heutige Beduine noch alle die Vorzüge und Mangel des Charakters seiner Ahnen vor Jahrtausenden.
Seine Wohnung ist das Zelt;
sein Gerät Kamelsattel und Wasserschlauch;
seine Kleidung ein wollenes Hemd
und ein Mantel;
seine Waffen Speer und Schwert, bei manchen auch Helm und Panzer;
seine Speise süße und saure Milch des Kamels,
ungesäuertes Brot, Butter, Datteln, Trüffeln;
sein Reichtum das Kamel und das Pferd;
seine Haustiere der Hund und die
Katze.
Daß bei einem so einfachen Volk von Industrie kaum die Rede sein kann, liegt auf der Hand. Nicht unbedeutend ist dagegen
die kommerzielle Thätigkeit der Araber seit uralter Zeit. Vor Jahrtausenden schon liefen die indischen und persischen Handelsflotten
in die Häfen von Katif (Gerra), Aden (Adane) und Mokka ein; Dschidda war und ist jetzt noch der Landungsplatz
der afrikanischen Handels- und Pilgerkarawanen. Südarabien liefert jährlich zwischen 50,000 u. 100,000
Ztr. Kaffee, den sogen. Mokkakaffee aus der Provinz Jemen und dem Innern, außerdem Pferde, Datteln, Gummi, Räucherwerk; es bezieht
Waffen aus Persien, Stoffe aus Indien und Luxusartikel aus Europa.
Einen einzigen Staat hat Arabien nie gebildet; es bestand zu allen Zeiten wie noch jetzt aus einer Anzahl einzelner
Staaten. Bei den Nomadenstämmen finden wir noch die patriarchalische Regierungsform der biblischen Welt. An der Spitze eines
Stammes steht gewöhnlich ein Fürst, welcher Imam (Oberpriester), Scherif (Edler), Emir (Befehlshaber), Sultan (König) oder
Scheich (Ältester)
heißt, aber keineswegs mit orientalischem Despotismus herrscht, vielmehr in der Ausübung seiner Macht
durch den Koran, mehr noch durch Sitte und Herkommen wesentlich beschränkt ist.
Die Religion des Arabers ist der Islam, der in Arabien entstand und von hier aus im Verein mit seiner Sprache über drei Weltteile
sich ausbreitete. Der größte Teil der Einwohner gehört zu den Sunniten, welche außer dem Koran noch die Sunna oder Tradition
festhalten; an der Ostküste gibt es viele Schiiten, welche sich lediglich an den Koran halten. Das Wahabitentum (ein reformierter
Islam) in Nedschd ist unlängst zu Grunde gegangen. Kadis und Mollas bekleiden in Arabien die richterlichen und
geistlichen Würden.
Der Mann darf vier Frauen haben, hat aber gewöhnlich nur eine. Die Heirat ist ein Kauf; Weiber und Töchter der Vornehmen leben
im Harem, die Söhne erzieht der Vater. In manchen Gegenden, z. B. in Omân und im östlichen Nedschd, betreiben die Weiber
allein die Wirtschaft und den Acker- und Weinbau. Das träge Leben des Mannes wechselt mit den größten Strapazen: er durchzieht
die Wüste unter den unsäglichsten Entbehrungen Hunderte von Meilen weit und erträgt Hunger, Durst und die Sonnenglut mit stetem
Gleichmut.
Die einzelnen Gebiete Arabiens.
Die alten Geographen unterschieden das Wüste Arabien (Arabia deserta), welches die Sandstriche südlich von
Palmyra und Thapsakos umfaßte, und das Glückliche Arabien (Arabia felix), d. h. die ganze
Halbinsel jenseit der nördlichen Wüsten; vorzüglich aber verstand man unter letzterm Namen die Küstenländer am Arabischen
Meerbusen. Seit Ptolemäos nahm man drei Teile an: das Glückliche, Wüste und Peträische Arabien (Arabia Petraea);
letzteres, nach der Stadt Petra im Edomiterland benannt, umfaßte die Sinaihalbinsel und das Gebirge im O. des Wadi el Araba.
