im allgemeinen eine Sammlung vorzüglicher Erzeugnisse der
Litteratur, namentlich der poetischen; insbesondere
Titel zweier großer Sammlungen aus den
Schätzen der griechischen und
der römischen
Dichtkunst (griechische und römische Anthologie). Sammlungen von Auf- oder
Inschriften, mehr zu historischen als zu
poetischen
Zwecken, waren bei den Griechen früh üblich. Nach einem allgemeinernPlan und zuerst in poetischem
Interesse faßte der Dichter
Meleagros
[* 3] aus
Gadara in
Syrien (um 60
v. Chr.) epigrammatische und erotische
Poesien von ihm selbst
und 46 andern Verfassern (darunter
Archilochos,
Alkäos,
Anakreon,
Simonides,
Sappho,
Erinna) in einen
»Kranz« zusammen. Zu dieser
Sammlung fügte Philippos aus Thessalonika, wahrscheinlich unter Trajan, noch eine Epigrammenauswahl
von etwa 13 neuen Dichtern.
Weitere Sammlungen veranstalteten bald nachher
Diogenianos aus Herakleia und
Straton aus
Sardes, dann im 6. Jahrh.
n. Chr.
Agathias
aus Myrina. Aus allen diesen jetzt verloren gegangenen Anthologien stellte im 10. Jahrh. Konstantinos
Kephalas zu
Konstantinopel
[* 4] eine neue, umfassende Anthologie her, in welche aus allen frühern Sammlungen
das
Beste aufgenommen und nach dem
Inhalt in 15
Abschnitte verteilt ward. Diese Sammlung brachte derMönchMaximusPlanudes im 14. Jahrh.
in einen
Auszug von 7
Büchern, der bis ins 17. Jahrh. von allen griechischen Anthologien allein bekannt war
und oft herausgegeben wurde (zuerst
Flor. 1494 vonJoh.
Laskaris; verbessert und vermehrt von H.
Stephanus,
Par. 1566, und noch oft wiederholt; meisterhafte lateinische Übersetzung von
HugoGrotius in der
Ausgabe von de
Bosch, Utr.
1795-1822). Im J. 1606 entdeckte
Salmasius in der pfälzischen
Bibliothek zu
Heidelberg
[* 5] eine
Handschrift der ganzen Anthologie des Konstantinos
Kephalas nebst einigen Anhängen und nahm von den noch nicht in der Planudischen Anthologie enthaltenen
StückenAbschrift.
Nach dieser
Abschrift des
Salmasius gab
Brunck die Sammlung zugleich mit andern epigrammatischen
Dichtungen sowie den Bruchstücken
der
Lyriker, den Bukolikern, den
Hymnen des
Kallimachos u. a. als »Analecta veterum poetarum«
(Straßb. 1772-76, 3 Bde.) heraus.
Das große
Verdienst dieser
Arbeit schmälerte die
Willkür in der Behandlung des wenig gesicherten
Textes.
Einen erneuerten
Abdruck (mit Ausschluß von Theokrit u. a.) besorgte
Fr.
Jacobs unter dem
Titel: »Anthologia graeca s. Poetarum
graec. lusus ex rec. Brunckii« (Leipz. 1794-1814, 13 Bde.)
unter Benutzung einer 1776 von Spaletti gefertigten, in Gotha
[* 6] befindlichen genauen
Abschrift der pfälzischen
Handschrift, die sich damals in der vatikanischen
Bibliothek zu
Rom
[* 7] befand.
Hierher war sie mit den übrigen
Schätzen der
HeidelbergerBibliothek 1623 übergeführt worden, um 1793 nach
Paris
[* 8] gebracht
zu werden und erst 1816 in ihre alte
Heimat zurückzukehren. Nach Spalettis
Abschrift gab dann
Jacobs mit
unveränderter
Ordnung die »Anthologia graeca ad fidem codicis olim Palatini etc.«
(Leipz. 1813-1817, 3 Bde.) heraus.
Eine spätere
Ausgabe lieferte
Dübner (Par. 1864-72, 2 Bde.).
Unter den
Auszügen aus der griechischen Anthologie sind die von Weichert
(Meiß. 1823),
Jacobs (Gotha 1826) und
Meineke (Berl. 1842)
zu nennen. Einen ergänzenden Nachtrag von 241 inschriftlich erhaltenen
Epigrammen brachte
Welcker: »Sylloge
epigrammatum graecorum«
(Bonn
[* 9] 1828-1829),
die neueste Sammlung der inschriftlichen Gedichte Kaibel:
»Epigrammata graeca ex
lapidibus
¶
mehr
conlecta« (Berl. 1878). Übersetzungen größerer Partien der Anthologie besitzen wir von Jacobs in »Leben und Kunst der Alten« (Gotha
1824, 2 Bde.) und von Herder in den »Zerstreuten Blättern« (Teil 1 u.
