Aquädukt
(lat. aquae ductus, Wasserleitung),
[* 2] bezeichnet einen Leitungskanal,
welcher bestimmt ist, Wasser über ein
Thal,
[* 3] eine Schlucht, eine
Straße, einen
Fluß u. s. w. hinwegzuführen, teils zur
Wasserversorgung
größerer
Städte oder sonstigen Wasserleitungszwecken, teils um Wasser, welches einer bautechnischen
Anlage (Eisenbahn) Schaden
bringen könnte, über dieselbe hinwegzuleiten; endlich kann ein solcher
Bau einen Fabriks- oder Schiffahrtskanal tragen,
in welchem Falle man den Aquädukt
häufig auch, nach der franz.
Bezeichnung pont canal,
Brückenkanal nennt. Die Aquädukt
können aus
Stein, Holz
[* 4] oder
Eisen
[* 5] gebaut sein.
Steinerne Aquädukt
entstanden, namentlich für Wasserleitungszwecke, schon frühzeitig. Sie setzten sich meist
aus hohen, in mehrern
Stockwerken übereinanderstehenden
Bogen
[* 6] zusammen, welche die mit Steinplatten überdeckten
Kanäle trugen. Solche Aquädukt
führten besonders die
Römer
[* 7] in großartigster
Weise aus, vornehmlich zur
Wasserversorgung
Roms. Schöne
Reste derselben erhielten sich bei
Torre nuova, in der
Aqua
Claudia
(Porta
Maggiore) und dem Aquädukt
Neros auf dem Lateran zu
Rom,
[* 8] im
Sabinergebirge, namentlich aber längs der
Via
Frascati in der
Campagna.
Von den in den
Provinzen errichteten Wasserleitungen erhielten sich mehrere großartige Aquädukt.
So die im alten Hispanien erbauten
Aquädukt
bei Segovia (zwei
Stockwerke, 33,7 m Höhe), bei
Alcantara über den
Tajo (43,6 m Höhe, 31,1 m größte
Spannweite, 1,62
m Scheitelstärke im
Gewölbe),
[* 9] bei Chelves (16,2 m hohe Pfeiler, 8,75 m Bogenspannung), bei Merida über
den Albaregas (drei
Stockwerke, 24,8 m Höhe, 4,45 m Bogenspannung), bei
Tarragona (zwei
Stockwerke, 29,81 m Höhe), dann in
Gallien der von Metz
[* 10] (22,7 m hoch) und besonders der Pont du Gard oder die
Brücke
[* 11] bei Nimes
[* 12] (Nemausus).
Dieser letztere geradezu klassische
Bau (s. beistehende
[* 1]
Fig. 1), wahrscheinlich unter dem Feldherrn
Agrippa
(63–13
v. Chr.) errichtet, gilt als eins der kühnsten und architektonisch schönsten Brückenwerke der
Römer; der Aquädukt
besteht,
wie der von Merida, aus drei
Stockwerken mit einer größten Bogenweite von 24,4 m und einer höchsten Höhe von 48,77
m über der Flußsohle. Weitere Reste von römischen Aquädukt
befinden sich bei
Lyon
[* 13] und
Paris,
[* 14] welch letzterer unter Julian (360
n. Chr.) ausgeführt sein soll.
Ferner müssen noch die röm. Wasserbrücken bei
Konstantinopel,
[* 15] z. B. die von Hadrian angelegte und von
Theodosius erneuerte,
sowie die Reste der röm. Wasserleitung zu Mainz
[* 16] (Zahlbacher Wasserleitung)
erwähnt werden; andere in
Kleinasien, Nordafrika,
Griechenland
[* 17] stammen ebenfalls aus röm. Zeit. Bemerkenswert ist weiter
der Aquädukt
, welchen Hannibal um 220
v. Chr. zu Martorell (ein
Spitzbogen von 43,3 m
Spannweite) und der, den
Trajan um 100 n. Chr.
zu Lissabon
[* 18] (32
Spitzbogen von 34 m
Spannweite und bis 85 m Höhe) errichteten.