Jetzt ist diese alte und im wesentlichen prinziplose Einteilung mit Recht verlassen, und man zerlegt in die einzelnen Küstenlandschaften:
Hidschas, Jemen, Hadramaut, Omân (Maskat), El Ahsa und die innere Plateaulandschaft Nedschd. Der türkische
Großherr beansprucht zwar die Oberherrlichkeit über Arabien als ein von Sunniten bewohntes Land, aber nur auf einem beschränkten
Gebiet besteht dieselbe thatsächlich.
Das türkische Gebiet (abgesehen von El Ahsa am Persischen Meerbusen, welches unter dem falschen Namen »Nedschd« von den Türken
zum Wilajet Basra gerechnet wird) zerfällt in zwei Wilajets: Hidschas und Jemen, und erstreckt sich längs
der ganzen Ostküste des Roten Meers (s. Karte »Ägypten« und die Geschichtskarte »Türkisches Reich«) von 13-30° nördl. Br.,
etwa 200-300 km breit. Gegen O. sind die Grenzen so unbestimmt und je nach der Stärke der türkischen
Garnisonen wechselnd, daß es unmöglich ist, Areal und Bevölkerung (nach Helle 1874: 1,134,375 Seelen) oder den augenblicklichen
Besitzstand des osmanischen Reichs daselbst mit Sicherheit anzugeben.
Die nördliche Hälfte dieses Gebiets ist die Landschaft Hidschas. Dieselbe besteht aus dem 25-40 km breiten sandigen und dürren
Uferland (Tehama) und dahinter ansehnlichen, zum Teil vulkanischen Gebirgen. Auch letztere sind öde und
nackt, und nur in den engen Thälern (Wadis) ist Vegetation. Die Meeresküste ist bis zur Meerenge Bab el Mandeb hinab von Sandbänken
und Korallenfelsen umsäumt und die Schiffahrt in der Nähe der Ufer höchst gefährlich. Mekka und Medina, die heiligen Städte
der
von den Bewohnern Dschesiret el-Arab, d. h. die Insel Arabiens, von Türken und Persern Arabistan genannt, die
südwestlichste große Halbinsel Asiens, die durch den Persischen Golf, als Teil des Indischen Oceans, von
dem Kontinente Asiens getrennt wird und durch die Tiefebenen der syr.-arab. Wüste mit ihm zusammenhängt. Durch die Landenge
von Sues, abgesehen vom Sueskanal, mit Afrika verbunden, nur durch das schmale, in der Straße von Bab el-Mandeb zu etwa 30 km
verengte Rote Meer von diesem getrennt, bildet Arabien ein Übergangsglied zwischen Afrika und Asien.
Die Halbinsel liegt zwischen 12° 45’ und 30° 25’ nördl. Br. und zwischen 32° 50’ und 58° 42’ östl. L. von Greenwich.
Von den Küsten des Indischen Oceans nach NW. bis an die Grenzen der syr.-mesopotam. Wüste mißt sie 2325 km,
vom Isthmus von Sues bis Basra etwa 1500 km; im Parallel von Dschidda beträgt ihre Breite über 2000 km.
Den Flächeninhalt von Arabien mit der Sinaihalbinsel und der Syrischen Wüste schätzt man auf 3000000 qkm, also auf etwa ein
Viertel von Europa.
Das Ganze der Halbinsel läßt sich in folgende Abteilungen zerlegen:
1) El-Hidschr, im NW., oder Arabia petraea (von der Stadt Petra
abgeleitet) mit etwa 7000 E., unter osman. Oberhoheit, ebenso wie 2) Hedschas, der Küstenstreif bis zu etwa 19°
nördl. Br. und 41° östl. L. von Greenwich, einschließlich Mekka und Medina, 357194 qkm einschließlich
der Sinaihalbinsel und Hedud, mit 400000 E.; ferner 3) Asir, 116176 qkm mit 400000 E., und 4) Jemen, 110120
qkm mit 600000 E., beide 1871‒73 von den Türken erobert, so daß das türk. Gebiet auf dieser Westseite 583490 qkm betragen
würde. In der Mitte bildet den nördl. Teil 5) die Syrische Wüste oder das Gebiet der Scherarât-Beduinen, mit
der ovalen Vertiefung Dschauf oder Dschof, mit etwa 28000 E., und die Wüste Nefud.
6) Das Reich Schemmer (Schemer) mit etwa 45000 Bewohnern und mit der Hauptstadt Haïl (Hayel).
