Titel
Antimon
oder
Spießglanz (lat.
Regulus Antimonii
und
Stibium; chem. Zeichen = Sb;
Atomgewicht = 120,3), ein in der Natur
spärlich verbreitetes Element, das in seinen Eigenschaften dem
Arsen am nächsten kommt. Die am häufigsten vorkommende Antimon
verbindung
Schwefelantimon
war schon den Alten bekannt;
Plinius nannte es
Stibium Alabastrum oder Larbason,
Dioskorides
erwähnt es unter dem
Namen Stippi oder Stibi; der
Name
Antimonium findet sich zuerst in lat.
Übersetzungen Geberscher
Schriften.
Basilius
Valentinus lehrte daraus das und viele seiner
Verbindungen darstellen. Zu seiner Gewinnung dient hauptsächlich das
Erz Grauspießglanz, aus dem durch Aussaigern und
Befreiung von Gangart zunächst Antimonum
crudum, rohes
Antimonsulfür gewonnen wird. Um dieses in metallisches Antimon
zu verwandeln, sind zwei verschiedene Methoden
in Gebrauch:
1) Zerlegung durch kombinierten
Oxydations- und Reduktionsprozeß. Das Schwefelantimon
wird auf der
Sohle eines Flammofens
unter beständigem Umkrählen und reichlichem Luftzutritt anhaltend gelinde erhitzt, wobei Schmelzung auf das sorgfältigste
zu vermeiden ist. Das Schwefelantimon wird dabei oxydiert, es entweicht schweflige Säure, und es verbleibt
Antimontetroxyd. War während des Röstens die
Temperatur zu hoch gesteigert, so verbindet sich das gebildete
Antimonoxyd mit
unzersetztem Schwefelantimon zu leicht schmelzbarem
Spießglanzglas, Vitrum Antimonii, das durch weiteres Rösten nicht zu
entschwefeln ist. Die abgeröstete
Masse wird mit Kohlenpulver, dem etwas
Soda zugesetzt ist, gemischt
und im
Tiegel eine
Stunde lang mäßiger Rotglut ausgesetzt, wobei die
Oxyde zu Metall reduziert werden, das dann in eine eiserne
Form ausgegossen wird.
2) Zersetzung des Schwefelantimons durch Präcipitation. Schmilzt man Schwefelantimon mit Eisen [* 2] zusammen, so bildet sich Schwefeleisen, während Antimon abgeschieden wird. Da aber der Schmelzpunkt des Schwefeleisens und des und das spec. Gewicht beider ziemlich gleich ist, so ist die Abscheidung des Antimon aus der geschmolzenen Masse schwierig. Um sie zu erleichtern, giebt man einen Zusatz von Soda und Kohle oder von Natriumsulfat und Kohle, die dann zur Bildung einer leichter schmelzbaren Schlacke von geringerm spec.
Gewichte Veranlassung werden. Die Reduktion erfolgt meist in einem Flammofen mit konkaver, aus Thon geschlagener Sohle, von deren tiefster Stelle ein während der Schmelzung mit einem Thonstopfen verschlossener Abstichkanal nach außen führt. Das mit der erforderlichen Menge von Eisen und Zuschlag gemischte Erz wird in den zum Glühen gebrachten Ofen gestürzt und etwa 10 Stunden im Flusse erhalten, worauf zuerst das Metall und dann die Schlacke durch die Abstichöffnung abgelassen wird.
Das so gewonnene Antimon ist meist sehr unrein. Ein Überschuß von Eisen, der angewandt werden muß, um das Schwefelantimon völlig zu zersetzen, geht in das Antimon über, außerdem enthält es, aus dem rohen Erz herstammend, Arsen, Kupfer, [* 3] Blei. [* 4] Diese Verunreinigungen, mit Ausnahme des Bleies, lassen sich leicht durch Raffinieren entfernen. Zu diesem Behufe schmilzt man 16 Teile rohes Metall mit 1 Teil Schwefelantimon und 2 Teilen Soda im Tiegel zusammen und hält es etwa 1 Stunde lang im Flusse; die fremden Metalle werden dabei durch das Schwefelantimon geschwefelt und gehen in die Schlacke.