2). Trotz des sehr ungleichen Gehalts der einzelnen Beiträge, aus denen die Anthologie besteht (es haben mehr als 300 Dichter
beigesteuert), ist dieser Liederschatz sowohl in poetischer Rücksicht als in Beziehung auf Sprache,
[* 11] Geschichte und Sitte der
Hellenen in verschiedenen Perioden ein unschätzbares Kleinod, welches uns für den Verlust so vieler lyrischer, namentlich
elegischer, Dichter einigermaßen schadlos hält.
Die römische Litteratur besitzt eine im Altertum schon veranstaltete Anthologie nicht. Einzig dem Zufall haben
wir zu verdanken, was sich außer den Werken einzelner Epigrammatiker Schätzbares erhalten hat, und erst Neuere haben daraus
nach dem Vorbild der griechischen eine römische Anthologie zu gestalten begonnen. Den ersten Grund dazu legte Jos. Scaliger durch
seine »Catalecta veterum poetarum« (Leiden
[* 12] 1573, wiederholt 1595 und 1617). Auf ihn folgt P. Pithöus mit
»Epigrammata et poemata vetera e codicibus et lapidibus collecta« (Par. 1590; wiederholt,
Leiden 1596, Genf
[* 13] 1619). Eine höchst reichhaltige, aber durchaus unkritische Sammlung von 1544 Nummern, in 6 Büchern nach dem
Stoff geordnet, veranstaltete P. Burmann der jüngere in seiner »Anthologia latina«
(Amsterd. 1759 u. 1773, 2 Bde.).
Den Versuch, die verschiedenen ältern und neuern Bestandteile auszuscheiden und zu ordnen, machte Meyer in der »Anthologia
veterum latinorum epigrammatum et poematum« (Leipz. 1835, 2 Bde.),
mit einigen neuen Nachträgen zusammen 1704 Nummern enthaltend. Die erste wirklich kritische Sammlung bietet AnthologieRieses »Anthologia
latina« (Leipz. 1869-1870), welche 942 in Handschriften erhaltene Gedichte (allein aus der im 7. Jahrh.
angelegten Sammlung des Codex Salmasianus in Paris 380) nach der handschriftlichen Überlieferung gesondert bietet und so erst ein
kritisches und litterarhistorisches Urteil gestattet. Der dichterische Wert dieser Sammlungen ist nach ihren einzelnen Teilen
natürlich sehr verschieden. Viele Gedichte sind vortrefflich und wahre Zierden der römischen Poesie,
die meisten Mittelgut, eine bedeutende Zahl ohne Geist und Form. Eine die neue Anthologie als zweiter Band
[* 14] ergänzende Sammlung der
metrischen Inschriften ist von Bücheler in Aussicht gestellt. - Unter den übrigen Litteraturen zeichnen sich die arabische,
persische und türkische durch ihren Reichtum an Anthologien aus; am bekanntesten ist die arabische Hamâsa
(s. d.). Von den alttestamentlichen Büchern wird man die Psalmensammlung auch für ein solches Werk halten müssen.
(grch.), d. i. Blumenlese, Blütenlese, lat. Florilegium, Titel von Sammlungen auserwählter Gedichte, Stellen,
Sprüche u. a. Schon im Altertum hatte man Sammlungen kleinerer, meist epigrammatischer Gedichte von verschiedenen Verfassern,
besonders ist die GriechischeAnthologie bekannt. Der erste, der eine derartige Sammlung machte, war Meleager (s. d.),
ungefähr um 60 v. Chr., spätere Sammler waren Philippus von Thessalonich, wahrscheinlich zur Zeit Trajans,
Diogenianos von Heraklea, Straton aus Sardes, beide unter Hadrian, und (im 6. Jahrh. n. Chr.)
Agathias (s. d.). Aber diese ältern Sammlungen sind verloren gegangen.