7) Der Wahhâbitenstaat im Nedschd, 523098 qkm mit 1133000 E. und der Hauptstadt Er-Riad. Wegen des Despotismus haben sich
Kasim, wahrscheinlich auch Harik, davon getrennt, so daß die Fläche sich um sehr Bedeutendes, die Bewohnerzahl
um Weniges vermindert haben mag. Der ehemalige östl. Teil desselben, 8) El-Hasa oder Hadscher, 81328 qkm mit 218000 E. (Hauptstadt
Hofuf), wurde 1871 von osman. Truppen erobert.
9) Der Staat des Sultans von Oman, fälschlich Imam von Maskat genannt, 210450 qkm mit 1 Mill. E. 10) Im
Osten von Jemen an der hohen, gebirgigen Südküste das nur mangelhaft bekannte Mahra, dessen Bewohner einen besondern arab.
Dialekt sprechen, und
Hadramaut.
11) Zwischen diesen südlichsten Gebieten und dem Wahhâbitenstaat im Nedschd die gewaltigen Sandwüsten Dehna und
Ahkaf. Außerdem führt der schmale, sandige Küstenstrich längs des Roten Meers den Namen Tihama, d. h.
nach dem Meere hin abfallende Niederung. Ebenso wendet man die Bezeichnung El-Ahkaf, d. h. eine
mit Sandbergen bedeckte Wüste, an; denn der Charakter der Sand- und Felswüste, welcher das süße Wasser gänzlich mangelt,
ist der in Arabien häufig wiederkehrende, obwohl nach Palgrave drei Viertel von Arabien anbaufähigen Boden aufzuweisen
haben.
12) Das engl. Gebiet von Aden.
Oberflächengestaltung. Arabien ist geologisch einfach gebaut. Den Grund bildet ein archäisches Urgebirge, welches im Innern von
der Nefudwüste an gegen S. heraustritt und auch bei Maskat und gegenüber der Insel Mosera sich zeigt;
ferner an den Rändern des Golfs von Akabah und auf der Sinaihalbinsel. Darüber ist einerseits eine große Sandsteindecke,
andererseits eine Decke von Eruptivgesteinen gebreitet, die auch über den Sandstein gelagert ist. Dieser Sandstein bedeckt
den ganzen Nordosten, die Lavamassen namentlich die Gegend südlich der Nefud, um Mekka und Medina.
Der ganze Norden der Halbinsel, bis zu 28° nördl. Br., ist eine 900 m hohe Ebene, von niedrigen Hügelreihen durchschnitten.
In 28° erhebt sich der gegen 1800 m hohe Dschebel Schammar, bestehend aus zwei hohen, von SW. nach NO. streichenden, granitischen,
mit Buschwerk bekleideten Bergketten, Dschebel Adscha (350 m über der Ebene) und Dschebel Selma. Beide
sind durch die Ebene Albatin voneinander getrennt. Im N. derselben dehnt sich die Wüste Nefud aus. Weiter nach S. bildet Arabien ein
hohes, von Wadis durchschnittenes Plateau.
Nur in zeitweise oder dauernd bewässerten, zum Bodenbau geeigneten Wadis findet sich eine seßhafte Bevölkerung. Ein breites
Hochthal, reich bewässert und ergiebig an Korn und Früchten, senkt sich von den Radwabergen Asirs an nach O. zum Persischen
Meerbusen hinab und teilt das ganze Hochland in ein nördliches und ein südliches. Dieses Hochthal soll den besten Teil der
großen Landschaft Jemameh bilden. Das Hauptgebirge auf der Hochebene ist der Dschebel Imarieh oder El-Arid.
Von Darijeh, wo der El-Arid nach N. als Dschebel Tuek sich wendet, scheint eine andere Kette, der Dschebel el-Tema, nach N. zu
laufen. Im S. von West-Jemameh hat man eine, mit dem Dschebel Imarieh parallel, aber wohl 300 km davon entfernt laufende Kette
in nordöstl. Richtung bemerkt, vielleicht den Dschebel Menakib der arab. Schriftsteller. Dschebel heißen
auch die Terrassenabfälle der innern Hochebene gegen die Küsten hin, deren zackige Stufen Randgebirge bilden.
