Antragsdel
ikte.
Obgleich in Deutschland [* 2] die Verfolgung des strafbaren Unrechts von Amts wegen die Regel bildet, so hängt doch bei einer Anzahl von Delikten die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens von einem besondern Antrage des Verletzten ab; so nach dem frühern Gemeinen Recht bei gewöhnlichen Injurien und Verleumdungen, Ehebruch, Entführung, Notzucht und Familiendiebstahl.
Nach geltendem deutschen
Strafrechte und in der Hauptsache auch nach dem Österr.
Entwurf von 1889 (das
geltende österr.
Strafgesetz kennt den
Strafantrag als
Voraussetzung der Verfolgung nur vereinzelt, so bei der Ehrenbeleidigung)
gehören zu den Antragsdel
ikte: feindliche Handlungen gegen befreundete
Staaten, deren
Regenten und Gesandte (§§. 102-104);
Hausfriedensbruch (§. 123, Abs. 1);
Täuschung bei Eingehung einer Ehe (§. 170);
Ehebruch (§. 172);
Erschleichung des Beischlafs und Verführung eines jungen Mädchens (§§. 179,182);
Beleidigung (§§. 185-187, 189);
einfache Körperverletzung § 223, 230);
Entführung (§§. 236, 237);
Diebstahl, Unterschlagung und Betrug gegen Angehörige u.dgl. (§§. 247,263);
fraudulöse Veräußerung bei drohender Zwangsvollstreckung (§. 288);
rechtswidrige Entziehung von Sachen aus dem Besitze des Pfandgläubigers u. dgl. (§. 289);
strafbare Ausübung der Jagd gegen Angehörige (ߧ. 292, 293);
Verletzung des Briefgeheimnisses (§. 299);
Verletzung des Berufsgeheimnisses durch Advokaten, Ärzte u. dgl. (§.300);
strafbares Kreditgeben an Minderjährige (§§. 301, 302);
Sachbeschädigung (§. 303);
Genußmittel- und Futterdiebstahl (§. 370, Nr. 5-6).
Ferner aus den besondern Strafgesetzen des Reichs namentlich die strafbaren Verletzungen der Urheber- und Erfinderrechte. ¶
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Antragsberechtigt ist der unmittelbar Verletzte; statt desselben, wenn er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, oder ein Geisteskranker und Taubstummer ist, der Vormund oder der gesetzliche Vertreter; neben demselben, wenn er über 18 Jahre, aber noch minderjährig ist, der gesetzliche Vertreter. Außerdem sind durch besondere gesetzliche Bestimmung zur Antragstellung berufen unter andern Eltern und Vormund der Verführten, Ehemänner und Väter der Beleidigten und Mißhandelten, die amtlichen Vorgesetzten. Mehrere Antragsberechtigungen sind voneinander unabhängig. - Der Strafantrag muß bei einem Gerichte oder bei der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei andern Behörden schriftlich angebracht werden (Strafprozeßordnung §. 156). Stellvertretung in der Erklärung, durch welche der Antrag gestellt wird, ist zulässig; Vertretung im Willen, d. h. in der Entschließung über die Stellung des Antrags wenigstens so weit, als die Wahrnehmung vermögensrechtlicher Interessen in Frage ist, z. B. Gutsverwaltung, Hausadministration. - In dem Antrage braucht die Handlung, deren Verfolgung bezweckt wird, in keiner Weise rechtlich qualifiziert zu sein; eine unrichtige Qualifikation ist unschädlich. Auch der Benennung oder Bezeichnung der zu verfolgenden Person bedarf es nicht. Dagegen muß der Antrag den Willen zum Ausdruck bringen, daß die bezeichnete Handlung strafrechtlich bestraft oder verfolgt werde. Ist das geschehen, so sind Vorbehalte und Beschränkungen wirkungslos; ebenso auflösende Bedingungen (s. d.); aufschiebende Bedingungen führen die Unwirksamkeit herbei. - Die Antragsberechtiguug ist an die Frist von drei Monaten, beginnend mit dem Tage, seit welchem der Berechtigte von der Handlung und von der Person des Thäters Kenntnis gehabt hat, gebunden. - Der Antrag ist unteilbar.
Die Verfolgung findet gegen sämtliche an der That Beteiligte sowie gegen den Begünstiger statt, auch
wenn nur gegen eine dieser Personen auf Bestrafung angetragen wurde. Die Unteilbarkeit erstreckt sich auch auf die Zurücknahme
des Antrags. Die Zurücknahme ist nur statthaft in den oben genannten Fällen der §§. 102, 103, 104, 185-187, 189, 247,
263, 292, 370, und, sofern die Vergehen gegen einen Angehörigen verübt sind, in den Fällen der Körperverletzung
und Sachbeschädigung. Zulässig ist die Zurücknahme nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urteils. - Von den
Antragsdelikte
verschieden sind diejenigen, deren Verfolgung nur mit Ermächtigung eintritt (so besonders die Beleidigung von Bundesfürsten
und -Regenten, von gesetzgebenden Versammlungen und polit. Körperschaften).