oder
Milchweiß, sehr feingemahlener ungebrannter
Gips,
[* 2] der als mineralischer Füllstoff in der Papierfabrikation
[* 3] ausgedehnte Anwendung findet. Es wird in Annenmühle bei Osterode
[* 4] am Harz gemahlen, daher sein
Name.
Ein
der Annaline an Feinheit und
Weiße gleichkommendes Präparat wird hergestellt, wenn man mäßig feingepulverten gebrannten
Gips
in die 12fache Gewichtsmenge Wasser einrührt und mit dem
Rühren etwa 15 Minuten fortfährt;
dann nimmt die vorher dünnflüssige
Masse Rahmkonsistenz an.
Man befreit die sehr wasserhaltige
Masse durch Filterpressen vom Wasser.
Bisweilen findet sich der in weit ausgedehnten Tafelablagerungen als Gipsspat (Gipsglas, Marienglas, Frauenglas,
Fraueneis, Selenit, Lapis specularis), auch in gewöhnlich plattenförmigen Massen von parallel miteinander verbundenen kristallinischen
Fasern mit oft sehr schönem Seidenglanz (Stengel-, Faser-, Seiden-, Atlasgips) in andern Gipsvarietäten oder im Thon (bei Nordhausen,
[* 11] Genf,
[* 12] Jena,
[* 13] in Württemberg
[* 14] etc.). Schuppiger in lose zusammengehäuften, wenig glänzenden
Blättchen bildet den Schaum- oder Schneegips (Gipsblüte) von Nordhausen und dem Montmartre. Am häufigsten ist derber, dichter,
auch körniger Gips (Gipsstein), welcher oft große Felsmassen, ganze Bergreihen (Südrand des Harzes) bildet und in seiner schönsten
Varietät als Alabaster bekannt ist. Der Gips besteht aus schwefelsaurem Kalk mit 2 MolekülenWasser CaSO4 + 2H2O
und enthält in 100 Teilen 32,54 Kalk, 46,51 Schwefelsäure
[* 15] und 20,95 Wasser. Er ist farblos, vollkommen
durchsichtig oder weiß, häufig gelb, rot, grau, braun, schwarz, selten grün oder blau; Härte 1,5-2, spez. Gew. 2,2-2,4;
er ist höchst vollkommen spaltbar in dünne, an ihren breiten Seiten stark
¶
Aus einer nicht zu stark verdünnten Lösung von Chlorcalcium scheidet sich bei Zusatz von schwefelsaurem Natron Gips kristallinisch
aus, und Chlornatrium bleibt in Lösung. In der Natur findet sich schwefelsaurer Kalk auch wasserfrei als
Anhydrit, der durch Aufnahme von Wasser in Gips übergeht. Die Gipsablagerungen werden infolge der Löslichkeit des Gipses durch
einsickerndes Wasser allmählich zerstört. Es bilden sich nicht selten ganz regelmäßig cylindrische und senkrecht niedergehende
Schlöte (Gipsorgeln), die allmählich zu Höhlen erweitert werden (Kelle bei Ellrich unweit Nordhausen,
Höhlen bei Wimmelburg, Barbarossahöhle am Kyffhäuser).
Bisweilen wird das ganze Gipslager durch Wasser ausgewaschen, und endlich stürzt das Deckengestein herab und bildet einen
Erdfall, wie sich dergleichen am Süd- und Nordrand des nordwestlichen ThüringerWaldes zahlreich finden. Das gashaltige Quellwasser
ist ungemein hart und daher zu manchen Zwecken wenig tauglich; sickert es durch mächtige Thon- oder Lehmlager,
so absorbieren diese den Gips, und es fließt aus ihnen weiches Wasser ab; geht aber das Gipswasser durch
Dolomit, so setzt sich
dessen kohlensaure Magnesia mit dem schwefelsauren Kalk um, es entsteht kohlensaurer Kalk, und das Wasser
enthält schwefelsaure Magnesia. Aus den Quellen gelangt das gipshaltige Wasser in die Flüsse
[* 26] und ins Meer, und hier wird der
Gips durch die Organismen wieder in kohlensauren Kalk umgewandelt.
