Landschaft in Niederguinea an der afrikanischen Westküste, im weitern Sinn die sämtlichen
portugiesischen Besitzungen in Südwestafrika umfassend, welche vom Loge, der die Nordgrenze bildet und bei Ambriz mündet,
bis Kap Frio reichen, nachdem 1857 bei einem mit den Franzosen entstandenen Streite der Congo mit dem Kap Padrone und später ein
Punkt unter 5° 12' als nördlichste Grenze bezeichnet worden war (s. Karte »Äquatorialafrika« beim Art.
»Congo«).
Nach dem Innern zu ist die Begrenzung ganz unbestimmt, doch nehmen die Portugiesen wenigstens für den mittlern Teil den
Coango als Ostgrenze an. Auf den dürren, sandigen Küstenstrich folgt ein durchschnittlich 800 m hohes Hochland mit zahlreichen,
meist von N. nach S. verlaufenden Gebirgsketten, die nach O. zu an Höhe zunehmen. Unter diesen Gebirgen
sind zu erwähnen: die Serra de Chella, die Serra de Neve im südlichen Teil (Mossamedes), die über 1000 m hohe Serra de Talla
Magongo im O., gegen den Coango abfallend, mit den jähen, phantastisch erscheinenden und zeitweilig durch plötzlich auftretende
Flechten schwarz gefärbten Pungo-Adongofelsen, die zugleich den höchsten Punkt der Landschaft (1370 m) bilden; im N. endlich
treten mit durchschnittlicher Erhebung von 800 m die Serra de Canganza und die Qionguiaberge auf.
Das Land ist reich bewässert. Zahlreiche in der Regenzeit anschwellende, in der trocknen Zeit sehr seicht werdende oder
teilweise versiegende Ströme fließen vorherrschend in der Richtung von O. nach W. dem Atlantischen Ozean zu, zunächst im
N. der Congo, dann im eigentlichen der Coanza, im S. der Cunene. Ein Längenthal bildet im O. der nach N. strömende Coango,
der ein breites fruchtbares Thal durchfließt. Schiffbar sind nur der Cunene und der untere Coanza, aber
auch diese nur zur Regenzeit und für kleinere Fahrzeuge.
Der Küstenstrich ist unerträglich heiß und höchst ungesund, so daß die durchschnittliche Lebensdauer der dort angesiedelten
wenigen Portugiesen auf nur acht Jahre berechnet wird, während die innern, höher gelegenen Gegenden sehr gesund sind und
sich vortrefflich zum Anbau der verschiedensten Kulturgewächse eignen. Die Regenzeit dauert vom April bis Juli und vom November
bis Januar, doch nicht ununterbrochen. Während die Küstenstriche vergleichsweise arm an Vegetation sind, nehmen nach dem
Innern hin die Urwälder bedeutend zu, und der riesige Affenbrotbaum findet sich hier in seinen gewaltigsten
Exemplaren. Im übrigen ist die Vegetation die tropisch-afrikanische.
Yams, Tabak, Indigo, Reis, Baumwolle, im O. Kaffee, Zuckerrohr etc. werden gebaut, doch keineswegs in genügender Menge und ohne
größere Bedeutung für die Ausfuhr, wie denn überhaupt der ganze Zustand der Kolonie ein höchst verwahrloster ist. In
jüngster Zeit wird viel Rinde von Adansonia digitata exportiert. Von tierischen Produkten kommen Wachs,
Häute und Elfenbein in den Handel. Portugiesische Handelsleute (Pombeiros) durchziehen das Land und handeln von den Eingebornen
das Elfenbein, das Kopalharz oder von den Pacasseiros (Büffeljägern) Häute ein, welche sie, ebenso wie Palmöl, nach der
Küste bringen. Da Pferde und Kamele nicht gedeihen, sind die Verkehrsverhältnisse Angolas die primitivsten:
der Mensch tritt als Träger und Lasttier auf, was natürlich den Handel ungemein erschwert.
Der Ochs wird als Reittier gebraucht. Auch haben die Trägerkarawanen viel durch Räuber und die Abgaben zu leiden, welche jeder
Häuptling, dessen Gebiet sie durchziehen, erhebt. Reich ist das Land an mineralischen Produkten. Es liefert
Salz aus verschiedenen Lagunen; Eisenerzablagerungen kommen in großer Menge vor und werden sowohl von den Eingebornen als den
Portugiesen ausgebeutet; auch sind einige Kupfer-, Blei- und Schwefelminen im Betrieb, und Petroleum rieselt an verschiedenen
Stellen aus den Bergen, wird aber nicht ausgebeutet.
