Titel
Antonius,
Name eines römischen Geschlechts, von dessen Mitgliedern folgende als die berühmtesten zu erwähnen sind:
1) Marcus Antonius, einer der ausgezeichnetsten Redner seiner Zeit, weshalb er gewöhnlich den Beinamen Orator (der Redner) führt, geb. 143 v. Chr., war 113 Quästor in Asien, 104 Prätor, 99 Konsul und 97 Zensor. Im J. 87 ward er auf Befehl des Marius ermordet. Im J. 103 führte er als Proprätor von Kilikien den Krieg mit Glück gegen die dortigen Seeräuber. Er vermied es grundsätzlich, seine Reden zu veröffentlichen, von denen daher nichts erhalten ist; aber auch die von ihm veröffentlichte kleine Schrift »De ratione dicendi« ist verloren gegangen.
2) Gajus Antonius Hybrida, Sohn des vorigen, begleitete Sulla im Kriege gegen Mithridates und wurde 83 v. Chr. von ihm in Griechenland zurückgelassen, wo er sich durch Erpressungen und Plünderungen einen übeln Namen machte. Im J. 70 wurde er aus dem Senat gestoßen, aber bald wieder eingesetzt, so daß er mit Cicero zusammen 66 zur Prätur, 63 zum Konsulat gelangen konnte. Er war ein Gesinnungsgenosse Catilinas, wurde aber von Cicero dadurch auf seine Partei herübergezogen, daß er ihm die Provinz Makedonien überließ; als er indes mit einem Heer nach Etrurien gegen Catilina geschickt wurde, übergab er unter dem Vorwand von Krankheit den Oberbefehl für die Schlacht seinem Legaten M. Petrejus, der den Catilina bei Pistoria besiegte. Nach der Rückkehr aus seiner Provinz Makedonien wurde er 59 wegen der dortigen Erpressungen und zugleich wegen Teilnahme an der Catilinarischen Verschwörung angeklagt und nach Cephalonia verbannt, später aber von Cäsar zurückgerufen. Seine weitern Schicksale sind unbekannt.
3) Marcus der Triumvir, Sohn des Marcus Antonius Creticus und der Julia, einer Verwandten Cäsars, Enkel von Antonius 1) und Neffe von Antonius 2), geboren wahrscheinlich 83 v. Chr., begab sich 58 nach Griechenland, um nach der Gewohnheit vornehmer römischer Jünglinge dort seine Studien zu machen, wurde aber bald von Antonius Gabinius, dem Statthalter von Syrien, von da abgerufen, in dessen Dienst er als Anführer der Reiterei an den Kriegen in Palästina teilnahm. Im J. 54 aber begab er sich nach Gallien zu Cäsar, dem er sich von nun an als das geschickteste und nützlichste Werkzeug bewies. Er nahm hierauf an dem Gallischen Krieg thätigen Anteil, auch 53, wo er die Quästur bekleidete, bewarb sich dann 50 um das Volkstribunat und führte als Tribun in den ersten Tagen von 49 bei den Verhandlungen des Senats die Sache Cäsars, floh, als der Senat dem letztern feindselige Beschlüsse faßte, mit seinem Kollegen Cassius nach Ravenna zu Cäsar, unterstützte diesen in dem Kriegszug, durch welchen Pompejus und seine Anhänger aus Italien vertrieben wurden, wurde hierauf, als Cäsar nach Spanien gegen die dortigen Pompejaner zog, als Oberbefehlshaber in Italien zurückgelassen, begleitete aber wiederum Cäsar 48 nach Griechenland, wo er ihm in den Gefechten bei Dyrrhachium und in der Schlacht bei Pharsalus wesentliche Dienste leistete.
Nach dieser Schlacht wurde er von Cäsar, welchem der Senat (zum zweitenmal) die Diktatur übertrug, zum Magister equitum ernannt, als welcher er in Italien bis zu Cäsars Rückkehr aus dem Alexandrinischen Krieg eine unbeschränkte Herrschaft führte. An den nun folgenden Kriegen Cäsars, dem Afrikanischen und Spanischen, nahm er keinen Teil, wie es scheint infolge einer gewissen Entfremdung, versöhnte sich aber und wurde danach mit ihm zusammen für 44 zum Konsul ernannt.
