Anthropolo
genkongreß.
Die 22. allgemeine Versammlung der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte tagte vom 3. bis in Danzig. [* 2] Die erste Sitzung eröffnete Virchow mit einer Rede, welche sich in gewohnter lichtvoller Weise über die mannigfachsten Beziehungen der Wissenschaft verbreitete und namentlich den westpreußischen Teilnehmern ein genaues Verständnis der Arbeiten und Ziele der Gesellschaft zu vermitteln suchte. Er gedachte der schmerzlichen Verluste, welche die Gesellschaft im letzten Jahr erlitten, und wies anläßlich des unvergeßlichen Trojaforschers auf die trojanischen Gesichtsurnen (die Eulenurnen Schliemanns) der Berliner [* 3] Sammlung hin.
Diese Urnen finden ihr Gegenstück in zahlreichen Gesichtsornamenten auf Gegenständen der westpreußischen Sammlung und zwar in so überraschender Weise, daß ein phantasiereicher Betrachter auf den Gedanken kommen könnte, Äneas habe auf seiner Flucht in Westpreußen [* 4] eine trojanische Kolonie gegründet. Redner machte bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung über den Zeichenunterricht auf unsern Schulen. Die Zeichnungen auf den prähistorischen Gegenständen, so unvollkommen und kindlich sie auch erscheinen, sind doch häufig ungemein charakteristisch und ihrer Bedeutung nach leicht bestimmbar.
Dem gegenüber sei in der Gegenwart die Kunst, eine Zeichnung in ihren Hauptzügen typisch treu zu entwerfen, trotz allen Zeichenunterrichts nicht häufig, und bei der Wichtigkeit, die namentlich die Naturwissenschaft dem Zeichnen beilege, müsse man erhebliche Vervollkommnungen des systematischen Zeichenunterrichts wünschen. Wenn manche Gelehrte die Zeichnungen der Renntierzeit gerade wegen ihrer Naturtreue nicht für echt halten, so sei er entgegengesetzter Ansicht und möchte sagen, jene alten Zeichner haben ihre Sache um deswillen so gut gemacht, weil sie nicht durch unsre Zeichenschulen hindurchgegangen sind. Im letzten Teil seiner Rede deutete der Vortragende die noch ganz dunkeln ethnologischen Verhältnisse der vorgeschichtlichen Zeit in den baltischen Ländern, wo Kelten, Germanen und Slawen nach- oder nebeneinander gesessen, das Rätsel des Einfalls der Goten, das Auftreten des Eisens und die weiter an diese Dinge sich knüpfenden Fragen an, indem er die Aufhellung derselben als das besondere Arbeitsfeld der westpreußischen Forscher bezeichnete.
Namens der Staatsregierung begrüßte hierauf der Oberpräsident v. Goßler die Versammlung. Vielleicht sei niemand von den Teilnehmern so wie er in der Lage, zu übersehen, welch ungeheuern Fortschritt für die ganze gebildete Welt die Anthropologie in dem seither verflossenen Zeitraum vermittelt habe, vielfach auf Kosten der benachbarten Wissenschaften, welche Teile ihres Gebiets abtraten und manche bis dahin festgehaltene Anschauungen von Grund aus umgestalten mußten.
Die Anthropologen
könnten versichert sein, daß sie im breiten
Strom schwimmen und volles Verständnis bei ihren Volksgenossen
finden. Die größten
Forscher aller
Fächer
[* 5] seien in der
Lage und gern bereit, in ihren Mußestunden anthropolo
gische
Fragen
zu fördern, und anderseits könne jeder gebildete
Laie, wenn er
Glück habe, bahnbrechend in der
Anthropologie
wirken.
In den
Arbeiten der Anthropologen
verdiene besondere
Anerkennung das
Moment der strengen Wissenschaftlichkeit, die mit
vorsichtiger Beschränkung für wahr halte, was durch thatsächliche
Beobachtungen als wahr erwiesen ist.
