im Rechtsleben und im öffentlichen
Leben überhaupt die an eine Behörde oder sonstige öffentliche
Stelle
gerichtete formelle
Aufforderung, nach bestimmter
Richtung hin eine speziell bezeichnete Thätigkeit eintreten zu lassen. Dergleichen
Anträge werden entweder mündlich gestellt, so z. B. in einer Gerichtsverhandlung
von seiten des
Staatsanwalts oder des Verteidigers des Angeschuldigten, oder in einer Repräsentativversammlung von den Mitgliedern
der betreffenden
Körperschaft; oder sie werden schriftlich in besondern Eingaben und Gesuchen eingereicht.
Die Begründung des Antrags kann entweder so geschehen, daß in erster
Linie der Antrag gestellt und dann
dessen Begründung angefügt wird, oder so, daß zunächst das thatsächliche
Material vorgetragen, die nötigen Rechtsausführungen
beigefügt werden und endlich als logische Schlußfolgerung des Ganzen der bestimmt formulierte Antrag (z. B.
aufFreisprechung oder aufVerurteilung eines Angeschuldigten) gestellt wird, wie dies namentlich in den Gerichtsverhandlungen
zu geschehen pflegt.
Über die formelle Behandlung der Anträge enthalten die
Geschäftsordnungen der parlamentarischen
Körperschaften
regelmäßig nähere Vorschriften. So muß nach der
Geschäftsordnung des deutschen
Reichstags (§ 17 ff.) jeder Antrag, welcher
von Mitgliedern des
Hauses ausgeht, mit der Eingangsformel versehen sein: »Der
Reichstag wolle beschließen...«. Es gehören
dazu die
Unterschriften von 15 Mitgliedern. Anträge, welche einen
Gesetzentwurf enthalten, bedürfen ebenso
wie die Regierungsvorlagen einer dreimaligen Beratung.
In der ersten
Lesung sind Abänderungsanträge nicht zulässig, für die zweite Beratung sind sie ohne Unterstützung gestattet,
während ein
Abänderungsantrag für die dritte
Lesung von 30 Mitgliedern unterstützt sein muß. Anträge, welche keine
Gesetzentwürfe
enthalten, bedürfen einer nur einmaligen Beratung und
Abstimmung. Abänderungsanträge hierbei bedürfen
der Unterstützung von 30 Mitgliedern. Ein Antrag auf Vertagung oder auf
Schluß der
Debatte bedarf ebenfalls der Unterstützung
durch 30 Mitglieder.
Zu einem Vertrage gehören die in allen für den beabsichtigten Vertrag wesentlichen Punkten zusammenstimmenden
Entschließungen, welche die gegenüberstehenden Parteien einander erklärt haben. Im Privatrechtsverkehr
wird die Erklärung desjenigen, der den andern zur Abschließung eines Vertragsauffordert, Antrag oder Offerte genannt, wenn
sie so umfassend ist, daß die zustimmende Erklärung des andern Teils den Vertrag zu stande bringt. Die Offerte kann sein
die im voraus erklärte Annahme der von dem andern Teil erwarteten Zuwendung, wie einer Schenkung, einer
Bürgschaft, einer Cession;
oder ein Versprechen, wie das einer Schenkung, einer Mitgift, so daß der Anbietende mit der Annahmeerklärung
des andern Teils dessen Schuldner wird;
oder eine Zuwendungserklärung, durch welche ein Recht übertragen werden soll, wie
die Auflassung, so daß mit der Annahme das Eigentum auf den andern übergeht;
die Offerte kann auch zugleich
Versprechen und Annahmeerklärung sein.
Dies ist der Fall bei allen Verträgen, welche eine Verbindlichkeitauf beiden Seiten
erzeugen. Der Hauseigentümer bietet in seinem Hause die Wohnung im ersten Stock zu einem Mietpreise von 1800 M. auf sechs
Jahre einem andern an und verspricht damit, ihm die Wohnung in dieser Weise zu vermieten, indem er zugleich
im voraus dessen Versprechen, jährlich 1800 M. Mietzins zu zahlen, annimmt. Der andere nimmt den Antrag an, d. h.
er verspricht jährlich 1800 M. Mietzins für die Wohnung zu zahlen und nimmt das Versprechen des Hauseigentümers, ihm
dafür die Wohnung zu vermieten, an. Nach Gemeinem Recht ist der Antragende so lange an seine Offerte nicht gebunden, als
dieselbe nicht von dem andern Teil angenommen ist.
