Annolied
,
mittelhochdeutsches Gedicht aus dem Anfang des 12. Jahrh., das in 876 Versen die Verherrlichung des heil. Anno, Erzbischofs von Köln, [* 2] ¶
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mit allgemein politischer Beziehung auf die damalige Weltlage enthält. Der Dichter, wohl ein niederrheinischer Geistlicher, läßt eine Einleitung von Erschaffung der Welt, Sündenfall, Erlösung, Verbreitung der christlichen Lehre [* 4] vorausgehen und schildert dann des Heiligen weltliche und geistliche Regierung und seinen Kummer über die Deutschen, die sich durch innere Zwietracht selbst zu Grunde richteten. Da er dies nicht abzuändern vermag, will der deutsche Mann nicht länger leben und stirbt aus Gram über die Undankbarkeit seiner Zeitgenossen.
Das Annolied
, welches teilweise mit der »Kaiserchronik« auf die gleiche Quelle
[* 5] zurückgeht, ist in seiner Darstellung äußerst lebendig,
oft großartig. Zu Breslau
[* 6] entdeckt, wurde das Gedicht, dessen Handschrift verloren ist, zuerst herausgegeben
von M. Opitz (Danz. 1639), dann von Goldmann (mit Übersetzung, Leipz. 1816), kritischer von K. Roth (Münch. 1847, mit Übersetzung
und Erläuterung) und Bezzenberger (Quedlinb. 1848). Die jüngste Ausgabe von Kehrein (Frankf. a. M. 1865) ist ein Abdruck des
Opitzschen Textes.