Freilich lasse sich die letzte wissenschaftliche Wahrheit nicht allein auf dem Wege der sogen, exakten Forschung ermitteln; es werde schließlich ein Augenblick eintreten, wo das zur Hilfe genommen werden muß, was man gewöhnlich als Einbildungskraft bezeichnet, um den Funken des Verständnisses für die gesuchte Wahrheit zu entfachen; aber wann dieser Augenblick eintrete, richte sich ganz nach der Individualität des Forschers. Die größte aller Fragen, diese nämlich, wann und wo der Mensch in die Welt gekommen ist, habe in den letzten Jahrzehnten, nicht ohne Mitverschulden der Wissenschaft, eine Überspannung der Behandlung erfahren. Wenn neuerdings wieder eine Änderung eingetreten sei, so gehöre das Hauptverdienst dieses Umschwunges der ¶
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Deutschen anthropologischen Gesellschaft, welche zweierlei erwiesen habe, erstens, daß die Wissenschaft immer noch die Kraft [* 7] besitze, aus sich selbst heraus von überschwenglichen Ansichten zur Wahrheit zurückzukehren, und zweitens, daß kein religiöses Empfinden, keine religiöse Überzeugung die Beschäftigung mit der Anthropologie zu scheuen brauche. Redner kam sodann auf Danzig und Westpreußen zu sprechen und bezeichnete die wichtigsten Beziehungen des Landes zu den prähistorischen Arbeiten, zunächst die fabelhafte Gegend der Bernsteinküste mit dem wunderbaren Bilde des Bernsteinhandels in alter Zeit, wie das unscheinbare und eigentlich wertlose Baumharz ein Mittel gewesen ist, die Fackel der Aufklärung in die ganze damalige Welt zu tragen, sodann die Werke des Deutschen Ordens, den man zwar als einen Vernichter der Prähistorie betrachten kann, in dessen Gebieten aber eigentümlicherweise die Vorgeschichte weiter in die geschichtliche Zeit hineinreicht als in andern deutschen Gebieten.
Dankbare Aufgaben bietet das Land der ethnologischen Forschung. Die Preußen, [* 8] Letten, Litauer und Kurländer sind von den Slawen und allen möglichen deutschen Völkern überdeckt worden, so daß sehr verwickelte Verhältnisse entstanden, um deren Aufhellung sich die Versammlung sehr verdient machen kann. Lissauer- Danzig sprach hierauf über den gegenwärtigen Stand der prähistorischen Wissenschaft in der Provinz Westpreußen. Bereits im 16. Jahrh, hat man prähistorische Funde in Danzig und Elbing [* 9] gesammelt. Im 18. Jahrh, gab es sogar schon eine Litteratur über die preußische Vorgeschichte.
Eine ethnologische Sammlung konnte im vorigen Jahrhundert durch reiche Schenkungen Rankes und Solanders, die Cook auf seiner ersten Reise um die Erde begleiteten, von der Naturforschergesellschaft in Danzig begründet werden. Aber erst in der Mitte unsers Jahrhunderts untersuchte ein Lehrer in Danzig Pomerellen selbst auf seine Altertümer. Einen gemeinsamen Mittelpunkt gewannen diese Bestrebungen erst nach Gründung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft und des Lokalvereins in Danzig, und mit der Schöpfung des westpreußischen Provinzialmuseums nahm die prähistorische Wissenschaft in der Provinz einen großen Aufschwung.
Das Museum und die kleinern Sammlungen in Elbing, Marienwerder, [* 10] Graudenz, [* 11] Thorn [* 12] geben ein Gesamtbild der prähistorischen Kulturentwickelung der Provinz von der jüngern Steinzeit [* 13] an, in welcher der Mensch zuerst in Westpreußen von S. her beiderseits der Weichsel einwanderte. Als Zeugnisse dieser fernen Epoche, welche weit bis in das 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht, führte der Vortragende die Feuersteinstationen von Oxhöft und Weißenberg, in denen allerwärts charakteristische Gefäßscherben mit schönen Schnurornamenten gefunden wurden, sowie die Küchenabfälle von Tolkemit an; weiterhin wies er auch auf die Bernsteinschmucksachen hin, welche mit Feuerstein bearbeitet sind, ebenso auf die mannigfachen Werkzeuge [* 14] aus Stein und Knochen, [* 15] welche in der ganzen Provinz verstreut gefunden werden.
