Antitrinit
arier,
im Zeitalter der Reformation gemeinsame Bezeichnung aller Gegner der Lehre [* 2] von der Dreieinigkeit. Während die Reformatoren diese Lehre (s. Trinität) als unantastbares, wenn auch unbegreifliches Lehrstück festhielten, wollten andere sie einer kritischen Neubildung unterwerfen, sei es nach Aussagen der Heiligen Schrift, sei es nach den allgemeinen Regeln des Denkens. Von ihren Zeitgenossen sind diese, wie Hans Denk (s. d.), Seb. Frank (s. d.) und die übrigen Leitenden unter den Wiedertäufern, als Bekämpfer der Trinität bezeichnet worden.
Über die Leugnung der sog. Wesenstrinität ging der
Spanier Servet (s. d.) nicht hinaus, weiter ging der
Niederländer Joh.
Campanus (s. d.), während
David Joris (s. d.) und Heinr.
Niclaes (s. Familisten) in der
Trinität nur das
Symbol dreier Weltalter
sehen, in denen das
Heil sich verwirklicht. Die eigentliche
Heimat der antitrinit
arischen
Richtung ist
Italien,
[* 3] wo die reformatorische
Bewegung im
Bunde mit der humanistischen in gewissen Hauptvertretern eine entschieden kritische
Richtung
annahm. Als dann die
Inquisition diese
Männer zwang, ihr Vaterland zu verlassen, wurden die
Keime der antitrinit
arischen Kritik
in andere prot. Gegenden, besonders die
Schweiz,
[* 4] übertragen. Hervorzuheben sind: Claudius von Savoyen,
der seit 1534 in Bern,
[* 5] Basel
[* 6] und Wittenberg
[* 7] lehrte,
Christus sei bloßer
Mensch, der
Heilige
Geist ein Geschöpf, 1537 zu Lausanne
[* 8] widerrief,
aber dennoch
¶
mehr
bis 1550 hin und wieder in Oberdeutschland sein Wesen trieb;
Bartolomeo Maturo, Prior eines Dominikanerklosters zu Cremona, dann Prediger im Veltlin;
Agostino Mainardo von Saluzzo, Augustinermönch und Doktor der Theologie, seit 1539 Prediger in Chiavenna;
Francesco Stancaro aus Mantua, [* 10] der lehrte, Christus sei nur seiner menschlichen Natur nach unser Mittler;
Matteo Gribaldo aus Piemont (gest. 1564);
Paolo Alciati (gest. um 1565 in Danzig); [* 11]
Valentino Gentile (1566 in Bern enthauptet).
Erst durch die Lehre der Sozzini (s. Socinianer) erhielt die antitrinit
arische Richtung ihren dogmatischen
Rückhalt, später in England ihre volle Ausbildung. In der Schweiz und in Deutschland
[* 12] grausam verfolgt,
fanden die in Polen und Siebenbürgen Unterkunft und bildeten hier zum Teil heute noch blühende Kirchengemeinschaften. -
Vgl.
Trechsel, Die protestantischen Antitrinit
arier vor F. Socin (2 Bde., Heidelb. 1839-44);
R. Wallace, Antitrinit
arian Biography (Lond. 1850);
Bonet-Maury, Origines du Christianisme unitaire (Par. 1881).