Der Rand des Tafellandes im O. von Hedschas heißt Dschebel el-Hedschas; der im Dschebel Schar gegen 2300 m hohe, unter 24°
nördl. Br. gelegene Teil desselben führt den Namen Dschebel Radwa. Östlich davon liegt auf der dritten,
zwischen 1300 und 1625 m hohen Stufe Medina in 1000 m Höhe. Zwischen Mekka und Taïf heißt die Kette der Dschebel Kora. Von
19° nördl. Br. bis zur Meerenge von Bab el-Mandeb heißt das Gebirge Dschebel el-Jemen, der südlichste,
zerrissene und an Gipfeln reiche Teil einfach El-Dschebel. Dieser steigt wohl zu 3200 m auf und wird in der Breite von Sana
zu einem ausgedehnten Gebirgslande, welches zum Distrikt El-Dschof und den sandigen Ebenen von Mareb steil hinabfällt. Sana
liegt 2200 m hoch, und die um dasselbe
mehr
her stehenden Gipfel überragen die Ebene noch um 650-1000 m, ja der Dschebel Hattun scheint 4000 m zu erreichen. Von diesen
Gipfeln herab kommen zahlreiche Gebirgsströme, welche die tiefen Felsthäler bewässern, aber freilich nur bis zur dürren
Tihama gelangen, wo ihr Wasser nur noch unterhalb der leichten Sanddecke zu finden ist. Die steilen Gebirgsabhänge,
von denen das weiche Erdreich längst heruntergespült, sind meist öde und vegetationslos, doch sind namentlich die südl.
Landschaften Jemens angebaut, das ehemals als Arabia felix bekannte Land, dessen balsamische Produkte ihm einen weitreichenden
Ruf erworben hatten. Das ganze westl. Randgebirge nordwärts von Jemen ist meist steil, felsig und unfruchtbar;
die Ortschaften liegen teils an der Küste, teils wie Mekka und Medina schon auf der Hochebene, oasenhaft eingestreut.
Bewässerung. Einer der in Arabien seltenen permanenten Ströme ist der im W. neben Aden mündende Maidan. Das große Wassersystem
in der nördl. Hälfte A.s ist der Wadi er-Rumem, der im N. der Radwaberge entspringt und im Anfange Wadi
el-Hams, dann, wo er das Gebirge verläßt und sich andere Wadis anschließen, Wadi Nedschd heißt. Er fließt anfangs nach
SO., auf Medina zu, dann nach NO. bis Hanakia, von wo er östlich nach Aban zieht. Bis dahin empfängt er alle Winterströme
des Hedschas; der größte ist der Wadi Haghir, dem die Karawanenstraße der pers. Pilger zwischen Haïl und Mekka folgt.
Weiter zieht er östlich bis Anese und wendet sich nun nördlich und dann nach ONO., um sich endlich, wie es scheint, bei
Suk esch-Schujuch an den Euphrat anzuschließen. Im untersten Teile ist er eine Tagereise breit und im
Winter häufig so angeschwollen, daß er nicht zu überschreiten ist; im Sommer dagegen oder während des größten Teils des
Jahres ist der Lauf in der 7-800 km langen Sandgegend unterbrochen. Quellen sind im ganzen Innern sehr selten. Das Bewässerungssystem
ist namentlich in Jemen zu hoher Vollkommenheit gediehen. Tiefe Brunnen, Cisternen und trichterartige Reservoirs
sammeln das Wasser, das in der Regenzeit in Strömen herabstürzt und in der heißen Jahreszeit schnell wieder verdunstet.
Mit Hilfe der künstlichen Behälter vermag man jedoch die Kaffeepflanzungen im üppigsten Gedeihen zu erhalten. Die Wasserbehälter
sind stufenweise angelegt. An der Küste von Bahrein dringt eine Unzahl mächtiger Süßwasserquellen
im Meere empor.
Klima. In den Küstenebenen steht gewöhnlich nachts das Thermometer auf 30°, am Morgen auf 35°, am Tage an den kühlsten und
schattigsten Stellen auf mehr als 45° C. Die Küste des Roten Meers gehört unstreitig zu den heißesten Gegenden
der Erde; daß auch die Nächte keine Kühlung gewähren, ist eine Hauptursache der Schädlichkeit dieses Klimas. Die Luft
bleibt im Sommer zuweilen 60 Tage lang ohne jede Bewegung. Der herrschende Wind in dem völlig regenlosen Sommer ist in ganz der
Passat.