Gräber aus dieser Epoche sind nur in geringer Zahl vorhanden. Zuerst findet man die Skeletthügel, später aber tritt schon Leichenbrand auf mit Steinsetzungen nach Form der kujavischen Gräber, wie im Kulmer Land. Gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. tritt Westpreußen durch den Bernsteinhandel allmählich mit den westlichen und südlichen Völkern in Verkehr und zwar durch einen vermittelnden Tauschverkehr Zu Lande, wie durch Pommern [* 16] und Mecklenburg [* 17] nach der Elbe, durch Posen, [* 18] die Lausitz und Sachsen [* 19] zum Rhein hin und die Weichsel aufwärts nach der Donau zu, wo in Ungarn [* 20] schon früh eine große Bronzeindustrie bestand.
Die Zeugnisse dieses Verkehrs aus der Bronzezeit stellte Redner in einer der Versammlung gewidmeten Festschrift dar. In diese Periode zählen die meisten Hügelgräber mit den interessanten Gesichtsurnen, von welchen das Provinzialmuseum eine sehr große Zahl besitzt. Die folgende La Tène-Kultur in den letzten Jahrhunderten v. Chr. ist ebenfalls durch großartige Funde aus den Brandgräbern von Oliva und Rondsen vertreten, ebenso wie die Zeit des Handelsverkehrs mit den Provinzen des römischen Kaiserreichs vom 1. bis 4. Jahrh. n. Chr. durch prächtige Funde von Elbing und kunstvolle Gefäße aus dem Kulmer Lande, durch viele Fibeln [* 21] und Münzen. [* 22]
Dann folgt eine Zeit von fast 400 Jahren, aus welcher kein Fund in Westpreußen bekannt ist, gerade so, als wenn die gesamte Bevölkerung [* 23] zur Zeit der Völkerwanderung ausgewandert wäre. Erst wieder aus der slawischen Zeit besitzt das Museum reiche Funde von Haarsilber, von kufischen und deutschen Münzen, von Reihengräbern mit Schläfenringen und von Burgwällen, welche den Beweis liefern, daß das untere Gebiet der Weichsel wieder mehr bewohnt gewesen und sowohl mit der morgenländischen als mit der abendländischen Welt wieder in Verkehr getreten war. Im Anfang unsers Jahrtausends beginnt dann die Geschichte auch über diese Gegend Licht [* 24] zu verbreiten. Zum Schluß erstattete Ranke (München) [* 25] den wissenschaftlichen Jahresbericht.
In der zweiten Sitzung sprach Jentzsch - Königsberg [* 26] über die geologischen Verhältnisse Westpreußens. Der Boden der Provinz besteht der Hauptsache nach aus Bildungen des Diluviums, doch finden sich an wenigen Orten, punktförmig aus dem Diluvium [* 27] hervorbrechend, Gebilde der Tertiärformation, [* 28] an zwei Stellen südlich von Marienberg auch Kreide. [* 29] Die nähere Untersuchung des westpreußischen Diluviums ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft, weil infolge der großen Ausdehnung [* 30] der Lager [* 31] alle Anhaltspunkte zur speziellern Bestimmung der einzelnen Schichten fehlen.
Redner besprach sodann die mehrfachen Überflutungen, durch deren Vermittelung schwedisches Material nach dieser Gegend heruntergeführt wurde. Ursprünglich fand das Meer wenig vor, was der Zerstörung durch Wasser hätte anheimfallen können. Später boten die ungeheuern von Bernsteinbäumen gebildeten Wälder Angriffspunkte genug. Im Zusammenhang mit dem Vorrücken und Zurücktreten des Meeres stehen die großen Vereisungen, welchen die Provinz zweimal unterworfen war, während dazwischen eine mäßige Temperatur, der heutigen ähnlich, vorherrschte.
