Anschuldigung,
falsche, s. Anzeige.
193 Wörter, 1'382 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
falsche, s. Anzeige.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
falsche, die Anzeige bei einer Behörde, durch welche der Anzeigende wider besseres Wissen jemand der Begehung einer strafbaren Handlung oder einer Amtspflichtverletzung beschuldigt. Ist infolge dieser Anzeige ein Verfahren eingeleitet worden, so soll nach §. 164 des Deutschen Strafgesetzbuchs mit dem Verfahren und der Entscheidung über die Anschuldigung bis zur Beendigung des erstern innegehalten werden. Die Strafe für falsche Anschuldigung ist Gefängnis nicht unter einem Monat; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Nach §. 165 ist dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung des Schuldigen auf Kosten desselben öffentlich bekannt zu machen; auch ist dem Verletzten eine Ausfertigung des Urteils zu erteilen. Nach Österr. Strafgesetzbuch ist die Strafe für falsche Anschuldigung (dort Verleumdung genannt) ein bis fünf Jahre schwerer Kerker, welche bis auf zehn Jahre verlängert werden soll, wenn der Verleumder sich besonderer Arglist bedient oder den Beschuldigten einer größern Gefahr ausgesetzt hat, oder wenn der Verleumder ein Dienstbote, Hausgenosse oder Untergebener des Verleumdeten oder ein Beamter war. In den Strafgesetzen beider Reiche wird die falsche Anschuldigung als qualifizierte von der einfachen Verleumdung (s. d.) unterschieden. -
Vgl. Wegele, Zur Geschichte der falschen Anschuldigung (Ansb. 1892).
s. v. w. Annonce (s. d.). In der Rechtssprache die Mitteilung (Denunziation), welche einer Behörde über eine beabsichtigte oder über eine bereits begangene strafbare Handlung zum Zweck ihrer Verhütung oder ihrer Bestrafung gemacht wird. Der Anzeigende wird Denunziant, der, gegen welchen die Anzeige gerichtet ist, Denunziat genannt. Berechtigt zu einer solchen Anzeige, welche bei der zuständigen Behörde erstattet werden muß, ist, sofern es sich nicht um ein Verbrechen oder Vergehen handelt, welches bloß auf Antrag des Verletzten verfolgt wird, jeder aus dem Volk. Anzeigen strafbarer Handlungen oder
Anträge auf Strafverfolgung können bei der Staatsanwaltschaft, bei den Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes und nach der deutschen Strafprozeßordnung auch bei den Amtsgerichten mündlich oder schriftlich angebracht werden. Die mündliche Anzeige ist zu beurkunden. Eine Verpflichtung zur Anzeige (Anzeige-, Denunziationspflicht) ist, sofern eine bereits begangene unerlaubte Handlung in Frage steht, nach den meisten Strafgesetzen nur infolge einer besondern Amtspflicht begründet, und daher kann auch die Unterlassung einer in derartigen Fällen nur für diejenigen Beamten und ihre Bediensteten eine Strafe nach sich ziehen, welche sich eben dadurch einer besondern Pflichtverletzung schuldig gemacht haben.
Auch in Ansehung einer beabsichtigten strafbaren Handlung liegt die Anzeige zunächst nur den dazu verpflichteten Beamten ob; nur bei eigentlichen Verbrechen (im engern Sinn) ist die Verpflichtung zur Anzeige eines verbrecherischen Vorhabens einem jeden auferlegt und die Unterlassung der Anzeige für strafbar erklärt worden, so z. B. nach dem österreichischen Strafgesetzbuch. Das deutsche Strafgesetzbuch dagegen straft die Unterlassung einer von bevorstehenden Verbrechen nur bei besonders schweren Verbrechen, nämlich bei Hochverrat, Landesverrat, Münzverbrechen, Mord, Raub, Menschenraub und bei gemeingefährlichen Verbrechen, also namentlich bei Brandstiftung, vorsätzlicher Gefährdung eines Eisenbahntransports, vorsätzlicher Überschwemmung u. dgl. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, daß der zu Bestrafende zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich war, glaubhafte Kenntnis von dem verbrecherischen Vorhaben erhalten und gleichwohl weder der Behörde noch der durch das Verbrechen bedrohten Person zur rechten Zeit Anzeige davon gemacht habe.
Die Strafe (Gefängsnisstrafe ^[richtig: Gefängnisstrafe] von 1 Tag bis zu 5 Jahren) tritt jedoch nur dann ein, wenn das Verbrechen oder doch wenigstens ein strafbarer Versuch desselben wirklich begangen worden ist. Auf der andern Seite wird aber auch eine wider besseres Wissen erstattete Anzeige mit Strafe belegt und zwar nach dem deutschen Strafgesetzbuch mit Gefängnis nicht unter einem Monat; auch kann dem Verletzten die Befugnis zugesprochen werden, die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen. Übrigens wird der Ausdruck Anzeige im Strafprozeß auch als gleichbedeutend mit »indicium«, Indiz (s. d.), zur Bezeichnung einer Thatsache gebraucht, welche eine Schlußfolgerung für die Schuld oder Unschuld des Angeschuldigten zuläßt.
Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 156 ff.; Deutsches Strafgesetzbuch, § 52, 54, 139, 346. - In der Medizin ist Anzeige s. v. w. Indikation, der aus dem Gesamtzustand einer Krankheit und der besondern Zufälle entnommene Bestimmungsgrund zur Anwendung eines bestimmten Heilmittels oder Verfahrens (s. Indikation).