Der Gips findet in der Technik vielfache Verwendung. Alabaster wird zu allerlei Luxusgegenständen verarbeitet; faseriger Gips dient
gepulvert als Streusand. Gipspulver dient zu Stucco lustro, zu Kitten und sehr häufig zur Verfälschung
andrer Pulver, wie Stärke,
[* 27] Mehl,
[* 28] Chinin, Bleiweiß;
[* 29] Farbstoffe pflegt man mit Gips zu mischen, um ihnen einen hellern Ton zu geben.
Man gebraucht Gips als Zusatz zur Masse verschiedener Porzellanarten, zu Glasuren und Emails. In der Form
von Gips sind enorme MengenSchwefelsäure in der Natur aufgespeichert, aber alle Versuche, diese, resp. die 18,6 Proz.
Schwefel, welche der Gips enthält, zu verwerten, sind bisher gescheitert.
Größern praktischen Wert hat die Benutzung des Gipses als Dungmittel. Behandelt man Gips mit kohlensaurem Ammoniak, so entstehen
kohlensaurer Kalk und schwefelsaures Ammoniak. Nun entwickelt sich bei der Zersetzung des Mistes sehr viel
kohlensaures Ammoniak und geht, wie der stechende Geruch in Ställen beweist, größtenteils verloren. Bestreut man dagegen
den Mist mit Gipspulver, so wird das wertvolle Ammoniak in das nicht flüchtige Schwefelsäuresalz übergeführt und bleibt
erhalten.
Auf dem Feld benutzt man den Gips als Kopfdünger namentlich auf Klee, Luzerne, Esparsette, Hülsenfrüchte,
Raps und Rübsen und erzielt unter geeigneten Bodenverhältnissen glänzende Resultate (s. Dünger, S. 222). Unter dem NamenAnnaline
wird Gips als Zusatz zum Papierzeug (25-30 Proz.) in der Papierfabrikation verwendet. Zu
diesem Zweck wird ein äußerst zartes Gipspulver dargestellt, indem man gebrannten, mäßig fein gepulverten
Gips mit seinem zwölffachen GewichtWasser mischt, etwa 15 Minuten rührt, bis die Mischung Rahmkonsistenz angenommen hat, und
die Masse in eine Zentrifugalmaschine bringt, um das Wasser von dem Gips zu trennen.
Am häufigsten wird der Gips gebrannt, d. h. durch Erhitzen entwässert, weil er dadurch die Fähigkeit
erlangt, nach dem Anrühren mit Wasser (Löschen) zu erhärten. Der Gips verliert von seinem Kristallwasser fast genau 75 Proz.,
wenn er in einem mäßigen Luftstrom auf 90° oder in ruhender Luft auf 100-125° erhitzt wird. Über 200° geht auch das
letzte Viertel des Kristallwassers fort, und dieser wasserfreie hat die Eigenschaft, mit Wasser zu erhärten,
verloren, er ist totgebrannt.
Der gebrannte Gips des Handels (Gipskalk, Sparkalk) enthält meist 5,27 Proz. Wasser. Der Grad der Härte, welchen der gebrannte
Gips nach dem Anrühren mit Wasser erlangt, hängt zum Teil davon ab, daß beim Löschen nicht mehr Wasser
als nötig zugesetzt wird, zum Teil aber auch von der Beschaffenheit des ungebrannten Gipssteins und von dem Grade des Brennens.