Auf dem Hochlande ist das Klima extrem, heiße Tage, kühle Nächte, und in Taïf und Sana sind Schnee
und Eis wohlbekannt. Auf den Hochebenen Hadramauts muß man die Eisdecke auf den Wasserbehältern zuweilen aufhauen. Den
hochgelegenen Landschaften des Innern fehlt es auch nicht an Regengüssen, die je nach der Lage an verschiedene Jahreszeiten
gebunden sind. Auf dem Westabhange der Gebirge Jemens dauern sie von Juni bis September, und überdies
fällt eine zweite Regenzeit in den Frühling.
Auf dem Ostabhange beginnt
die Regenzeit Mitte November und währt bis Mitte Februar, ebenso in Nedschd von 28 bis 24° nördl.
Br. In Hadramaut und Oman dauert die Regenzeit an den Küsten von Mitte Februar bis Mitte April, und in
den Hochlandschaften Hadramauts ist die Zeit von April bis September durch häufige, von Regenströmen begleitete Gewitter
ausgezeichnet. Solange die Regenzeit dauert, ist das ganze Land mit dem frischesten Grün bedeckt. Nördlich von 16° nördl.
Br. beginnen die Regen unsicher zu werden. In ganz Arabien, nördlich von 20° nördl.
Br. beträgt die Regenmenge weniger als 200 mm im Jahre. In Maskat weht im Mai und Juni öfter ein sengender Westwind, unter
dem die Hitze auf 47° C. steigt, dann folgt der Südost mit Nebel und Feuchtigkeit bei 30-32° Wärme.
Die Pflanzenwelt A.s zerfällt in zwei Abschnitte:
1) Der Hauptteil des Landes schließt sich innig an die östl. Sahara an und hat als hauptsächliche Nutzpflanze die Dattelpalme.
2) Die südwestl. Provinzen ähneln dem benachbarten abessin. Bergland, die südöstlichen von Hadramaut
bis Oman teils den Somalländern, teils Ostindien. Im SW. ist die Heimat des Kathastrauches (Catha edulis
Vahl.), dessen Anbau stellenweise den des Kaffees übertrifft, der vermutlich aus Afrika in Arabien eingeführt ist. Aus Indien stammen
Bananen, Mangustanen und ind. Feigen. Allgemein verbreitet sind Tamarinde und Balsambaum (Balsamodendron myrrha Nees.).
Der Weihrauchbaum wächst in einem Teile von Hadramaut längs des Indischen Oceans. Überhaupt hat Arabien einen
Reichtum an wohlriechenden Baumarten wie wenig andere Länder. Die Cassia fistulaL., die Aloe und das Olibanum oder Weihrauch
sind sehr geschätzte Droguen. Die Sykomore wächst wild. Akazienarten liefern das arab. Gummi. Tamarindus indicaL. baut man
im südwestlichen Arabien, ebenso Tabak, Zuckerrohr und Indigo.
Tierwelt. Die in den Bergen A.s lebenden wilden Tiere sind hauptsächlich: der Panther, die Hyäne, der Wolf,
der Fuchs, ein schwarzer wilder Hund, die wilde Katze, der Schakal, der wilde Ochse, zahlreiche Affen, Wildschweine, auf den
felsigen Höhen Steinböcke, in allen Wüsten Antilopen und Gazellen, Springmäuse und zahlreiche andere Nager;
Eidechsen und
Landschildkröten sind häufig, auch Schlangen.
Berühmt ist die Pferdezucht. Unentbehrlich für den
Araber ist das Kamel, hier kleiner als in den nördlichern Ländern. Man gebraucht dasselbe zum Tragen; zum Reiten aber nur
das einhöckerige, das Dromedar, hier Delûl oder Hedschin genannt. Wilde Esel (Onager) leben zahlreich im Westen des Dschebel
Schammar, wo sie wegen ihres Fleisches, Felles und ihrer Hufe gejagt werden. Die Rindviehzucht ist unbedeutend.
Die Kühe, die man zum Bewegen der Wasserschöpfmaschinen verwendet, sind klein, knochig und haben, wie die am Nil, einen
Höcker.