Bei spätern Überflutungen trat das Meer durch abwechselnde Hebungen und Senkungen kleinern Maßstabes mit dem Lande in innigere Berührung, und so finden sich nahe dem sogen. Vogelsang als ein Unikum in ganz Europa [* 32] Meeresschichten und Süßwasserschichten unmittelbar nebeneinander. Den Beweis dafür, daß das ganze Land früher viel höher gelegen haben muß, liefert die Auffindung von Süßwasserschichten noch in einer Tiefe von 100 m unter dem Meeresspiegel. Der Bernstein [* 33] findet sich ursprünglich im Eocän und Oligocän, ist aber später, wesentlich wohl infolge von Eiswirkungen, in jüngere Schichten gelangt. Das Verbreitungsgebiet des Bernsteins deckt sich etwa, was mit obigem zusammenhängt, mit der Zone der erratischen Blöcke. Von organischen Resten nannte der Redner unter anderm die ¶
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Renntierreste, die sich sowohl aus der vorglazialen als aus der zwischen- und nachglazialen Zeit vorfinden, und zwar solche aus vorglazialer Zeit eben nur in Ost- und Westpreußen, sonst nirgends in Europa. Der Mensch kann während der ältern Steinzeit ebensowenig in Westpreußen gelebt haben wie in Dänemark. [* 35] Selbst nach der zweiten Eisperiode setzte das zunächst noch sehr rauhe Klima [* 36] der Besiedelung Schwierigkeiten entgegen. Reste des Menschen aus der jüngern Steinzeit sind unter anderm in jenen tiefgesenkten Süßwasserschichten aufgefunden worden, stammen also aus einer Zeit vor der erfolgten Senkung. Redner sprach weiter über die Veränderungen der Meeresküsten und der Flußläufe, über die Deltabildung und die Moore, von denen Westpreußen eine ganz ungeheure Anzahl, meist aber von geringer Größe, besitzt.
Den nächsten Vortrag hielt Montelius - Stockholm [* 37] über die Chronologie der jüngern Steinzeit in Skandinavien. Die jüngere Steinzeit (ohne die Kjökkenmöddinger) hat in Skandinavien eine sehr lange Dauer gehabt und beansprucht für dies Land deshalb wohl die Bedeutung einer selbständigen und umfangreichen Entwickelung. Aus diesem Grunde scheint der Versuch lohnend, die dortigen Reste der jüngern Steinzeit unter sich wieder chronologisch zu ordnen. Die Angriffspunkte zu dieser Ordnung bilden die verschiedenen Formen der Gräber sowie die Typen der Waffen [* 38] und Geräte, unter den Waffen namentlich die Feuersteinaxt.
Nach Montelius bestand ein älterer Zeitabschnitt, aus welchem keine Gräber erhalten sind, wohl aber Äxte mit spitz-ovalem Durchschnitt. Diese Form ändert sich bei dem zweiten Zeitabschnitt derartig, daß die Axt Schmalseiten mit dünnem Nacken, bei den folgenden Abschnitten Schmalseiten mit breitem Nacken aufweist. Vom zweiten Zeitraum an treten dann die Gräber auf und zwar zunächst Dolmen (Hünengräber), die gänzlich freistehen, aber keinen Innengang besitzen.
Die dritte Periode enthält Ganggräber, die vierte Steinkisten und zwar anfänglich mit mehr oder weniger frei stehendem Deckel, später völlig von dem aufgehöhten Hügel verdeckt, zum Teil sogar unter der gewachsenen Erdoberfläche. Diese Einteilung wird durch die sonstigen Einschlüsse der Gräber (Steinwerkzeuge und Waffen, Thongefäße, Bernsteinstücke etc.) bestätigt. Die Bernsteinfunde in den skandinavischen Dolmen beweisen, daß das Meer keine trennende Schranke zwischen der Halbinsel und dem Festland gebildet haben kann.
Aber die Beziehungen Skandinaviens zum übrigen Europa gingen viel weiter, denn auch die Formen der skandinavischen Gräber und der sonstigen Funde stehen nicht vereinzelt, sie kehren vielmehr vielfach in Westeuropa, in Mittel- und Südeuropa, ja bis nach Cypern [* 39] wieder. Hieraus ist zu schließen, daß die nordische Kultur durch Einflüsse des Südens gesteigert wurde, und daß in dieser Weise ihre schon in der Steinzeit auffallende Entwickelung erklärt werden muß. Jene Übereinstimmung der Formen wird aber auch dazu führen, die Chronologisierung der skandinavischen Funde zu erleichtern, und aus dem, was sich schon jetzt in diesem Sinn erkennbar macht und was Redner im einzelnen ausführte, ergibt sich (und das Studium der Bronzezeit bestätigt es), daß die Entwickelung der Kultur in den verschiedenen Ländern Europas viel gleichmäßiger, bez. gleichzeitiger vor sich gegangen ist, als man bisher angenommen hat.