Die Ermordung Cäsars an den Iden des März 44 eröffnete Antonius die Aussicht, sich an dessen Stelle als Alleinherrscher zu setzen, die er sofort ergriff und mit ebensoviel Vorsicht wie Energie verfolgte. Zunächst zeigte er dem Senat und den Verschwornen, um sie nicht zum Widerstand zu reizen, Versöhnlichkeit und Nachsicht; er ließ durch den Senat eine allgemeine Amnestie beschließen und traf auch sonst einige der Gegenpartei günstige Maßregeln. Daneben aber reizte er das Volk durch eine fein berechnete Rede beim Begräbnis Cäsars gegen die Verschwornen auf, so daß dieselben sich veranlaßt sahen, Rom zu verlassen.; namentlich aber zog er die Veteranen Cäsars an sich, mit denen er sich wie mit einer Leibwache umgab, und als er sich hierdurch hinlänglich gesichert glaubte, nötigte er den Senat, ihm das cisalpinische Gallien, obgleich dasselbe schon früher von Cäsar selbst dem D. Brutus, einem der Verschwornen, bestimmt und von demselben bereits in Besitz genommen war, und die von Cäsar zu dem von ihm beabsichtigten Parthischen Feldzug nach Apollonia vorausgeschickten Legionen zu überlassen, und mit diesen nach Italien zurückberufenen Legionen war er im Oktober 44 bereits auf dem Marsch nach dem cisalpinischen Gallien, um es dem Brutus zu entreißen. Da erhob sich gegen ihn der von Cäsar adoptierte Enkel seiner Schwester, Gajus Octavianus.
Dieser war auf die Nachricht von Cäsars Ermordung von Apollonia, wohin er ebenfalls von Cäsar vorausgeschickt worden war, nach Rom geeilt, wo er sich im Lauf des Sommers bemühte, das Volk, die Veteranen und auch den Senat für sich zu gewinnen, und als jetzt (im Herbst 44) Antonius seine Herrschaft an der Spitze der Legionen zu begründen schien, sammelte er in Kampanien einige Tausend Veteranen um sich; es gelang ihm ferner, einen Teil der Legionen des Antonius zum Abfall zu verlocken, und als daher der Senat, hauptsächlich durch die Beredsamkeit Ciceros (durch dessen Philippische Reden) bewogen, ihn und die Konsuln von 43 mit der Führung des Kriegs gegen Antonius beauftragte, der den D. Brutus in Mutina belagerte, so begann er diesen Krieg (er wird der Mutinensische genannt), der mit einer völligen Niederlage des Antonius endete (April 43). Es schien sonach der Untergang des Antonius und der Sieg der Senatspartei völlig entschieden.
Allein Octavianus hatte sich dem Senat nur zu dem Zweck angeschlossen, um dem Antonius das Gegengewicht halten zu können. Jetzt, nachdem dieser gedemütigt, weigerte er sich, ihn auf die Aufforderung des Senats zu verfolgen, und machte es ihm dadurch möglich, sich mit M. Ämilius Lepidus im jenseitigen Gallien zu vereinigen, wodurch er wieder in Besitz eines starken Heers gelangte; er zog vielmehr an der Spitze seines Heers nach Rom, ließ sich dort zum Konsul ernennen (19. Aug.) und knüpfte darauf Unterhandlungen mit Antonius und Lepidus an, die zu dem (zweiten) Triumvirat führten, welches im Oktober 43 in Oberitalien geschlossen wurde. Der Zweck des Triumvirats ging dahin, alle Gegner in Rom aus
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dem Weg zu räumen, weshalb durch die Proskriptionen eine große Anzahl der angesehensten Männer (unter ihnen auch Cicero) ermordet wurde, namentlich aber die Streitkräfte der Senatspartei, die im Osten des Reichs von M. Brutus und Gajus Cassius gesammelt worden waren, gemeinschaftlich zu bekämpfen. Gegen diese zogen also Antonius und Octavianus und lieferten ihnen die zwei Schlachten bei Philippi, in welchen sie völlig geschlagen wurden und Brutus und Cassius selbst den Tod fanden.
