Titel
Anton
(Abkürzung des röm. Namens Antonius, franz. Antoine), Name einiger bemerkenswerter Fürsten:
1) von
Bourbon, seit 1555 Titularkönig von
Navarra, ältester Sohn des
Herzogs
Karl von
Vendôme, geb. vermählt 1548 mit
Johanna d'Albret, der Tochter und Erbin
Heinrichs II. von
Navarra,
Vater
Heinrichs IV. von
Frankreich, war
mit seinem
Bruder
Ludwig von
Condé das
Haupt der hugenottisch-bourbonischen
Verbindung gegen die
Guisen, wurde aber verhaftet
und erst nach
Franz' II.
Tod befreit und von den Häuptern des
Katholizismus zum
Abfall von seinen
Glaubensgenossen bewogen. Anton
ward hierauf Generalstatthalter des
Reichs, schloß sich dem katholischen
Triumvirat des
Herzogs
Franz von
Guise, des
Connetable von
Montmorency und des
Marschalls von
Saint-André an, kämpfte gegen die
Hugenotten, nahm
Bourges
ein und belagerte 1562
Rouen.
[* 2] An den
Folgen einer hier erhaltenen
Wunde starb er in
Andelys.
2) Anton
Ulrich,
Herzog von
Braunschweig-Wolfenbüttel, dritter Sohn des
Herzogs
August und der
Prinzessin
Dorothea von
Anhalt-Zerbst,
geb. zu
Hitzacker, war 1685-1702 Mitregent seines
Bruders
Rudolf
August; nach des letztern
Tode durch den
Kaiser entsetzt,
folgte er 1704 als alleiniger
Regent und trat 1710 in
Bamberg
[* 3] öffentlich zur katholischen
Kirche über.
Er war mit der
Prinzessin
Elisabeth Juliane von
Holstein-Norburg vermählt, welche ihm 13
Kinder gebar. Anton
starb Ein
eifriger
Pfleger der
Wissenschaften und
Künste und Mitglied der
Fruchtbringenden Gesellschaft, dichtete er außer einigen für
Hoffeste bestimmten
Singspielen 61 geistliche
Lieder, die unter dem
Titel: »Christfürstliches
Davids Harpffenspiel«
(Nürnb. 1667, Wolfenb. 1670) erschienen und, von Wendebourg
(Halle
[* 4] 1856) in Auswahl herausgegeben, zum Teil auch in Gesangbüchern
Aufnahme fanden;
außerdem zwei Romane: »Die durchlauchtige Syrerin Aramena« (Nürnb. 1669-73, 5 Bde.; kürzer bearbeitet von S. A[lbrecht]., Berl. 1782, 3 Bde.) und die »Römische [* 5] Octavia« (Nürnb. 1685-1707, 7 Bde.; Braunschw. 1712).
Obwohl letzterer Roman im 1. Jahrh. n. Chr. spielt, sind darin in einer Episode: »Geschichte der Prinzessin Solane«, die Schicksale der sogen. Prinzessin von Ahlden, Sophie Dorothea (s. Sophie), behandelt worden.
Vgl.
Hoeck, Anton
Ulrich und
Elisabeth
Christine von
Braunschweig
[* 6] (Wolfenb. 1845);
Cholevius, Die bedeutendsten deutschen Romane des 17. Jahrhunderts (Leipz. 1866).
3) Anton
Ulrich,
Prinz von
Braunschweig, zweiter Sohn
Ferdinand
Alberts,
Herzogs von
Braunschweig-Bevern,
Bruder des berühmten preußischen
Generals
Herzogs
Ferdinand, geb. kam 1733 auf
Wunsch der
Kaiserin
Anna, die ihn zum Gemahl für ihre
Nichte
Anna Leopoldowna
(s.
Anna
8) bestimmt hatte, nach Rußland. Seine Vermählung mit
Anna fand erst 1739 statt. Der aus dieser
Ehe hervorgegangene
Iwan wurde von der
Kaiserin zu ihrem künftigen Nachfolger ernannt, bis zu dessen Volljährigkeit
Biron die
Regentschaft führen sollte. Anton
aber ward nebst seiner Gemahlin von allen Regierungsgeschäften fern gehalten.
Als er bald nach dem Tode der Kaiserin Anna bei Gelegenheit einer gegen Biron gerichteten Verschwörung kompromittiert erschien, überhäufte ihn der Regent mit Schmähungen, nötigte ihn, allen seinen militärischen Ämtern zu entsagen, und drohte ihn aus Rußland zu entfernen. Nach Birons Sturz wurde der Prinz von seiner Gemahlin, der Regentin Anna, zum Generalissimus erhoben. Anna wurde jedoch entthront und nebst ihrem Gemahl und ihren Kindern in die Citadelle von Riga [* 7] eingesperrt, später nach Dünamünde und endlich nach Cholmogory im Gouvernement Archangelsk geschleppt, wo die entthronte Fürstin im Elend und unter Entbehrungen 1746 starb.