In der dritten Sitzung wurde Ulm [* 40] zum Vorort des nächsten Kongresses gewählt. Helm - Danzig sprach über die chemische Zusammensetzung der westpreußischen Bronzen. Er fand besonders bei einer beträchtlichen Zahl von Exemplaren der ältesten Zeit einen auffallend hohen Antimongehalt. Da in einzelnen Fällen dieser Gehalt auf 7 Proz. steigt, so ist die Annahme ausgeschlossen, daß das Antimon durch irgend einen Zufall in die Bronze [* 41] gelangt sei. Von großem Wert sind daher die Angaben Virchows über prähistorische Gewinnung und Verarbeitung von Antimon im Kaukasus.
Die Frage, wie das heute so seltene Antimon in die prähistorischen Bronzen gelangt sei, glaubt Helm damit beantworten zu können, daß zu Anfang der Bronzezeit noch viel herumexperimentiert wurde, um die vorteilhafteste Mischung herauszubekommen. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, daß einzelne Legierungen aus 6-8 Metallen zusammengeschmolzen sind. Waldeyer - Berlin [* 42] sprach über die sogen. Reilsche Insel und die Sylvische Furche des Gibbon und die bei den übrigen menschenähnlichen Affen, [* 43] dem Orang-Utan, Gorilla und Schimpanse, vorhandenen entsprechenden Bildungen.
Die Inselwindungen dieser Affen zeigen stufenweise eine Fortentwickelung vom Gibbon bis zum Schimpanse, indem sich der Orang-Utan unmittelbar an den Gibbon anlehnt, der Gorilla eine weitere Ausbildung aufweist, der Schimpanse aber die höchste Stufe unter den Geschöpfen dieser merkwürdigen Gruppe erreicht. Wenn auch die Grundform der Insel bei den Anthropoiden und dem Menschen dieselbe ist, so zeigt sich doch zwischen dem letztern und dem Schimpanse in der Ausbildung der Inselfurchung eine auffallende Kluft.
Die Zahl der Windungen ist beim Menschen größer, namentlich hat der untere oder temporale Lappen der Insel, welcher bei den Anthropoiden windungsfrei bleibt oder höchstens schwache Spuren von Windungen zeigt, beim Menschen 3-4 deutliche Windungen. Ein Fall von erblicher Zwerghaftigkeit, welchen Lissauer - Danzig vorstellte, regte lebhaften Meinungsaustausch an. Es handelte sich um einen 42jährigen Bernsteinarbeiter, dessen Beine und Arme außerordentlich kurz sind.
Das infolgedessen sehr kleine Männchen hat eine normal gebaute Person zur Frau, und aus dieser Ehe sind zwei Mädchen hervorgegangen, von denen das ältere, jetzt zehnjährige, die Zwergnatur des Vaters, das jüngere, jetzt vierjährige, den normalen Bau der Mutter geerbt hat, so daß das vierjährige Kind ganz erheblich größer ist als das zehnjährige. Ranke - München sprach über das Verhältnis des Schädels zum Gehirn [* 44] beim Tier und beim Menschen. Unter Vorlegung von verschiedenartigen Schädeln suchte er den Nachweis zu führen, daß die räumliche Ausbildung des Gehirns von entscheidendem Einfluß auf den Unterschied in der Form des menschlichen und tierischen Schädels ist. Je stärker entwickelt das Gehirn, um so mehr werden die vordern Schädelteile weiter nach vorn gedrängt, in demselben Verhältnis treten dann die untern Gesichtsteile gegen die obern zurück, und der tierische Prognathismus, die Schnauzenbildung, verschwindet, um der reinern menschlichen Gesichtsform zu weichen.
Mies - Berlin und Rabl - Gratz sprachen über Schädelmessung, darauf berichtete ersterer über die Feststellung der Persönlichkeit für polizeiliche oder gerichtliche Zwecke durch Körpermessung. Die Photographische Fixierung von Leuten, die man sicher wiederkennen will, genügt aus naheliegenden Gründen nicht, namentlich nicht in großen Städten, wo die Blätter des »Verbrecheralbums« ungemein zahlreich werden. Die früher übliche Brandmarkung ¶