Körniger Gips gibt eine härtere Masse als faseriger und blätteriger;
eine gewisse QuantitätWasser ist erforderlich, um den
Brei verarbeiten zu können;
nimmt man aber zu viel Wasser, so wird der locker und porös;
guter, frisch
gebrannter Gips erstarrt in 1-2 Minuten unter gelinder Erwärmung und dehnt sich dabei um ungefähr 1 Proz. aus, und hierauf
beruht seine Anwendung zu Kunstgüssen, zum Abformen, Ausgießen der Mauerfugen etc. Gelöschter und erhärteter Gips ist
¶
mehr
nach abermaligem Brennen wieder wie frischer verwendbar. KleinereQuantitäten Gips brennt man als Pulver durch Erhitzen in einem
Kessel oder auf einer Platte, bis die durch die entweichenden Wasserdämpfe hervorgebrachte wallende Bewegung aufgehört hat
und eine kalte Glasplatte über dem Gips nicht mehr beschlägt. Im großen brennt man den Gips bisweilen
noch in Meilern oder in Haufen mit Holz,
[* 31] indem man die größten Stücke Gipsstein zu einer Feuergasse zusammenstellt, die kleinern
aber daneben- und darüberschüttet und mit Holz feuert. An andern Orten baut man die Gipsgrubenöfen in einen Bergabhang.
Sie haben daher außen nur drei Mauern, sind ca. 3,75 m hoch, 9 m breit und 6 m tief, nach oben offen und
sich etwas erweiternd. An der Vordermauer sind zwei oder drei Schürlöcher, und von jedem derselben werden gegen die Rückwand
hin überwölbte Gänge, die Schürgassen, angelegt, indem man große Gipssteine locker und mit erforderlichen Zwischenräumen
aufstellt. Darüber werden kleinere Gipssteine mit Tannenholz geschichtet und oben mit Gipsschutt oder
Gerölle gedeckt.
Diese Methode verursacht bedeutende Holzverschwendung, und durch die Berührung der Kohle mit dem Gips wird viel Schwefelcalcium
gebildet; ein bedeutender Teil des Gipses wird tot-, ein andrer nicht gar gebrannt. Rationellere Gipsöfen sind mit einem
flachen Gewölbe
[* 32] überspannt (s. Figur), welches durch mehrfache Zugöffnungen a
durchbrochen ist; an der Sohle des Ofens befinden sich, an zwei Seiten zugänglich, die von rohen Gipssteinen hergestellten
Schürgassen c, über welche der zu brennende Gips durch die Beschickungsöffnung b aufgeschüttet wird.
Letztere ist während des Brandes vermauert. Für feinere Gipssorten benutzt man beim Brennen einen Flach-
oder Backofen von der Form, wie er zum Brotbacken dient. Man heizt den Ofen an, zieht die Kohlen heraus und beschickt ihn mit
dem in kleine Stücke zerschlagenen Gips. Man kann auch die Backöfen selbst nach dem Entleeren von Brot
[* 33] noch vorteilhaft zum
Brennen des Gipses benutzen. Wesentlich verbessert wurden diese Flachöfen durch Anbringung einer
eignen Rostfeuerung, wobei dann der Ofen nicht jedesmal vor dem Einbringen des Gipses gereinigt zu werden braucht. Die Feuerungsgase
leitet man unter dem Boden des Ofens durch gußeiserne Röhren
[* 34] oder gemauerte Kanäle nochmals teils an den Seiten, teils über
der Decke
[* 35] des Ofenraums hin und zurück.
Ein vorzügliches Produkt liefert der Ofen von Dumesnil. Aus dem unter der Ofensohle befindlichen Feuerraum, zu welchem ein
gebogener Kanal
[* 36] herabführt, steigen die Verbrennungsgase durch gebogene Kanäle zu dem Brennraum empor und münden hier unter
einem kleinen Gewölbe, aus welchem sie durch Seitenöffnungen ausströmen. Die Beschickung des Ofens erfolgt
durch eine untere und eine obere im Gewölbe befindliche Öffnung. Die größern Gipsstücke werden auf der Ofensohle so aufgestellt,
daß sich die Feuerungsgase gleichmäßig durch den ganzen Ofenraum verbreiten können.
Dann läßt man eine Lage kleinerer Stücke folgen, und schließlich schüttet man
die kleinsten Stücke auf. Die
durch eine Klappe verschließbare Esse dient zur Regulierung des Zugs, außerdem sind im Gewölbe vier kleinere Zugröhren angebracht,
durch deren Öffnen oder Schließen die Hitze in den verschiedenen Teilen des Ofens gleichmäßig gemacht werden kann. Man
feuert zuerst vier Stunden gelind und während der folgenden acht Stunden stärker, schließt dann alle
Öffnungen und breitet auf dem gebrannten Gips 5-6 cbm grobes Gipspulver aus, welches noch durch die vorhandene Hitze gebrannt
wird.
