Antonelli
,
Giacomo, röm.
Kardinal-Staatssekretär, geb. zu
Sonnino, einem
Flecken an der
neapolitanischen
Grenze, aus einer heruntergekommenen
Familie, kam, als sein Geburtsort 1819 durch die päpstliche Gendarmerie
als berüchtigtes Räubernest zerstört wurde, nach
Rom und
[* 2] trat hier in das
Große
Seminar, wo er sich bald durch seine
Talente
auszeichnete. Nachdem er die niedern
Weihen als
Diakon empfangen, zog ihn der
Papst
Gregor XVI. in seine
Nähe und bestimmte ihn für die staatsmännische Laufbahn. Antonelli
ward zum
Prälaten erhoben, war dann als
Assessor beim obersten
Strafgerichtshof, später als
Delegat in
Orvieto,
Viterbo und
Macerata thätig und wurde 1841 zum
Unterstaatssekretär in der
Verwaltung des Innern, 1844 zum zweiten Schatzmeister im
Finanzwesen, 1845 aber zum Großschatzmeister
(Finanzminister) ernannt.
Als Pius IX. den päpstlichen Thron [* 3] bestieg, ging er eifrig auf dessen liberale Reformbestrebungen ein und gewann bald einen maßgebenden Einfluß auf denselben. Am erhielt den Kardinalshut, [* 4] und zugleich trat er in den ersten förmlichen Ministerrat ein, mit dessen Bildung Pius IX. seine politischen Reformen eröffnete. Als Anfang März. 1848 die Bildung eines aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern gemischten Ministeriums erfolgte, übernahm den Vorsitz in demselben.
Während der
Papst 14. März ein
Staatsgrundgesetz proklamierte, schmeichelte der nationalen
Stimmung, indem er
die 10,000 Mann starke päpstliche
Armee an die nördliche
Grenze schickte, von wo das
Korps zur Unterstützung der Piemontesen
in die
Lombardei einrückte. Nach der
Kapitulation der römischen
Truppen zu
Vicenza versicherte der
Papst auf Antonellis
Andringen, daß er seine
Truppen nicht zur Bekämpfung der
Österreicher abgesendet
habe. Seitdem betrieb
den Anschluß an
Österreich
[* 5] und möglichste Wiederherstellung des alten Zustandes.
Der Unwille des
Volks über diesen
Abfall von der nationalen
Sache äußerte sich in
Rom so drohend, daß Antonelli
und seine
Kollegen
einem
Ministerium
Mamiani Platz machen mußten. Antonelli
ward nun der geheime
Leiter und Ratgeber des
Papstes,
der auf seinen
Rat zunächst den
Grafen
Rossi an
Mamianis
Stelle berief. Antonelli
war es auch, der nach dem
Angriff des
Volks auf den
Quirinal den
Papst zur
Flucht nach
Gaeta bewog, wo er mit der
Würde eines
Staatssekretärs bekleidet wurde. Nach Wiederherstellung
der päpstlichen
Gewalt durch die französische
Intervention trat der mit dem
Papst
nach
Rom zurückgekehrt war, an die
Spitze des neuerrichteten
Staatsrats, reorganisierte die
Verwaltung, verfolgte seine politischen
Gegner auf das härteste und führte, entschlossen und schlau, ein streng absolutistisches Polizeiregiment ein.
Alle
Mahnungen der Mächte zur Mäßigung und zu zeitgemäßen
Reformen wies er hartnäckig zurück, verstand
sich auch zu keinem Zugeständnis an die nationalen
Wünsche der
Italiener und begleitete die »Beraubungen« des
Kirchenstaats
durch das neue
Königreich
Italien
[* 6] mit ohnmächtigen
Protesten. Auch die kirchliche
Politik
Pius' IX. unterstützte er durch seine
gewandt geschriebenen
Noten. Wenn er auch selbst, innerlich frivol und religiös gleichgültig, aus weltlicher
Klugheit manchmal gern sich nachgiebig gezeigt und hierdurch die
Gunst der Mächte sich gesichert hätte, so wollte er doch
vor allem nicht sein
Amt und seine
Gewalt vertieren und fügte sich daher den
Wünschen des von den
Jesuiten beherrschten
und über die
Lage der
Dinge verblendeten
Papstes. Er starb in
Rom und hinterließ ein bedeutendes
Vermögen, über
das sich ein skandalöser
Prozeß zwischen einer angeblichen Tochter Antonellis
, Gräfin
Lambertini, und seinen Verwandten
entspann.