Apennin
oder Apenninen
(lat. Apenninus
oder Montes Apennini
, vom
kelt. Worte
Pen, Felsspitze, von den
Italienern neuerdings auch Apennini
geschrieben), das
Gebirge, das fast die ganze Halbinsel
Italien
[* 2] erfüllt, so daß zur Seite desselben nur einige wenige ausgedehntere Ebenen und einzelne neuere vulkanische
Gebirgssysteme Platz finden. Man unterscheidet den Ligurischen,
Etruskischen,
Römischen,
Abruzzen- und Neapolitanischen Apennin.
Unrichtig
wird auch das
Calabrische Gebirge als Calabrischer Apennin
bezeichnet. Die Grenze zwischen den
Alpen
[* 3] und dem Apennin
bildet die Bocchetta
di
Altare, die, nur 495 m hoch, den Übergang von Savona in das
Thal
[* 4] der
Bormida darstellt. (S. die Karten: Ober- und Mittelitalien
und Unteritalien, beim
Artikel
Italien.)
Ligurischer von der Bocchetta di
Altare bis zum
Paß
[* 5] La Cisa (1041 m) reichend, der vom
Thal der Magra in
das des Taro hinüberführt, umschließt im
Bogen
[* 6] den Golf von Genua,
[* 7] besonders im westl.
Teile steil zur
Küste abfallend.
Im östl.
Teile verbreitert sich das
Gebirge bedeutend, und sein Fuß ist nur 20 km von
Piacenza (am Po)
entfernt. In der Mitte dieser östl. Hälfte liegt der Monte-Bue (1803 m), der höchste Gipfel
des Ligurischen Apennin.
Den Zugang zu Genua von der Landseite her vermittelt der
Paß La Bocchetta (780 m), der jetzt durch den
etwas östlicher liegenden
Tunnel
[* 8] (Colle dei Giovi 472 m) der
Bahn
Alessandria-Novi-Genua an Bedeutung verloren
hat. Im östl.
Teile wird dieser von einer durch das Längsthal der
Vara abgeschiedenen Parallelkette (bis 868 m hoch) begleitet,
die bis zum Golf von
Spezia
[* 9] reicht und durch ihren Lavagnaschiefer und Marmo Portor (schwarzer Marmor mit roten
Adern)
berühmt ist.
Etruskischer Apennin
, vom
Paß La Cisa (1041 m) bis zum Colle di Scheggia, der vom
Thale des Chiaggio (linker Nebenfluß des
Tiber)
zum
Thal des
Burano (rechter Nebenfluß des
Metauro) führt. Infolge der staffelförmigen
Anordnung der einzelnen
Teile tritt
das
Gebirge in die Nähe des
Adriatischen
Meers; seine nordöstl.
Ausläufer erreichen bei
Pesaro das
Meer
selbst.
Die erste
Staffel, eine sehr geschlossene, mehrmals 2000 m übersteigende
Kette, reicht vom
Paß La Cisa bis zum
Paß
von Fiumalbo (Passo del Abetone, 1388 m, führt von Modena nach Lucca);
[* 10] höchster Gipfel ist der Monte-Cusna (2121 m).
Nahe seinem östl. Ende wird
dieser Zug
von der Eisenbahn
Bologna-Florenz überschritten (617 m), die den
wichtigsten Übergang über den ganzen
Etruskischen Apennin
darstellt und über 50
Tunnel aufweist.
Durch das Längsthal des Serchio vom Apennin
geschieden, erhebt sich der Parallelzug der
Apuanischen Alpen am Ligurischen
Meere
bis zu 1946
m, an seinem Fuße liegen die durch die großen Marmorbrüche berühmten Orte
Carrara und
Massa.
Die zweite
Staffel, durch das Querthal des
Reno in zwei Hälften geteilt, trägt an ihrem Nordende den Höhepunkt des ganzen
nördlichen Apennin
nördlich vom 43. Breitengrade: den Monte-Cimone (2165 m). Die dritte
Staffel, von der vorigen durch das Längsthal des Sieve und den
Paß La
Futa (903 m) getrennt, der von
Bologna
nach
Florenz
[* 11] führt, erreicht im Monte-Falterona 1649 m; ihr im
SW. vorgelagert und durch das Längsthal des
Arno von ihr getrennt,
erhebt sich der
Prato Magno zu 1580 m. An der
Quelle
[* 12] des
Tiber
(Teverone), bis zu dem die dritte
Staffel reicht,
steigt der Monte-Comero, der höchste Gipfel der vierten
Staffel, zu 1207 m. Zwischen dieser und dem Parallelzuge der
Alpe
di Catenaja (1450 m) verläuft das sich nach SO. beträchtlich verbreiternde Längsthal des
Tiber.