Nach weitern zwölf Stunden wird der Ofen entleert. Bisweilen benutzt man die aus Kalköfen entweichende Hitze zum Brennen von
Gips, und wo letzterer in kleinern Stücken oder Körnern vorkommt, wendet man eiserne Cylinder an, die in
einem Kanal, durch welchen die Feuerungsgase streichen, der Feuerung entgegengeführt werden. Auch Gipshochöfen zum kontinuierlichen
Brennen hat man konstruiert und sie namentlich in unmittelbarer Nähe der Gipsbrüche und an einem Abhang errichtet. Sie stimmen
im Prinzip mit den Rüdersdorfer Kalköfen überein, sind aber viel kleiner.
Der gebrannte Gips ist sehr weich und wird auf Stampfmühlen zerkleinert und zwischen Walzen
oder Mühlsteinen, auch in rotierenden Trommeln mit Kugeln gemahlen. Er bildet dann ein weißes Pulver, welches, nachdem es für
gewisse Zwecke gesiebt worden ist, in Fässern, vor Feuchtigkeit geschützt, aufbewahrt werden muß. Zum
Zerkleinern des Gipses nach dem Brennen benutzt man Stampfmühlen.
Die Lösung der Harze in Alkohol und Terpentinöl, selbst viele fette Firnisse können durch gelindes Erwärmen
mit gebranntem Gips mit Leichtigkeit wasserhell erhalten werden. Trübe gewordene Weine, Parfüme, Liköre klären sich beim
Schütteln mit etwas gebranntem Gips sehr bald ab, ebenso die Lösung der Guttapercha. Der Wein wird durch den Gips klarer, stärker
und, wenn er einen übeln Geschmack angenommen hatte, zugleich wieder wohlschmeckend; außerdem verlangsamt
der Gips die Gärung, verwandelt die löslichen Kalisalze des Weins in unlösliche Kalksalze und bewirkt zugleich die Abscheidung
eiweißartiger Stoffe. Raffiniertes Rüböl klärt man durch Anrühren mit gebranntem Gips und Kochsalz. Am häufigsten wird die
Eigenschaft des gebrannten Gipses, mit Wasser zu erhärten, verwertet. So benutzt man Gips zum Bekleiden
der Böden der Ölfässer, zum Befestigen von Eisen
[* 40] in Stein und Mauerwerk, zur Herstellung unbeweglicher Verbände bei Knochenbrüchen,
zur Darstellung von
(s. d.) bei Gipsdielen und Spreutafeln (s. Gipsdielen), bei dem Gips-Estrich (s. Estrich), dem Monier-System (s. d.), dem Rabitz-Patent (s. d.), dem Pariser System für Decken (s. Decke), als Gipsmarmor zur Bekleidung von Wänden und Säulen sowie endlich bei der Herstellung gegossener Stuckornament
ein in geologischer Hinsicht sehr interessantes Gebiet mit im Gips ausgewaschenen Trichtern, die nur durch schmale und scharfe Rippen voneinander getrennt sind.
Kreis Saargemünd, an der Eisenbahn Hagenau-Beningen, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen und Perlkränzen, Gips- und Steinbrüche und
Ton. Steinkohlen und 310,429 T. Eisenerz. Außerdem werden Schiefer, Gips und Kalksteine gewonnen. Die Industrie ist bedeutend. Vor allem sind die Strumpfwirkerei
Flanell u. s. w. mit Gipsmehl, taucht sie in Wasser ein und wickelt sie sofort, naß, ehe der Gips erstarrt ist, in mehrern Schichten um die betreffende Extremität; 2) in gleichmäßiger Schicht auf, legt darüber wieder eine Rollbinde, die abermals mit einer Gipsbreischicht überzogen wird