Zweckmäßiger bestimmt das Deutsche
[* 2] Handelsgesetzbuch Art. 318: Über einen Antrag unter Gegenwärtigen muß die Erklärung sogleich
abgegeben werden, widrigenfalls der Antragende an seinen Antrag nicht länger gebunden ist. Das
bedeutet: Der Antragende kann seine nicht sogleich angenommene Offerte zurückziehen. Es bedeutet auch: Ein Vertrag kommt
nicht zu stande, wenn die nicht zurückgenommene Offerte von dem andern nicht sogleich, sondern erst später, etwa am andern
Tage brieflich angenommen wird. Natürlich kann sich der Offerent diese spätere Annahme gefallen lassen,
aber er braucht es nicht. Er kann auch dem andern eine Frist für die Annahme bewilligen (Bedenkzeit). In diesem Fall bleibt
der Antragende bis zum Ablauf
[* 3] der Frist oder bis zur Erklärung des andern innerhalb dieser Frist gebunden. Art. 319: Bei
einem unter Abwesenden (durch Brief oder Boten oder Telegramm oder Telephon) gestellten Antrag bleibt
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der Antragende bis zu dem Zeitpunkt gebunden, in welchem er bei ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung der Antwort den
Eingang der letztern erwarten darf. Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahme erst nach diesem Zeitpunkt ein, so besteht der
Vertrag nicht, wenn der Antragende in der Zwischenzeit oder ohne Verzug nach dem Eintreffen der Annahme
von seinem Rücktritt Nachricht gegeben hat. Ähnliche Bestimmungen enthalten das Preuß. Allg. Landr. 1,5, §§. 90 fg.,
Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 862 und der Deutsche Entwurf §. 122. Nach allen Landesrechten versteht es sich von selbst, daß der
Antragende nicht gebunden ist, wenn er dies bei dem Antrag erklärt, z. B.
mit dem Worte (freibleibend", so daß er sich die Erklärung auf die Antwort des andern Teils vorbehält. Die Annahme einer
Offerte kann unter Umständen darin gefunden werden, daß sie nicht abgelehnt wird. Nach Handelsgesetzbuch Art. 323 ist der
Kaufmann, welcher mit einem Auftraggeber in Geschäftsverbindung steht, oder welcher sich gegen diesen
zur Ausführung solcher Aufträge erboten hat, zu einer Antwort ohne Zögern verpflichtet, widrigenfalls sein Schweigen als
Übernahme des Auftrags gilt. Eine bedingte Annahme gilt als Ablehnung des Antrag verbunden mit einem neuen Antrag. Die im Handel gebräuchliche
Versendung von Preiscouranten und geschäftlichen Annoncen enthalten keine verbindliche Offerte, sondern
eine Einladung zur Abgabe solcher an das Publikum oder den Adressaten. (S. Acceptation.)
Im Civilprozeß bedeutet Antrag das an den Richter gestellte Begehren einer Partei. Das Begehren kann sich auf das Verfahren (prozessualer
Antrag) oder auf die Sache selbst (sachlicher Antrag, petitum) beziehen. Letzterer bestimmt und grenzt ab,
worüber der Richter entscheiden soll. Sie unterliegen im Anwaltsprozeß (s. d.) besondern Kautelen, indem
sie rechtzeitig durch vorbereitende Schriftsätze anzukündigen, in der mündlichen Verhandlung aus den Schriftsätzen zu
verlesen oder in Protokollanlagen zu fixieren und im Urteil hervorzuheben sind. In keinem Falle ist der Richter befugt, über
dieselben hinaus einer Partei etwas zuzusprechen. Die wichtigsten Sachanträge bilden diejenigen in Klage
und Widerklage, wie in den Rechtsmittelinstanzen.
Im parlamentarischen Leben nennt man Antrag eine bestimmt formulierte Anregung zur Fassung eines parlamentarischen
Beschlusses. Man unterscheidet materielle oder sachliche und formelle oder sog.
geschäftsleitende Antrag. Die letztern bezwecken lediglich eine Einwirkung auf den Gang
[* 5] der Verhandlungen (z. B. Vertagungsanträge,
Antrag wegen Festsetzung der Tagesordnung u. s. w.); bei den erstern ist es darauf abgesehen, daß die Versammlung
(die Kammer, der Reichstag) materiell in einer bestimmten Angelegenheit sich entscheide.
Wird ein materieller von der Versammlung angenommen, so wird er dadurch zu einem Willensausdruck der Versammlung selbst und,
soweit es sich um die Regelung irgend einer materiellen Frage handelt, zu einem Antrag gegenüber dem andern oder
den andern gesetzgebenden Faktoren. Wo zwei Kammern sind, kann ein solcher Antrag nicht eher an die Regierung
gebracht werden, als bis beide Kammern sich darüber geeinigt haben. Einseitige der einen oder andern Kammer haben nur eine
moralische Wirkung, können
aber als Anregung zu neuen Vorschlägen dienen, über die Formen und Bedingungen der Einbringung
eines Antrag sowie über die verschiedenen Arten der Inbetrachtnahme oder Zurückweisung u. a. m. bestimmt
die Geschäftsordnung.
Gewöhnlich unterscheidet man zwischen selbständigen oder sog. Uranträgen und solchen, die
bei Gelegenheit eines schon in Beratung befindlichen Gegenstandes (eines Urantrags oder eines Gesetzentwurfs) zu diesen gestellt
werden. Letztere heißen auch Abänderungsvorschläge (s. d.) oder Amendements. Im DeutschenReichstag können nach Abschluß
der ersten bis zum Beginn der dritten Lesung eines Gesetzentwurfs Abänderungsanträge ohne jede Unterstützung
gestellt werden, anderweitige Antrag bedürfen der Unterstützung von 15 Mitgliedern; Abänderungsanträge zu Gesetzentwürfen
bei der dritten Beratung sowie solche zu Antrag, welche keinen Gesetzentwurf enthalten, der Unterstützung von 30 Mitgliedern;
der letztern Art werden in einmaliger Beratung und Abstimmung erledigt, Gesetzentwürfe und alle Antrag des
Bundesrates bedürfen dreimaliger Lesung. Die erste Lesung eines Gesetzentwurfes (s. d.) läßt Abänderungsanträge
nicht zu.