Die eingeborne Bevölkerung besteht aus sogen. Congonegern, die zu den Bantu gehören. Sie zerfallen in
einzelne Stämme, deren wichtigste, von N. nach S. zu aufgezählt, folgende sind: die Dembo, Kassimba, Bangala, Bondo, Kioko,
Tamba-Malemba, Kalukeme, Bihe, Mukoroka, Bakankala und einige Herero. Die oberste Gewalt in jedem Distrikt übt ein Häuptling
aus, der gelegentlich von den Portugiesen zu Tributzahlungen angehalten wird. Im 16. Jahrh.
hatten die Jesuiten einen großen Teil der Bevölkerung nominell zum Christentum bekehrt, der aber wieder in das schwärzeste
Fetischwesen zurückverfiel.
Nur in den Küstenorten hat bei den Schwarzen das Christentum einigermaßen Wurzel gefaßt. Die Zahl der Weißen, fast
nur Portugiesen, beträgt ca. 3000; doch reicht ihr Einfluß, durch Presidios oder Militärposten unterstützt, bis 450 oder 520 km
ins Innere. Solche Presidios sind: Muxima, Massangano, Cucamba, Kassandschi und Duke de Braganza. Da die Kolonie als Deportationsort
dient, so leben in den Städten sehr viele deportierte Verbrecher (Degradados). Mulatten gibt es 30,000.
Der Sitz der portugiesischen Verwaltung ist in der Hauptstadt São Paolo de Loanda, welche zugleich Hauptstadt des Gouvernements
Angola im engern Sinn ist, das sich vom Rio Ambriz (7° 50') im N. bis zum Kap São Braz im S. erstreckt, und dessen Ausdehnung (allein
kartographisch abgegrenzt) auf 78,470 km (1425 QM.) berechnet wurde.
Weitere Gouvernements sind
mehr
Benguela und Mossamedes im S. mit den gleichnamigen Hauptorten. Dieser ganze portugiesische Besitz in Westafrika umfaßt nach
sehr unsichern Berechnungen 809,400 qkm (14,600 QM.); die Bevölkerung wird auf 2 Mill. veranschlagt. Das Budget der Kolonie
zeigt fortdauernd Defizits; 1883/84 waren die Einnahmen auf 553,052, die Ausgaben auf 729,789 Milreïs veranschlagt.
Seit 1881 besteht ein Telegraph von Loanda über Dondo nach Cacullo (344 km), eine Eisenbahn von Loanda nach Ambaca (183 km) ist
konzessioniert.
Die Küste von Angola wurde 1486 durch den portugiesischen Seefahrer Diego Cad entdeckt. Bald darauf siedelten sich die Portugiesen
am Zaïre und auch südlich von diesem Fluß an; doch erst 1578 begründeten sie die Stadt Loanda (São Paolo de Loanda),
wo der Gouverneur seitdem residierte, und die früher vorzugsweise Congo genannte Landschaft erhielt seit jener Zeit den Namen
Angola. Im J. 1640 wurden die Portugiesen von den Holländern aus Loanda vertrieben, und letztere blieben bis 1648 Herren des
Platzes; hierauf fiel derselbe wieder an die Portugiesen zurück, die, einige kleine Kriege mit den Eingebornen abgerechnet,
nun im ungestörten Besitz des Landes blieben, das indessen unter ihrer schlaffen Regierung fortdauernd in einem nichts weniger
als blühenden Zustand sich befindet.
Durch die portugiesische Mißverwaltung wird das reiche Land am Emporkommen gehindert. Militär- und Zivilgewalt
liegen in denselben Händen; dadurch wird ein tyrannisches Erpressungssystem hervorgerufen, welches durch karge Besoldungen
noch unterstützt wird. Die Budgets der Kolonie (1883/84: Einnahmen 591,402, Ausgaben 672,339 Milreïs à 4 Mk. 45 Pf.) weisen
daher fortdauernd Defizits auf. Der Eintritt in die angolanische Armee wird durch die Besetzung der Offizierstellen,
die zugleich Zivilämter sind, mit Subalternen aus dem Mutterland zum Schaden für das Heer sehr erleichtert.
Der Hauptbestandteil der europäischen Bevölkerung der Kolonie setzt sich noch immer aus deportierten Verbrechern zusammen;
die schweren Zollabgaben drücken den Handel nieder und lassen ihn seine Wege außerhalb der Kolonie aufsuchen.