Katharina II. ließ bald nach ihrer Thronbesteigung den Vorschlag machen, für seine Person Rußland zu verlassen; seine Kinder aber sollten zurückbleiben, da man ihnen aus politischen Gründen nicht die Freiheit geben könne. Allein der Vater zog die Gefangenschaft mit seinen Kindern der Freiheit ohne dieselben vor und starb, in der letzten Zeit fast völlig erblindet, erst Sein Sohn Iwan wurde 1764 in Schlüsselburg ermordet (s. Iwan). Seine übrigen vier Kinder ließ man endlich 1780 frei, Katharina II. verwilligte ihnen einen Jahrgehalt und schickte sie nach Horsens in Jütland, wo sie in stiller Zurückgezogenheit ihr Leben beschlossen.
Vgl. Brückner, Die Familie Braunschweig in Rußland im 18. Jahrhundert (Petersb. 1876).
4) Anton
Klemens
Theodor, König von
Sachsen,
[* 8] zweiter Sohn des
Kurfürsten
Friedrich
Christian von
Sachsen und der
Marie Antonie
von
Bayern,
[* 9] geb. lebte, ursprünglich für den geistlichen
Stand bestimmt, bis zu seinem 72. Jahr in großer Zurückgezogenheit,
meist auf dem
Schloß Wesenstein, der
Musik, genealogischen
Studien und Andachtsübungen sich widmend. Er
vermählte sich 1781 mit
Marie
Karoline Antonie von
Sardinien
[* 10] und, nachdem diese schon im folgenden Jahr kinderlos gestorben, 1787 mit
Maria Theresia von
Toscana, der Tochter des
Kaisers
Leopold II., welche ihm vier
Kinder gebar, die aber frühzeitig starben. Am in
seinem 72. Lebensjahr durch den
Tod seines
Bruders
Friedrich
August I. auf den sächsischen
Thron
[* 11] berufen, erklärte er, daß
er im
Geist seines verstorbenen
Bruders regieren werde, konnte aber hierdurch die
Wünsche nach einer
Reform der sächsischen
Zustände ebensowenig zufriedenstellen als durch
Verordnungen, die einigen, aber nicht den wesentlichsten
Übelständen abhalfen.
Die Begünstigung des Katholizismus, die Übergriffe der Hofgeistlichkeit und die von dem Kabinettsminister v. Einsiedel begünstigte scheinheilige Orthodoxie vermehrten die Unzufriedenheit, welche 1830 offen ausbrach. Anton nahm den Prinzen Friedrich August, den Sohn seines Bruders Maximilian, nach des letztern Entsagung als präsumtiven Thronerben zum Mitregenten an. Er verlebte den Rest seines Lebens ohne rege Teilnahme an den Staatsangelegenheiten und starb in Pillnitz.
5) Anton Ulrich, Herzog von Sachsen-Meiningen, jüngster Sohn Herzog Bernhards I., geb. 1687, kämpfte während des spanischen Erbfolgekriegs als pfalz-neuburgischer Offizier in den Niederlanden. ¶
mehr
Im J. 1711 vermählte er sich mit Philippine Elisabeth Cäsar, der Tochter eines hessen-kasselschen Hauptmanns, welche von Kaiser Karl VI. in den Reichsfürstenstand erhoben wurde; doch erklärte Kaiser Franz I. infolge des Widerspruchs, den die fürstlichen Verwandten gegen die Successionsfähigkeit der Kinder aus dieser Ehe erhoben, diese Standeserhöhung 1747 für ungültig. Im J. 1724 nötigte er seinen Bruder Friedrich Wilhelm, die von diesem eingeführte Primogenitur auf seine eignen Söhne zu beschränken und ihm Anteil an der Regierung einzuräumen.
Der fortdauernde Zwist mit seinen Verwandten war die Veranlassung, daß Anton meist außer Landes, bald in Wien, [* 13] bald in Frankfurt [* 14] a. M., lebte, bis er, seit 1744 Witwer, durch den Tod seiner Brüder und Neffen 1746 alleiniger Regent wurde. Die Verhaftung des Oberlandjägermeisters v. Gleichen und dessen intriganter Gemahlin führte, da Anton die vom Kaiser gebotene Freilassung verweigerte, 1747 im Einrücken sachsen-gothaischer Exekutionstruppen in das Meiningische (Wasunger Krieg), und erst nach einem Jahr ward die Sache friedlich geschlichtet.
Bald darauf entstand aber eine neue Fehde mit Sachsen-Saalfeld, in deren Folge 1752 kurfürstlich sächsische und brandenburg-ansbachische Exekutionstruppen in das Herzogtum einrückten. Auch dieser Zwist ward 1753 durch einen Vergleich beendet. Unter solchen Wirren konnte das Wohl des Volks nicht gedeihen; dennoch ist Anton dadurch, daß er viele gewerbliche Keime im Land pflanzte, die später Tausende von Händen beschäftigten, ein Wohlthäter seines Landes geworden. Er vermählte sich 1750 mit Charlotte Amalie, Prinzessin von Hessen-Philippsthal, die ihm noch vier Töchter und vier Söhne gebar. Anton starb in Frankfurt a. M.