Die nördlichen arab. Stämme treiben viel Schaf- und Ziegenzucht. Diese Schafe sind ohne Fettschwanz. Oft weiden
zwischen den Herden zahm gewordene Gazellen. In den fruchtbaren Gegenden findet sich reichliche Geflügelzucht. An wilden,
besonders auf dem Boden lebenden Vogelarten ist kein Mangel. Perlhühner wohnen in den Wäldern in größter Menge; in den Ebenen
leben Rebhühner, Lerchen, wilde Gänse, Kraniche u. s. w. Adler, Falken, Sperber und der ägypt. Geier sind
die gewöhnlichen Raubvögel; eine Drosselart nützt durch Vertilgung der Heuschrecken. In den Wüsten ist der Strauß häufig;
an den Küsten findet man
mehr
Pelikane, Störche, Taucher u. s. w. Die schädlichsten Insekten A.s sind die Heuschrecken. Sie kommen in allen wüsten Teilen
der Halbinsel vor; in Nedschd dringen sie selbst in die Häuser. Wie im nördl. Afrika, ißt man sie allgemein; sie werden
eingesalzen, in Säcke gefüllt und zum Verkaufe gestellt. Auch die Termite ist sehr verbreitet. Zu den
gefährlichen Plagen gehört endlich der Medinawurm. Die reiche Tierwelt des Roten und des Persischen Meers zeichnet sich in
ersterm besonders durch Korallenriffe, in letzterm durch Perlenbänke aus.
Bevölkerung. Man schätzt die Bevölkerung A.s auf 3½-5 Mill., welche teils seßhafte Lebensweise führen, teils als Beduinen
auf der Stufe des Nomadentums stehen. Das Arabertum zerfällt in eine große Menge von Stämmen, welche
in besondern Gebieten hausen. Auch die Beduinen, welche in Zelten wohnen und mit ihren Herden ein Wanderleben führen, halten
sich innerhalb eines ihnen zugehörenden Distrikts, so daß selbst durch die Wüste bestimmte, nicht zu verletzende Grenzen
laufen.
Die Beduinen sehen mit Verachtung auf die seßhaften Araber und schätzen ihr Leben in der Freiheit als das allein des Menschen
würdige. Die Beduinen im nördlichen Arabien sind (nach Burckhardt) teils solche, welche im Frühling und Sommer in die fruchtbaren
Teile Syriens wandern und im Winter in die Wüste zurückkehren (Anese), teils solche, welche das ganze
Jahr hindurch in der Nähe der kultivierten Landstriche bleiben. Die Anese sind einer der mächtigsten Stämme der arab. Wüsten,
auf deren Schutz sowohl die benachbarten Dorfbewohner als auch die Karawanen, die Pilgerkarawanen nicht ausgenommen, angewiesen
sind.
Ihre Zahl wird ans mehr als 300000 geschätzt. Manche andere Stämme an den Grenzen Syriens und den Ufern
des Euphrat zahlen den Anese einen jährlichen Tribut, andere leben mit ihnen in Feindschaft; manche wohnen in Zelten und
bebauen dennoch das Land, andere bringen die Produkte ihrer Viehzucht auf den Markt nach Haleb. Unter den im mittlern und
in den westl. Gebirgsstrichen hausenden Stämmen sind noch erwähnenswert die Beni Schammar, die Meter in den fruchtreichen
Weiden von Nedschd und die Beni Harb, südlich von Medina. Im O. von Mekka und Taïf wohnt der tapfere und mächtige Stamm der
Beni Otaiba; die in der Geschichte berühmten Koreisch (s. d.) in und um Mekka sind jetzt wenig zahlreich
mehr.
Der wegen seiner Tapferkeit und Gastfreundschaft berühmte Stamm der Adwân, zu welchem die regierenden Scherifs von Mekka
ihre Kinder zur Erziehung senden, besteht nur noch aus ungefähr 100 Familien. Im SO. von Taïf
besitzen die Thakif die Gartenländer um Taïf und die fruchtbaren Thäler auf der Ostseite der Bergkette
von Hedschas. Noch weiter nach SO. leben die Beni Kahtân und Beni Sad, schon im Altertume berühmte Stämme. Zwischen jenen
und der Küste wohnen die Asir.
