oder Hanno, der Heilige, Erzbischof von Köln,
[* 2] von Geburt ein Schwabe, erhielt auf der Bamberger Domschule den ersten
Unterricht. Als Dompropst zu Goslar
[* 3] kam er in nähere Beziehung zu KaiserHeinrich III., den er 1051 und 1052 auf
seinen Ungarnzügen begleitete. Am wurde er zum Erzbischof von Köln geweiht. Als nach dem frühen TodeHeinrichs
III. dessen Gattin, die Kaiserin Agnes, die Vormundschaft und Verwaltung des Reichs für ihren unmündigen Sohn Heinrich
IV. übernahm, bemächtigte sich Anno unter Mitwirkung einiger Fürsten 1062 der Person des jungen Königs
und der Reichsverwaltung.
Letztere mußte Anno zwar 1063 an den Erzbischof Adalbert vonBremen
[* 4] überlassen, doch übernahm er sie nach des letztern Tode
auf Wunsch Heinrichs IV. im März 1072 von neuem, legte sie aber bereits im Dezember desselben Jahres wieder nieder. Er zog
sich vom Hofe zurück und lebte meist in dem von ihm gestifteten KlosterSiegburg,
[* 5] wo er starb. Anno war ein Mann von
bedeutenden Gaben, großer Gelehrsamkeit und noch größerm Ehrgeiz; durch sein rücksichtsloses, leidenschaftliches Wesen
schuf er sich viele Feinde, auch unter den königstreuen Bürgern seiner Residenz, die sich 1074 im Aufstande
gegen ihn erhob. Seine unablässige Sorge für die Hebung der Macht seines Erzbistums, für Kirchen und Klöster, seine strengen
Bußübungen und die angeblichen Wunder an seinem Grabe ließen aber bald seine Fehler vergessen, und so behandeln ihn schon
um 1100 die «Vita Annonis» (hg. von Köpke in den «Monumenta
Germaniae. Scriptores» XI) und das «Annolied» fast wie einen Heiligen. 1183 erfolgte dann seine Heiligsprechung. -
Der literarhistorisch sehr bedeutungsvolle, durch Größe der Auffassung, Fülle und Kraft
[* 6] ausgezeichnete Lobgesang auf den
heiligen Anno (Annolied) wurde nicht lange nach dem Tode des Heiligen, etwa 1106, wohl im KlosterSiegburg gedichtet,
benutzte die «Vita Annonis» und ward von der Kaiserchronik (s. d.)
ausgeschrieben. Die sagenhaft aufgeschwellten Wunder A.s sollten wohl die Heiligsprechung vorbereiten. Die verschollene Handschrift
muß der Abdruck von M. Opitz (Danz. 1639) vertreten; hg. von Bezzenberger («Märe von sente Annen», Quedlinb.
1848) und von Kehrein (Franks. a. M. 1865).-