Römischer Apennin
, vom Colle di Scheggia bis zu den tiefen Querthälern des
Tronto und
Velino sich erstreckend,
erhebt sich an seinem Nordende im Monte-Catria zu 1702 m; sein Südende bilden die mächtigen Monti-Sibillini, die amTrontodurchbruch
im Monte di Pretara oder Monte-Vittore 2477 m erreichen. Dieser Apennin
verbreitert sich nach S. sehr beträchtlich,
indem im S. die Monti-Sibillini an der Nordseite, andererseits verschiedene Züge an der Südseite ansetzen,
welch letztere bei Rieti am
Velino mit dem Monte-Terminillo (2213 m) endigen. Die mittlere
Kette des
Römischen Apennin
ist von Querthälern
mehrfach durchbrochen und bietet der Eisenbahn von
Ancona
[* 13] nach
Florenz und
Rom
[* 14] keine großen Schwierigkeiten.
Abruzzen-Apennin, s. Abruzzen.
Neapolitanischer von der
Volturno-Trigno-Senke bis zum Golf von
Tarent und der Senke des Eratiflusses,
entbehrt der Geschlossenheit und erreicht nur in einzelnen Punkten beträchtlichere
Höhen: im N. in der Gruppe del Matese 2050 m
(im Monte-Miletto), im ONO. von Salerno im Monte-Cervialto 1809 m (hier beginnt ein mehrfach unterbrochener Gebirgszug, der
rechtwinklig zur Hauptrichtung des Apennin
steht und im Monte-Sant’Angelo auf der Halbinsel
von
Sorrento noch 1443 m hoch ist; in seiner östl. Fortsetzung findet sich, gleich weit vom
Adriatischen und Tyrrhenischen
Meere entfernt, der erloschene
Vulkan Monte-Vulture 1329 m), im Monte-Volturino (an der
Quelle
des
Agri) 1836 m, weiter südlich im Monte del Papa 2006 und endlich in der Serra di Dolcedorme 2271 m
(dicht beim letztgenannten Gipfel der Monte-Pollino 2248 m).
Unmittelbar darauf fällt das
Gebirge zum
Tiefland des Crati und
zum Golf von
Tarent ab. Dem Neapolitanischen Apennin
ist im W. das von ihm durch den Tanagro
(Val di Diano) geschiedene, massige
Bergland vorgelagert, das die zwischen dem Golf von Salerno und dem von Policastro gelegene Halbinsel erfüllt, und im N.
im Monte-Alburno 1742, im S. im Monte-Cervati 1899 m erreicht. Im O., und mit dem Apennin nur lose zusammenhängend,
breitet sich im nördl.
Apulien das Hügelland Le
[* 15] Murgi (Monte-Caccia 680 m) aus. Völlig getrennt vom
Apennin ist der am
Adriatischen
Meere
¶
mehr
gelegene Monte-Gargano (1055 m im Monte-Calvo), der den «Sporn» der Halbinsel erfüllt: die dazwischen liegende Ebene ist nur wenig über 100 m hoch. In seiner Gesamtheit stellt der Apennin einen flachen, von NW. nach SO. gerichteten und nach W. offenen Bogen dar, der mit den Alpen gut verbunden ist und im S. am Golf von Tarent endigt. Von SW. ging der Druck aus, der das Gebirge faltete. Die eigentliche Gebirgsachse ist freilich in Trümmer gegangen; die alten Formationen (Granit, Gneis, Carbon, Dyas, Trias) finden sich nur noch am Rande des Tyrrhenischen Meers und auf den Inseln, die der Küste nahe sind (z. B. Elba).
Der jetzige Apennin bildet den Mantel des zertrümmerten Grundgerüstes und ist aus jüngern Bildungen, besonders Tertiär, Kreide, [* 17] Jura zusammengesetzt; Kalk- und Sandstein herrschen vor. Das Calabrische Gebirge (s. d.) dagegen besteht aus Granit und Gneis und bildet mit dem aus denselben Bildungen sowie aus Glimmerschiefer zusammengesetzten Gebirge an der Nordküste Siciliens ein Ganzes, ein heute nur noch in Bruchstücken anfragendes Gebirge, und kann deshalb nicht zu dem Apennin gerechnet werden. Während die östl. (Außen-)Seite des Apennin regelmäßige Faltungen zeigt und der Läugsthäler entbehrt, ist die Innenseite zur Tiefe gesunken, und dies gab und giebt noch den Anlaß zu großartigen vulkanischen Bildungen. In der Nähe des Hauptkammes sind auch Längsthäler, sonst ist der Lauf der Flüsse [* 18] regellos.