Nach genügendem Schmelzen gießt man das Metall samt der Schlacke in eine eiserne Form. Beim Erkalten springt die Schlacke ab, die Oberfläche des Antimon zeigt dann schön krystallinisches Gefüge, den Stern. Ganz reines Antimon gewinnt man durch Reduktion von chemisch reinem Antimonoxyd oder von Algarothpulver mit Kohle unter Zusatz von Natriumcarbonat. Das zu dieser Verhüttung nötige Grauspießglanzerz oder den Antimonglanz (s. Antimonit) findet man besonders reichlich in Ungarn [* 5] bei Liptau und Rosenau, und von dort erhalten wir auch eine große Menge des Metalls;
die dortige Fabrikation soll sich auf 85000 kg jährlich belaufen, ferner wird Antimonglanz in der Gegend von Schleiz [* 6] gegraben und auch verhüttet;
in Freiberg [* 7] und im Harz gewinnt man ebenfalls etwas;
bei Roßwein hat man vor einigen Jahren auch Antimonerz gefunden.
Dasselbe wird auch von Böhmen, [* 8] Kärnten, Frankreich und Spanien [* 9] aus geliefert; sehr große Mengen davon kommen aber von Ceylon, [* 10] China, [* 11] Australien [* 12] und Canada nach England, wo das Erz ausgeschmolzen wird, so daß London [* 13] in diesem Artikel jetzt der preisangebende Platz ist. In Japan ist die Produktion immer steigend, und die Ausfuhr von Hiogo hat sich von 16 354 Pikols im Werte von 90000 Doll. 1882 auf 36 130 Pikols im Werte von 180 600 Doll. 1885 gehoben. Eine viel einfachere Methode der Vereitung des metallischen Antimon als diejenige aus Antimonglanz, ist die aus dem Mineral Senarmontit (s. d.; Antimonoxyd); man braucht dasselbe nur mit Soda und Kohle zu reduzieren.
Der in Algier gewonnene wird in Frankreich, der auf Borneo gewonnene in England verarbeitet. Die Preise für Regulus sind in Deutschland [* 14] jetzt etwa 110 M. für 100 kg. Das Antimon besitzt ein weißes silberartiges Ansehen, ist blätterig krystallinisch, hart, sehr spröde und daher leicht zu pulvern; auf dem Bruche ist Blätterdurchgang nach der Richtung von Rhomboederflächen wahrnehmbar. Spec. Gewicht 6,707 bis 6,718. Antimon schmilzt bei 425°, verflüchtigt sich in höherer Temperatur und läßt sich bei Weißglut in einer sauerstofffreien Atmosphäre destillieren.
Beim Glühen unter Luftzutritt verbrennt Antimon mit Lichtentwicklung unter Verbreitung eines weißen Rauchs; beim Schmelzen in der Lötrohrflamme auf Kohle geben alle Antimonverbindungen starken weißen Beschlag. Salzsäure löst in der Kälte nicht, beim Kochen langsam unter Entwicklung von Wasserstoff; Schwefelsäure [* 15] wirkt kalt nicht ein, beim Kochen mit konzentrierter Säure entwickelt sich schweflige Säure unter Bildung von schwefelsaurem Antimonoxyd; Salpetersäure greift selbst im verdünnten Zustande das Antimon lebhaft unter Entwicklung roter Dämpfe und Abscheidung eines weißen Niederschlags an, der je nach der Konzentration, Temperatur und Dauer der Einwirkung aus Antimonoxyd, Antimonsäure oder aus beiden besteht. Die löslichen Antimonverbindungen geben mit Schwefelwasserstoff einen schön orangefarbenen Niederschlag, der in Schwefelammonium leicht löslich ist.
Das Antimon findet vielfache Verwendungen, so zur Anfertigung verschiedener Legierungen (s. ¶
mehr
Antimonlegierungen) und als drastisches Heilmittel in Form mehrerer Verbindungen (s. Brechweinstein).
Explosives oder amorphes Antimon wird bei der elektrolytischen Zersetzung einer salzsauren Lösung von Antimonchlorür erhalten, wenn man in diese als positiven Pol eine Antimonstange und als negativen Pol mehrere Kupferdrähte eintaucht. Es lagert sich als silberglänzende Platte auf dem negativen Pol ab, die beim Ritzen mit einem harten Körper oder beim Schlagen unter Detonation und Wärmeentwicklung zerspringt. Es unterscheidet sich vom gewöhnlichen Antimon dadurch, daß es kein Amalgam mit Quecksilber bildet.
In den Antimonverbindungen fungiert das Antimon drei- oder fünfwertig. (S. Antimonchlorid, Antimonchlorür, Antimonoxyd, Antinmonsäure, Antimonsulfid, Antimonsulfür, Antimonwasserstoff.)