Anweisung,
die Aufforderung, welche der Anweisende an den Angewiesenen ergehen läßt, dem Anweisungsempfänger eine Leistung für Rechnung des Anweisenden zu machen. Der Anweisungsempfänger wird dadurch befugt, die Leistung in eigenem Namen zu fordern und zu erheben. Die Anweisung wird auch Assignation, der Anweisende Assignant, der Angewiesene Assignat, der Anweisungsempfänger Assignatar genannt. In der Regel wird die Anweisung schriftlich erteilt, dann nennt man auch die Urkunde selbst Anweisung; nach Preuß.
Allg. Landrecht muß die Anweisung bei Beträgen über 150 M. schriftlich geschehen, der Deutsche Entwurf §. 619 fg. hat Bestimmungen nur über die schriftliche Anweisung, ohne die Gültigkeit einer mündlichen, die auch sonst nicht zu beanstanden ist, auszuschließen. Der gewöhnliche Gegenstand der angewiesenen Leistung ist Geld; nach Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch und Preuß. Allg. Landrecht auch andere Sachen, nach dem Deutschen Entwurf Geld, vertretbare Sachen, Wertpapiere.
Die Veranlassung zur Anweisung kann sein, daß der Anweisende eine Schuld an den Anweisungsempfänger tilgen und zugleich eine Forderung an den Angewiesenen einziehen will, oder eins von beiden. Das Preuß. Allg. Landrecht hat den zweiten Fall zur Voraussetzung, I, 16, ß. 251: «Wenn jemand einem andern den Auftrag macht, etwas, welches der Auftragende von einem Dritten zu fordern hat, bei demselben für seine eigene Rechnung zu erheben». Umgekehrt hält sich das Österr. Bürgerl. Gesetzbuch bei §. 1400 an den ersten Fall: «wenn der Schuldner an seine Stelle einen Dritten als Zahler stellt, und den Gläubiger an ihn anweist, ohne den andern zu ignorieren». Die Anweisung kann aber auch erfolgen, um dem Anweisungsempfänger zu kreditieren (§. 1403) und zugleich sich von dem Angewiesenen kreditieren zu lassen, oder weil der Anweisende dem Anweisungsempfänger schenken will, oder aus andern Gründen. Der Angewiesene braucht die Anweisung nicht anzunehmen, auch wenn er Schuldner des Anweisenden ist. Nach Preuß. Allg. Landr. §. 256 ist er bei Vermeidung der Haftung für Schadenersatz schuldig die Anweisung anzunehmen, wenn er dadurch nicht zu mehr verpflichtet
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wird, als er ohnedies dem Anweisenden schuldet. Solange der Angewiesene die Anweisung weder dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen noch diesem geleistet hat, darf der Anweisende ihm gegenüber die Anweisung widerrufen. Der Widerruf ist nicht mehr zulässig, wenn der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber die Anweisung auch nur angenommen hat. Hat er sie angenommen, so kann er nach Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch von dem Anweisenden, noch bevor er leistet, Vorschuß oder Sicherheit fordern, außer wenn etwas anderes bestimmt, oder auf Schuld angewiesen war.
Nach der Zahlung kann er gemäß §. 1335, Österr. Gesetzb. §. 1409 und dem Deutschen Entwurf §. 623 Ersatz von dem Anweisenden nach den Vorschriften über den «Auftrag» fordern, wenn sich nicht aus ihren Vereinbarungen etwas anderes ergiebt; war er Schuldner des Anweisenden, so wird er durch die Leistung von jener Schuld frei. Nach Preuß. Allg. Landr. §. 203 und nach Österr. Gesetzb. §. 1408 kommen zwischen dem Anweisenden und seinem angewiesenen Schuldner die Grundsätze von der Cession zur Anwendung.
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger ist nach der Natur des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts zu beurteilen. Im Zweifel ist der Anweisungsempfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern, und er hat den Anweisenden bei Vermeidung der Haftung auf Schadenersatz sofort zu benachrichtigen, wenn der Angewiesene die Leistung oder die Annahme weigert, solange der Angewiesene weder geleistet noch angenommen hat, darf der Anweisende auch dem Anweisungsempfänger gegenüber die Anweisung widerrufen, ausgenommen (Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 1335) der Fall, daß der Empfänger den Gegenstand zum eigenen Vorteil erheben sollte. Ist die Anweisung zur Tilgung einer Schuld an den Anweisungsempfänger gegeben, so kann dieser seine Forderung gegen den Anweisenden geltend machen, wenn der Angewiesene die Annahme der Anweisung oder die Leistung weigert, es sei denn, daß der Empfänger die Anweisung an Zahlungsstatt angenommen hat.
Der Angewiesene wird durch Annahme der Anweisung dem Anweisungsempfänger zur Leistung verpflichtet, ohne daß er sich diesem gegenüber auf Einreden berufen darf, welche ihm im Verhältnis zum Anweisenden zustanden. Für schriftliche Anweisung an Kaufleute hat das Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 300 dies in der Form ausgesprochen, die unterschriebene Annahmeerklärung auf der Anweisung gelte als ein dem Anweisungsempfänger geleistetes Zahlungsversprechen. Aus diesen Anweisung kann, wenn sie über Leistungen von Geld oder von einer Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere lauten, ohne daß die Leistung von einer Gegenleistung abhängig gemacht ist, gegen den angewiesenen Kaufmann, welcher sie angenommen hat, geklagt werden, auch wenn sie die Angabe eines Verpflichtungsgrundes (wie Darlehen, Kauf, «Wert erhalten» u. dgl.) nicht enthalten; derartige von einem Kaufmann ausgestellte Anweisung können, wenn sie an Order lauten, durch Indossament (wie ein Wechsel) übertragen und von jedem durch Indossament legitimierten Inhaber gegen den Angewiesenen, welcher die Anweisung angenommen hat, eingeklagt werden, ohne daß dem Kläger andere Einreden entgegengesetzt werden dürfen, als sie dem Beklagten unmittelbar gegen den Kläger (nicht aus einem Verhältnis gegen einen Indossanten) zustehen oder aus der Urkunde hervorgehen. (Handelsgesetzbuch Art. 301, 303.)
Für den Besitz hat das Preuß. Allg. Landr. I, 7, §. 67 die eigentümliche Vorschrift, daß, wenn der Besitz durch einen Dritten ausgeübt wird, die Übergabe dadurch vollzogen wird, daß der Besitzer demjenigen, welchem er übergeben will, erklärt, er weise den dritten Inhaber an, für den andern zu besitzen, und der neue Besitzer diese Erklärung annimmt, auch wenn der Inhaber noch nicht von jener Anweisung erfahren hat. Nur wird er dem neuen Besitzer verantwortlich erst, wenn er die Anweisung erfährt.