Die westl. Vorlagen des Apennin werden in neuerer Zeit oft mit dem nicht recht passenden Namen Subapennin bezeichnet. Wie bereits die Apuanischen Alpen sich durch ihre triassischen und permischen Schichten deutlich von dem Apennin unterscheiden, so zeigen auch die Ketten des Toscanischen Hügellandes (zwischen Küste und Chianakanal, vom Ombrone in eine nördl. und südl. Hälfte geteilt) dieselben Gesteinsformationen, die oft mit Tertiär überdeckt sind, das jedoch nicht an den Faltungen des Apennin teilgenommen hat; besonders interessant ist der Reichtum an großen quartären Fossilresten.
Die ältern Schichten sind im westl. Teile dieses Hügellandes reich an Mineralschätzen (Salz [* 19] und Kupfer [* 20] bei Volterra, Borsäure bei Volterra und Massa Marittima); es wird daher das Gebirge dort Catena metallifera genannt (der Mineralreichtum findet sich auch auf Elba). Die Höhen des Toscanischen Hügellandes sind im allgemeinen gering. So steigt die südlich von Florenz verlaufende Kette der Monti del Chianti 893, Le Cornate in der Catena metallifera 1059 m auf.
Der höchste Punkt ist aber der vulkanische Monte-Amiata (1734 m). Der Monte-Cimino (Mons [* 21] Ciminius 1056 m), nahe dem südl. Ende des ganzen Bezirks, ist gleichfalls vulkanischen Ursprungs, und ebenso die runden Wasserbecken des Lago Trasimeno (258 m), Lago di Bolsena (305 m), Lago di Vico (507 m) und Lago di Bracciano (164 m). Im S. schließt sich daran die meist aus jungen Meeresablagerungen sowie durch vulkanische Eruptionen gebildete Campagna di Roma [* 22] (s. d.). Etwas weiter südlich erhebt sich das vulkanische Albanergebirge (s. Albano).
Ein Produkt vulkanischer Thätigkeit, und noch heute durch dieselbe bedroht, ist die Campanische Ebene. Am Garigliano erhebt sich zunächst die vulkanische, ringförmige Rocca Monfina zu 1005 m. Die Phlegräischen Felder (campi Phlegraei) westlich von Neapel [* 23] zählen nicht weniger als 27 Krater, [* 24] von denen der Monte-Nuovo (180 m hoch) sich 1538 in 48 Stunden bildete. Der Epomeo (792 m) auf der Insel Ischia [* 25] war ebenfalls in histor. Zeit thätig. Allbekannt ist endlich der noch thätige Vesuv. [* 26]
Das Vegetationskleid des Apennin ist, da derselbe von 45 bis 38° nördl. Br. reicht, im N. nicht ganz dasselbe wie im S. Den Fuß des Gebirges umkleidet überall Terrassenkultur. Die Begleiter der Olivenwälder sind durchweg die Weinstöcke, die Feigen-, Mandel- und Maulbeerbäume und weiter im S. die Citronen und Orangen; wo Johannisbrotbäume, Aloe, Feigenkaktus und Palmen [* 27] hinzutreten, da gewinnt die Pflanzenwelt subtropischen Charakter. Dahin gehören alle die gepriesenen Hügelgelände und Berghänge bei Genua, Spezia, Lucca, Florenz, Tivoli, Subiaco, Amalfi u. s. w., wo aus den Thaleinschnitten Lorbeer- und Myrtengruppen, Cypressenhaine, immergrüne .Korkeichen und Pinien hervorragen, während die anliegenden Anger im Frühjahr mit Hyacinthen, Narzissen, Anemonen, Asphodeleen u. s. w. geschmückt sind und sich an den Abhängen Fruchthaine hinaufziehen.
Der immergrüne Gürtel [* 28] reicht bis zu etwa 400 m hinauf. Darüber folgt etwa bis 1000 m die Zone der Kastanien und nordischen Eichen und weiter aufwärts bis zu 2000 m der Gürtel, in dem die Buche vorherrscht, neben der hier und da die Edeltanne, eine hellgrüne Fichte, [* 29] der Taxus, der Haselstrauch u. s. w. auftreten. Oberhalb der obern Grenze der Buche dehnt sich das Gebiet der Gebirgskräuter bis zur Schneegrenze aus. Einzelne, den Sommer überdauernde Firnflecken finden sich nur in den höchsten Teilen der Abruzzen.