Hiermit war die Senatspartei und dadurch zugleich die Republik, soweit von einer solchen noch die Rede sein konnte, vernichtet. Antonius wandte sich nun nach dem Osten, um diesen zu beruhigen und zu ordnen, brachte aber bis zu seinem letzten Kampf mit Octavianus, durch die Reize der Kleopatra gefesselt, seine Zeit hauptsächlich zu Alexandria in Schwelgerei und Trägheit zu, aus welcher er, von zwei ruhmlosen Feldzügen gegen die Parther abgesehen, sich nur selten und auf kurze Zeit aufraffte.
Octavianus ging nach Italien zurück, wo er die schwere Aufgabe zu lösen hatte, die nicht weniger als 34 Legionen zählenden Truppen zu befriedigen und einige Ordnung in den Verhältnissen Italiens und des Westens überhaupt herzustellen. Er hatte deshalb zunächst einen Krieg mit Fulvia, der Gemahlin, und Lucius Antonius, dem Bruder des Marcus Antonius, den sogen. Perusinischen, zu bestehen, und nicht minder schwierig war der sogen. Sizilische Krieg (38-36) gegen Sextus Pompejus, den Sohn des Gnäus Pompejus, welcher sich nach der Niederlage der Pompejanischen Partei an der Spitze einer mächtigen Flotte behauptet hatte.
Während dieser Zeit kam Antonius 40 auf Veranlassung des Perusinischen Kriegs in feindseliger Stimmung gegen Octavianus nach Italien; indes wurde die Eintracht zwischen beiden Triumvirn durch den brundusinischen Vertrag wiederhergestellt, so daß den Octavianus 36 im Sizilischen Krieg noch mit seiner Flotte unterstützte. Octavianus suchte hierauf den Bruch mit Antonius aufs sorgfältigste zu vermeiden (Lepidus war von Octavianus 36 aus dem Triumvirat ausgeschlossen worden, weil er einen Versuch machte, sich eine selbständigere Stellung zu erzwingen); er benutzte die nächstfolgenden Jahre, um seine Streitkräfte zu verstärken und seine Stellung in Rom, dem Mittelpunkt des Reichs, zu befestigen, während in Alexandria durch seine Schwelgereien und durch die Willkür, mit der er über die Königreiche und Provinzen des Ostens zu gunsten der Kleopatra und ihrer Kinder verfügte, die Gemüter von sich entfremdete und seine Macht untergrub. Im J. 33 aber kam es zuerst zu gereizten Verhandlungen zwischen beiden Triumvirn, und zu Anfang des Jahrs 32 wurde hierauf im Senat der Krieg gegen Kleopatra, d. h. gegen Antonius, erklärt. Antonius bot gegen seinen Nebenbuhler die gesamten Streitkräfte des Ostens auf, versäumte aber auch jetzt mehrere günstige Gelegenheiten, und als es 2. Sept. 31 zu der großen Schlacht bei dem Vorgebirge Actium kam, gab er selbst den Kampf auf, indem er der Kleopatra, welche die Schlacht, ehe sie entschieden war, mit ihren 60 Schiffen verließ, nach Ägypten folgte. Er versuchte von da aus noch Verhandlungen mit Octavianus, die aber zu keinem Ergebnis führten, wagte auch einen Angriff auf Octavianus, der 30 in Ägypten eingedrungen war, wurde aber von seinen Truppen verlassen, und als nun Kleopatra, welche den Octavianus für sich zu gewinnen suchte, die Nachricht an ihn gelangen ließ, daß sie sich getötet habe, brachte er sich mit dem Schwert eine schwere Wunde bei, ließ sich aber, als er erfuhr, daß jene Nachricht unbegründet, noch lebend zu Kleopatra bringen, um in ihren Armen zu sterben.