Unter allen arab. Stämmen nehmen die Beni Slêb (Solaib) in der syr. Wüste die verächtlichste Stellung
in Arabien ein. Sie haben nur Esel; man kann sie in Damaskus sehen, wohin sie kommen, um die in der Wüste wachsenden
Trüffeln zu verkaufen. Ebensolcher Geringschätzung begegnet im Hedschas der Fischerstamm der Huteimi. Erwähnung verdienen
noch die in Südarabien wohnenden Pariastämme (Schumr, Achdâm), welche verschiedenen Hantierungen sich hingeben und
auf welche der Araber mit Verachtung hinabblickt. -
Der echte unverdorbene Bewohner der arab. Wüste ist
ein kriegerischer Hirt, gewissermaßen der Urtypus der arab. Rasse, wie ihn die alte vormohammed.
Poesie schildert. Stets sind sie mit Lanze und Säbel, oft auch mit Flinte und Pistolen bewaffnet. Der Kampf, sei es
um Blutrache, um einen Brunnen, um ihren Weidegrund, ist ihr Element. Noch heute pflegen sie die Jugendideale des alten Arabertums,
deren Summe Muruwwa (virtus) genannt wird, in welchen die Wahrung der Ehre des Stammes und die rachsüchtige Bekämpfung aller,
die derselben Abbruch gethan, die erste Stelle einnimmt. Großmütig sind sie in der Übung der Gastfreundschaft
und in der Beschützung der Verfolgten, die in ihren Zelten Schutz suchen.
Ein Heiligtum ist ihnen die Pflicht der Blutrache, deren Übung durch uralte Gewohnheitsgesetze geregelt ist. Die Strenge der
Blutrache wird durch die Institution des Lösegeldes (Dija) gemildert, welches mit Einverständnis der zur Blutrache
Verpflichteten an Stelle derselben tritt. Nirgends in der Welt findet man einen größern Familienstolz als unter den Arabern.-
Unter den Städtebewohnern (namentlich im Hedschas) werden als Nachkommen Mohammeds besonders die Scherifs (s. d.)
als Adlige ansgezeichnet, und aus ihrer Familie geht der Großscherif von Mekka hervor. Der Inhaber dieser Würde übt
bis zum heutigen Tage großen Einfluß auf die Bewohner des Hedschas und die umwohnenden Beduinen aus. Auch die Nachkommen
der übrigen Zweige des Koreischstammes genießen noch heute ein in den Traditionen des Arabertums begründetes Ansehen.
Politische Verhältnisse. Ein bedeutender Teil von Arabien hat sich von dem Osmanischen Reiche unabhängig zu
erhalten gewußt. Namentlich in Südarabien (Jemen) herrschen in den einzelnen Distrikten feudale Dynastien, über welche
uns Maltzan in seinem südarab. Reisewerke näheres mitgeteilt hat. Die Herrschaft über die Provinz Oman behauptet der in
Maskat residierende sog. Imâm. Zumal die Beduinen Centralarabiens leben, trotz aller Versuche der Türkei sie zu unterwerfen,
noch heute in ihrer alten unabhängigen patriarchalischen Verfassung.
Das Oberhaupt des Stammes ist der Scheich (s. d.); die Würde eines solchen ist in der Familie
erblich, aber auf welchen der Nachkommen sie übergehen soll, bestimmt stets eine Wahl. Daher kann ein solcher auch wohl abgesetzt
werden, oder die Glieder des Stammes können ihn verlassen. Er ist Führer und Leiter, aber nicht eigentlich
Befehlshaber. Unter den verschiedenen Stämmen bilden sich gemeinsame Schutz- und Trutzverbrüderungen, Eidgenossenschaften
(Hilf). Einen größern Staat haben im Innern A.s die Wahhâbiten (s. d.) gegründet. Die Beduinen bekennen den Islam nur äußerlich;
unter ihnen hat die positive Religion nie feste Wurzel geschlagen. Unter den Städtebewohnern findet man
die beiden Hauptsekten des Islam, Sunniten und Schiiten, vertreten; die letztern vielfach an der Ostküste und in Südarabien,
wo die Seiditen (s. d.) in großer Anzahl zu finden sind.
Lebensart und Sitte. Sein Zelt bedeckt der Araber mit aneinander genähten Stücken eines Filzes aus Ziegenhaaren,
der gegen den stärksten Regen schützt. Es ist 2,2 m hoch, 6-9 m lang und etwa 3 m breit. Das Innere ist für die männlichen
und die weiblichen Bewohner durch einen Teppich geteilt. In den Städten hat man steinerne