Anjou
(spr. angschu), ehemaliges
Gouvernement im nordwestlichen
Frankreich, auf beiden Seiten der untern
Loire, wo diese
die
Maine aufnimmt, gelegen und von
Maine,
Bretagne,
Poitou und
Touraine umgeben, war 8975 qkm (163 QM.) groß mit etwa 400,000
Einw. und umfaßte das jetzige
Departement
Maine-et-Loire nebst Teilen der
Departements
Indre-et-Loire,
Mayenne
und
Sarthe. Hauptstadt war
Angers. Anjou
(lat. Andegavum) wurde einst von den Andegaven bewohnt und von den
Römern unterworfen.
Später herrschten hier
Grafen, deren
Geschlecht 1060 erlosch. Besitztümer und
Titel gingen durch eine
Schwester des letzten
männlichen Sprößlings an das
Haus
Gatinais über, dem
Gottfried V., der Ahnherr der
Plantagenets (s. d.),
angehörte. Er hinterließ Anjou
und die
Normandie 1151 seinem ältern Sohn,
Heinrich, der 1154 als
Heinrich II. den
Thron
[* 2] von
England
bestieg, wo seine Nachkommen bis 1485 regierten. Anjou
ging schon 1204 unter
Johann ohne Land mit der
Normandie und fast allen
britischen Besitzungen in
Frankreich an
Philipp II.
August verloren. König
Ludwig IX. belehnte damit seinen
Bruder
Johann und nach dessen frühzeitigem
Tod 1246 seinen zweiten
Bruder,
Karl,
Grafen von
Provence, der später König von
Neapel
[* 3]
¶
mehr
und Stammvater des ältern Hauses Anjou
daselbst wurde. Seine Enkelin Margarete brachte die Grafschaft Anjou
ihrem Gemahl Karl von
Valois, dem Bruder Philipps IV. von Frankreich, zu, und dieser erhob sie 1297 zur Pairie. Margaretens und Karls Sohn ward 1328 als
Philipp VI. König von Frankreich, wodurch die Linie Valois auf den französischen Thron gelangte und zugleich
Anjou
wieder mit der Krone vereinigt wurde. König Johann II. erhob es zu einem Herzogtum und gab es seinem zweiten Sohn, der als
Ludwig I. 1382 König von Neapel und Stammvater des jüngern Hauses Anjou
daselbst wurde.
Das Herzogtum gehörte nun den Königen von Neapel, bis es nach dem Tod Renés II. (1480) von Ludwig XI. faktisch
in Besitz genommen und für immer mit der französischen Krone vereinigt wurde. Seitdem führte gewöhnlich ein Prinz von Frankreich
den Titel eines Herzogs von Anjou
, so Heinrich III. vor seiner Thronbesteigung, dann Philipp, zweiter Sohn des
Dauphins, Enkel Ludwigs XIV., der 1701 als Philipp V. König von Spanien
[* 5] ward. Das Land hatte vor der Revolution sein eignes Recht
und stand unter dem Parlament von Paris.
[* 6]