Da die europäische Presse bei der gesteigerten Bedeutung Westafrikas sich mehr mit Angola beschäftigte, so sah die portugiesische
Regierung sich endlich veranlaßt, Schritte zu thun, um den verrotteten Zuständen abzuhelfen. Vorarbeiten zu einer Eisenbahn
von der Hauptstadt São Paolo de Loanda nach Ambaka im Innern wurden begonnen und europäische Fachleute
ausgesandt, um die Hilfsquellen des Landes zu studieren, so der bayrische Geolog Heinrich v. Barth-Harmating (1877).
Vgl. Valdez,
Six years of a traveller's life in Western Africa (Lond. 1861, 2 Bde.);
Monteiro, Angola and the river Congo (New York 1875, 2 Bde.);
Lux, Von Loanda nach Kimbundu (Wien 1880);
Serpa Pinto,
Quer durch Afrika (deutsch, Leipz. 1881).
portug. Kolonie in Westafrika, zwischen 6 und 17° südl. Br., mit 809400, mit Interessensphäre,
d. i. mit Muata Jamvos Reich (s. d.) oder Lunda, 1315460 qkm Fläche und etwa 12 Mill. E., wovon etwa 490000 unter portug. Herrschaft,
grenzt im N. und O. an den Kongostaat, im SO. an Englisch-Centralafrika, im S. an Deutsch-Westafrika und im W. mit einer Küstenstrecke
von 1200 km an den Atlantischen Ocean. Nördlich vom Kongo besitzt es die Enklave Kabinda (s. d.) zwischen
Französisch-Kongo und dem Kongostaat.
Oberflächengestaltung. Das westafrik. Randgebirge durchzieht von N. nach S., zwischen Kongo und Quanza senkt es sich von 1000 m
sanft bis auf 20 und 30 km zur Meeresküste herab, während es gegen O. steil zum Kuango abfällt; zwischen
Quanza und Kunene setzt es in einer mittlern Erhebung von 1650 m und südwestlich vom Plateau von Bihe allmählich abnehmend,
in drei Terrassen zu den Niederungen am Strande ab; gegen O. bricht es mit dem Tala-Mungongo-Gebirge scharf gegen das Thal des
obern Kuango ab und verläuft südlich davon in das Quellgebiet von Quanza und Kubango und in die anstoßenden
Hochebenen.
Das Innere des Gebirges im N. stellt ein breites Plateau mit kuppelförmigen niedrigen Erhebungen und tief eingerissenen Schluchten
dar; im S. steigt es zwischen Bihe und Mossamedes zu mächtigen gezackten Gipfeln und Bergketten empor
(zum Lovili 2370 m, Elonga 2300 m, Humbi 2200 m, Shellagebirge 1900 m). Das Gebirge besteht allenthalben aus Gneis, mit Einlagerungen
von Sandstein, Kalk und Thonschiefer und am mittlern Quanza auch aus Porphyrfelsen und birgt an den Abhängen des Lucallathals
mehr
629 viel Eisenerz und in den südlicher gelegenen Gegenden von Benguella reiche, noch nicht ausgebeutete Minen von Silber, Kupfer
und Schwefel. Überall auf den Hochflächen und Niederungen bedeckt Laterit den Boden; die Küste ist von einem schmalen Kreidestreifen
eingefaßt. Alle Flüsse, mit Ausnahme derjenigen an der Ostgrenze, durchschneiden oder durchbrechen das
Gebirge mit schließlicher Richtung gegen die See, sind aber wegen der Stromschnellen, kurze Strecken ausgenommen, als Verkehrsstraßen
nicht geeignet; die zur Küste von Benguella und Mossamedes strömenden versickern während der Trockenzeit teilweise oder
vollständig.
Vom Somboplateau im N. kommen die kleinern Flüsse, wie Lelundo und M'Brische; vom Kangansagebirge der
Loje und die für Kanoes schiffbaren Dande und Bengo. Die beiden größten Ströme Quanza und Kunene (s. d.) entquellen dem Plateau
von Bihe; im Distrikt Benguella entspringt der Katumbela und auf der obersten Terrasse des Randgebirges der die reiche Landschaft
Dombe bewässernde Kaporolo. Klima. Bei der Ausdehnung des Landes über 11 Breitengrade und bei der allmählichen
Erhebung zu einem mächtigen Gebirgsstock im Innern weicht das Klima im Norden von jenem im Süden und das an der Küste von
jenem auf dem Hochland wesentlich ab. Die Dauer der Regenzeit am Kongo (s. Kongostaat) und Quanza ist nahezu die gleiche; in
den Niederungen von Loanda währt sie vom Oktober bis Januar und vom April bis Juni. Im Norden und nahe
der Küste sind die Regengüsse deftiger, die Wasserdünste erfüllen die Luft mit drückender Schwüle, während im Süden,
namentlich in Benguella und Mossamedes, die Trockenheit die Oberherrschaft gewinnt.