Unter dem Gotenkönige
Theodorich d. Gr. wurde der von
Spoleto in
Umbrien erbaut, welcher nach neuern
Aufnahmen («Annales des
ponts et chaussées», Par. 1886) bei einer Länge von 210 m und
Stärke
[* 19] von 9,6 bis 12,3 m, etwa 77 m hoch ist, sich aber
als eine kompakte
Mauer mit Schlitzöffnungen von 5 bis 9 m Weite darstellt. Später entstanden in
Frankreich
der Aquädukt
bei
Arles (1558) und der bei
Arcueil (1624). Im 17. Jahrh. errichtete man die nach Versailles
[* 20] führenden von
Marly und
Buc; ferner begann man den großartigen Aquädukt
Maintenon, der, bestehend aus einer dreifachen,
fast 5 km langen, 71 m hohen Arkadenreihe von 242
Bogen, die Wasser der Eure in die Gärten von Versailles leiten sollte.
Die Herstellung der untersten Bogenreihe kostete allein 22 Mill.
Frs. Der
Bau blieb unvollendet.
[* 1]
Figur 2: Roquefavour-Aquädukt
In neuester Zeit sind u. a. die von Roquefavour bei Marseille [* 21] (1847, [* 1] Fig. 2), der ¶
mehr
Croton-Aquädukt
bei Neuyork
[* 23] (1837–42), der der Wasserleitung zu Paris, darunter der Pont aqueduc de la croix du grand maitre
(2000 m lang, mit 177 Bogen bis zu 80 m Spannweite), der der Yonne (1500 m Länge, bis 40 m Spannweite) erbaut. Ferner die der
Wiener Wasserleitung bei Baden
[* 24] (bis 15,2 m Spannung und 23 m Höhe mit 43 Öffnungen), Liesing (665 m lang, 17 m
hoch, 44 Öffnungen) und Speising (1870–73). Auch die zur Zeit am weitesten frei gespannten Steinbögen (69,5 m Spannweite)
der Cabin-John-Brücke bei Washington
[* 25] tragen eine Wasserleitung.
Die Ausdehnung
[* 26] des Netzes der Schiffahrtskanäle in Frankreich, Großbritannien
[* 27] und Deutschland
[* 28] hat gleichfalls
zu größern Bauwerken dieser Art Veranlassung geboten, z. B. die Aquädukt
des Bridgewaterkanals über den Irwell, des Sarrekanals
u. s. w. Eine besondere Art von Aquädukt
hat der moderne Eisenbahnbau
[* 29] geschaffen,
zu dem Zwecke, um z. B. einen Gebirgsbach über den Bahndamm hinwegzuleiten u. s. w.
So mehrfach in den Alpen,
[* 30] z. B. an der Brennerbahn
[* 22]
(Fig. 3).
[* 22]
Figur 3: Aquädukt
einer Alpenbahn
Hölzerne Aquädukt (meist Gerinne genannt, s. d.) finden sich nur bei Anlagen von geringerer Ausdehnung oder für geringere Dauer. Sie bestehen aus einem hölzernen Leitungskanal, welcher auf Holz- oder Steinpfeilern ruht.
Eiserne Aquädukt werden häufig angelegt, wenn die Höhe, in der ein Kanal [* 31] über eine Schlucht, einen Fluß, über eine Eisenbahn u. s. w. geführt werden soll, nur eine geringe ist, so daß sich Steinbogen nicht zur Ausführung eignen. Man bedient sich dazu eiserner Kasten, die den Kanal umfassen und entweder auf Steinpfeilern ruhen oder an Ketten, wie bei Kettenbrücken, aufgehangen werden. Gußeiserne Aquädukt finden sich schon früh in England; doch hat man in neuerer Zeit auch hier das Schmiedeeisen an Stelle des Gußeisens treten lassen; so findet man einen eisernen Aquädukt bei Saaralben in Deutsch-Lothringen.