Noch erhalten sind zwei spätere, die eine von Konstantin Kephalas aus dem 10. Jahrh., dessen Quellen die Sammlungen
von Meleager, Philippus und Agathias sind; die andere von Maximus Planudes (s. d.) im 14. Jahrh.,
auf Grundlage jener, mit Hinzufügung einiger Epigramme. Sein Werk (erste Ausgabe von J. Laskaris, Flor. 1494; beste Ausgabe
von Bosch und Lennep,
[* 16] mit der lat. Übersetzung des Hugo Grotius, Utrecht
[* 17] 1795-1822) war lange die einzige
bekannte Sammlung. 1606 fand aber Salmasius auf der HeidelbergerBibliothek (Bibliotheka Palatina, danach die Bezeichnung «Anthologia
Palatina») die einzige vorhandene Handschrift der Anthologie des Kephalas. Diese Handschrift wurde im Dreißigjährigen
Kriege nach Rom, von da in den Revolutionskriegen nach Paris entführt und 1816 teilweise nach Heidelberg zurückgebracht. Den
gesamten Vorrat gab Brunck in den «Analecta veterum poetarum Graecorum (3 Bde.,
Straßb. 1776; neue Ausg. 1785) heraus, später Jacobs in der »Anthologia
Graeca sive poetarum Graecorum lusus ex recensione Brunckii", mit Kommentar (13 Bde., Lpz.
1794-1814). Von demselben wurde nach einer 1776 zu Rom gemachten Abschrift der «pfälzischen» Handschrift eine zweite
Ausgabe, zunächst der Anthologie des Konstantinos Kephalas, der er die nur von Planudes oder anderwärts überlieferten
Epigramme anschloß, die «Anthologia Graeca ad fidem codicis olim Palatini nunc Parsini ex apographo Gothano edita» (3 Bde.,
Lpz. 1813-17) besorgt.
Zwei Nachträge hierzu gab aus verschiedenen Quellen Welcher in der «Sylloge epigrammatum Graecorum»
(Bonn 1828-29),
vgl. auch Kaibel, «Epigrammata graeca ex lapidibus collecta» (Berl. 1878). NeueAusgaben erschienen von Dübner
(mit lat. Übersetzung und Kommentar, Bd. 1 u. 2, Paris 1864-71; Bd. 3 von Cougny, 1890) und Stadtmüller (Bd.
1, Lpz. 1894). Übersetzungen ausgewählter Gedichte haben außer Stolberg,
[* 18] Voß und Conz besonders Herder
in den «Zerstreuten Blättern» (Tl. 1 u. 2) und Jacobs in «Leben und Kunst der Alten» («Vermischte
Schriften», 2 Bde., Gotha 1824),
neuerdings Regis, «Epigramme der griech. Anthologie» (Stuttg.
1856),
gegeben. Eine vollständige Übersetzung ward vonWeber und Thudichum («Griech. Dichter. Herausgegeben von Tafel, Osiander
und Schwab», Stuttg. 1838-70) unternommen. (S. auch Gnomologium, Stobäus.)
Eine Römische
[* 19] Anthologie ist aus dem Altertum nicht auf uns gekommen. Erst neuere Gelehrte haben aus dem Schatze von kleinern Poesien,
die sich namentlich aus einer größern, im 6. Jahrh. n. Chr.
gemachten Sammlung, oder sonst in Handschriften und auf Inschriften erhalten haben, solche Sammlungen veranstaltet, zuerst
Scaliger mit den «Catalecta Virgilii et aliorum poetarum latinorum» (auch
u. d. T.: «Virgilii appendix»,
Leid. 1573),
zu welchen die sog. «Priapea» (s.
Priapos) und durch Pithöus die «Epigrammata et poemata vetera ex codicibus et lapidibus collecta» (Par. 1590) hinzukamen.
Mit Benutzung alles Vorhandenen stellte PeterBurmann der Jüngere seine «Anthologia veterum Latinorum epigrammatum
et poematum» (2 Bde., Amsterd.
1759-73) zusammen, die 1544 einzelne Gedichte enthielt und besser geordnet und vermehrt von Heinr.
Meyer (2 Bde., Lpz. 1835) herausgegeben
wurde. Eine neue kritische Ausgabe veranstalteten Bücheler und Riese (Bd. 1, Lpz. 1869-70; Bd.
2, ebd. 1895 fg.).
Die zahlreichen Mustersammlungen von Gedichten und Bruchstücken aus den Werken nationaler Dichter und
Schriftsteller heißen auch Anthologie. Den Anthologie verwandt sind die Analekten und Chrestomathien (s. d.).
"Anthologie", die zum Teil gleichnamigen Dichtern angehören mögen. Sie sind außer in den Ausgaben der "Anthologie" herausgegeben und übersetzt von Hartung in den "Griech. Elegikern"