Angora
(Engürieh), Hauptstadt des gleichnamigen türk.
Wilajets im innern
Kleinasien, am Engürisu, einem Zufluß des
Sakaria, und am
Fuß eines steilen Felskegels, auf dem stufenförmig die mit dreifacher Verteidigungslinie
umgebene
Citadelle liegt. Die Stadt selbst ist von einer fast ganz aus alten Bautrümmern zusammengesetzten
Mauer umgeben,
hat meist enge und unregelmäßige
Straßen, über 80 große
Moscheen und 17-18
Chane, erinnert aber in ihrem sozialen
Treiben
ähnlich wie
Smyrna, an den europäischen
Westen. Die Zahl der Bewohner wird auf 40-45,000 angegeben (25,000
Türken, 12,000 katholische Armenier, 3000 Griechen und 500
Juden). Der
Handel befindet sich ganz in den
Händen der Armenier
und bringt besonders Kämelwolle (von den Angora
ziegen) und feine
Kamelotts
(Gewebe
[* 2] daraus),
Gelbbeeren
(Rhamnus tinctorius),
die in der Umgegend massenhaft angebaut werden,
Krapp,
Mastix etc. zur Ausfuhr. -
Angora
ist das alte
Ankyra, eine der blühendsten vorderasiatischen
Städte des
Altertums, die Hauptstadt der galatischen Tektosagen,
die später von
Augustus zur Hauptstadt von
Galatien erhoben und als
Mittelpunkt der großen
Heerstraße von Byzantium nach
Syrien
der Hauptstapelplatz des Karawanenhandels ward. Aus Dankbarkeit erbauten die Bewohner dem römischen
Kaiser und der
Dea
Roma
[* 3] einen herrlichen
Tempel
[* 4] (das in seinen Trümmern noch vorhandene Augusteum), auf dessen Unterbau die
von
Augustus selbst verfaßte Übersicht seiner Thaten eingegraben war. Von diesem sogen.
Monumentum oder
Marmor
Ancyranum sind
seit 1553 bedeutende
Fragmente abgeschrieben und von verschiedenen
Gelehrten (am besten von
Mommsen in
»Res
gestae divi
Augusti«, 2. Aufl., Berl. 1883) erklärt worden.
Einen Gesamtabklatsch nach Wegreißung mehrerer die Inschrift zum Teil verdeckender Häuser nahm 1882 im Auftrag der Berliner [* 5] Akademie K. Humann. Nach der Einführung des Christentums war der Sitz eines Metropoliten und als solcher der Versammlungsort zweier Konzile (315 und 358). Im J. 621 wurde von den Arabern erobert, kam dann wieder in die Gewalt der byzantinischen Kaiser und ward endlich 1360 von Murad I. dem Türkenreich einverleibt. In der Nähe fand der große Sieg Timurs über die Türken unter Bajesid I. statt, wodurch letzterer Thron [* 6] und Freiheit verlor.