(engl., spr. ännti-kórnlah-lihg,Antikornzollliga),
Verein in
England, welcher die Abschaffung
der
Getreidezölle erstrebte und durch seine großartige Wirksamkeit auch herbeigeführt hat. Diese bereits
im 17. Jahrh. eingeführten
Zölle waren 1815 dahin geändert worden, daß die Einfuhr überhaupt verboten, wenn der
Preis
unter 80
Schilling für 1
Quarter stand, daß sie zollfrei sein sollte, sobald der
Preis diesen
Satz überschritten hatte. Im
J. 1828 trat an
Stelle dieses
Systems eine bewegliche Zollskala, deren
Sätze bei steigenden
Preisen sich
erniedrigten und umgekehrt. Im
Oktober 1831 zu
Manchester
[* 2] durch
Cobden, mehrere Fabrikanten und Kaufleute gestiftet, gewann
die Anti-cornlaw-league erst 1838 größern Einfluß, welcher 1839 unter der
Führung von
Cobden,
Bright,
Bowring, Prentice, Thompson, Ashworth
u. a. durch
Gründung von Zweigvereinen,
Bildung größerer
Fonds, Abhaltung von Versammlungen etc. über
das ganze Land hin ausgebreitet wurde.
Nachdem
Villiers'
Antrag auf Aufhebung der Getreidegesetze 1839 im
Unterhaus durchgefallen war, gelang es 1841,
Cobden und einige
Gleichgesinnte ins
Parlament zu bringen, wo der schon stehend gewordene
AntragVilliers' bereits 40
Stimmen zählte.
Nach dem
Rücktritt des Whigkabinetts und der Einsetzung des Toryministeriums im
Sommer 1841 traten die gesamte
dissentierende
Geistlichkeit, die irische
Partei sowie ein Teil der dem
Freihandel zuneigenden
Whigs der
League bei, während
letztere von der Grundaristokratie und dem
Chartismus (s. d.) leidenschaftlich bekämpft wurde.
Als 1842 die
Getreidezölle mit nur geringen Ermäßigungen modifiziert wurden, betrieb man dieAgitation
mit noch größerer
Energie. Von 1843 bis 1845 veranstaltete die
League mehr als 200 große Versammlungen und verbreitete Hunderttausende
von
Flugschriften im
Interesse des
Freihandels.
IhreAusgaben beliefen sich 1844 auf 60,000, ihre baren
Fonds auf 26,665 Pfd. Sterl.
In der Parlamentssitzung von 1844 bis 1845 erhielt
Villiers'
Antrag schon 122, ein andrer von
Cobden auf
Prüfung der
Korngesetze lautender 221
Stimmen.
seit 1838 zunächst die Aufhebung der Einfuhrzölle auf Weizen u. s. w., zugleich
aber überhaupt die Verwirklichung des Freihandelssystems erstrebte. Die Weizeneinfuhr war in England schon seit 1660 mit
oft veränderten Zöllen belastet. 1815, als die lange abgesperrten osteurop. Länder wieder mit großen Zufuhren auf den Markt
kamen, ging das Parlament noch einen Schritt weiter, indem die Einfuhr nun gänzlich verboten
wurde, sobald der Weizenpreis unter 80Schill. pro Quarter stand, während sie bei höhern Preisen völlig zollfrei war.
Nach einigen unwesentlichen Umgestaltungen wurde jedoch 1828 dieses System wieder durch eine bewegliche Zollskala ersetzt,
deren mit den Preisen veränderliche Sätze zwar sehr hoch stiegen, jedoch ohne daß an einem Punkte ein
absolutes Einfuhrverbot eintrat. Die Industriellen befürchteten, daß der Arbeitslohn durch diese künstliche Verteuerung
des Getreides auf einer Höhe erhalten würde, die ihnen die Konkurrenz mit der aufblühenden kontinentalen Industrie sehr
erschweren müßte.
Jedoch konnten sie sich ihrerseits nur schwer zum Verzicht auf den Zollschutz für ihre Fabrikate entschließen,
und eine wirksame Agitation gegen die Korngesetze wurde daher erst am Ende der dreißiger Jahre möglich, nachdem die Fabrikanten
sich überzeugt hatten, daß ihre Interessen durch den vollen Freihandel mehr gefördert werden würden als durch das Schutzzollsystem.
So wurde 1838 in Manchester unter der Führung von Cobden, John Bright, Bowring, J. B. Smith, Prentice u. a.
mit sehr bescheidenen Anfängen die Anti-Corn-Law-League begründet.
Man sammelte einen Fonds, zuerst nur 3000 Pfd. St., zur Unterhaltung einer Agitation und beschloß schon im Jan.
1839, die Thätigkeit des Vereins über das ganze Land auszubreiten und nicht eher einzustellen, als bis
die Aufhebung der Getreidezölle durchgesetzt sei. In demselben Jahre fand auch schon eine Versammlung von 300 Delegierten
in London
[* 5] statt, und Villiers brachte im Unterhause zum erstenmal seinen oft wiederholten Antrag auf Abschaffung der Getreidegesetze
ein, der freilich mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. Um so energischer setzte die Liga ihre Agitation
fort, jedoch gelang es ihr erst 1841, Cobden in das Parlament zu bringen. Sie gewann die dissidentischen Geistlichen, die
irische Partei und die dem Freihandel zuneigenden Whigs für ihr Programm.
Jedoch erst nachdem 1842 eine durchaus ungenügende Herabsetzung der Zollsätze stattgefunden hatte, entwickelte die Liga
eine außerordentlich angespannte Thätigkeit. Cobden verlangte jetzt von seiner Partei die Summe von 50000 Pfd.
St., um die Agitation namentlich auch in die Masse der ländlichen Bevölkerung
[* 6] zu tragen, und diese Summe wurde in der That
zusammengebracht. Auch die irische Partei unter O'Connell reichte der Liga die Hand,
[* 7] dagegen stand ihr
nicht nur die mächtige, in ihren Interessen bedrohte Grundaristokratie, sondern auch der Chartismus (s. d.) feindlich gegenüber.
In der Parlamentssitzung von 1844-45 hatte Villiers' gewöhnlicher Antrag schon 122, ein anderer von Cobden auf Prüfung der
Korngesetze 221 Stimmen für sich. Das Wochenblatt des Vereins zählte 15000 feste Abonnenten. Peel hatte sich
für die Freihandelspolitik entschieden und kündigte für die nächste Session bedeutende Reformvorlagen an, zuvörderst
in Bezug auf die Korngesetzgebung. Die Liga spannte im Laufe von 1845 ihre äußersten Kräfte an, um sich im Parlament
die Mehrheit zu sichern. Im Jan. 1846 brachte endlich Peel unter dem
Drucke des irischen Notstandes und
im Zusammenhange mit weitern Zollreformen den Antrag vor das Unterhaus, wonach die Einfuhr aller Lebensmittel freigegeben,
aber vorläufig noch auf drei Jahre niedrige gleitende Zollsätze für die Getreideeinfuhr bestehen sollten. Die Bill ging
im Unterhause, im Juni auch im Oberhause durch und ward Gesetz. Während Peel einige Tage nach diesem Siege
seiner Parteistellung erlag, erklärte die Liga auf einer großen Versammlung zu Manchester ihren Zweck für erreicht, verschob
aber ihre förmliche Auflösung bis 1849, von wo an der Weizenzoll nur noch 1 Schilling pro Quarter (etwa 34 Pf. für 1 hl) betragen
sollte. Später ist auch dieser Zollrest beseitigt worden.