Umgekehrt verhält es sich auf den Plateaus im Innern. Die Hochebenen im Norden verdorren während der
Trockenzeit, das Gebirgsland im Süden hält die zur Fruchtbarkeit nötige Feuchtigkeit fest. Nach Süden und nach dem Innern
nimmt die Durchschnittstemperatur ab. Mitteltemperatur in Loanda 23° C., Mossamedes 20° C., Malansche 19,5° C.; kühlster
Monat in Loanda (August) 14° C., in Malansche (Mai) 4,3° C. Dagegen haben die heißesten Monate fast die
gleiche Temperaturhöhe: Loanda 31,7° C. (November) und Malansche 32° C. (Oktober). Die Gesundheitsverhältnisse müssen
in den heißesten und feuchtesten Gegenden, wie in Loanda und Benguella, viel ungünstiger sein als in der kühlern und dunstfreiern
Luft von Bihe und Mossamedes.
Flora und Fauna. Die Verschiedenheit des Klimas bedingt diejenige der Fruchtbarkeit. Über die ausgebrannten Hochflächen im
Norden, nahe dem Kongo, ziehen sich Savannen hin, die sich zu südeurop. Kulturen neben denen der Bananen eignen, mit Gebüschkomplexen
von Eriodendron und Euphorbien und mit vereinzelten Baobab- und Wollbäumen. Die Eingeborenen begnügen
sich mit dem Anbau von Maniok. Im südl. Gebirgsland hingegen giebt es saftige Rasen, Mais-, Hirse- und Tabakfelder und Ernten
von Erdnüssen und Baumwolle; an der Küste von Benguella im Dombedistrikt liefern Zuckerplantagen reiches Erträgnis.
Der üppigste Pflanzenwuchs entwickelt sich in den Flußthälern und Bachschluchten; hier gedeiht außer einer unbedeutenden
Rebe Zuckerrohr und besonders der Kaffee in lohnendster Fülle. Berühmt wegen des letztern Produkts ist das Thal von Lucalla
(s. d.). Eigentümlich für Mossamedes ist Welwitschia mirabilis Hook. (s. d.). – Die jagdbaren Tiere, wie
Elefanten, Löwen,
Antilopen u.s.w., haben sich aus den kultivierten Regionen in das Innere und das Hochgebirge im Süden zurückgezogen;
nur Panther, Hyänen, Flußpferde und Krokodile findet man noch überall. Auch der Chimpanse und zahlreiche andere Affen, Meerkatzen
und Paviane kommen vor. Rindvieh kommt allein in großen Herden in den Gebirgsthälern östlich von Mossamedes vor.
Bevölkerung, Sprache, Stämme. Die Hauptbevölkerung A.s zwischen dem Dande und Benguella bilden die Bundu;
ihre Sprache, die verbreitetste, reicht weit in das Innere hinein;
geistig begabt haben sie an der Küste sich mancherlei von
europ. Civilisation angeeignet: alle Arten von Handwerk, die Kunst des Lesens und Schreibens und des Musizierens;
mit Vorliebe
wandern sie als geschickte Händler und im Auftrag portug. Firmen in die fernen Gebiete des Kassai und
Lulua, oder sie betreiben auf eigenen Landgütern Acker- und Kaffeebau vermittelst ihrer Sklaven. Im Gebirgslande haben sie
sich zum Teil noch in voller Reinheit und Wildheit erhalten, ein schönes, stolzes Geschlecht;
jede Gemeinde besitzt ihren
eigenen Häuptling, Soba genannt.
Nördlich von ihnen diesseit und jenseit des Kongo wohnen die Bafiote
oder Kabinda (s. d.), allgemeiner bekannt unter dem Sammelnamen Kongoneger; sie waren früher Unterthanen des großen Kongoreiches
(s. d.), nahmen das Christentum an und halten daran, wenn auch in sehr verzerrter Form, noch äußerlich fest. Die Zweigstämme
der Mussorongo, Bamba, Bakongo und Muschikongo, seßhaft bis südlich zum M'Brische, leben als reine
Heiden unter ihren eigenen Häuptlingen, in kaum nennbarer Abhängigkeit vom Kongokönig in San Salvador und von der portug.
Regierung. Im Süden begegnet man östlich vom Quanza, in der Umgebung von Malansche den Songo, die noch stark unter portug.
Einfluß stehen; nahezu frei davon halten sich die Amboella (s. d.) und Gangella im Quellgebiet des Quanza
und Kubango, und die kümmerlich gewachsenen, furchtsamen Bakuando und Bakuisse an der Küste von Benguella und Mossamedes,
die ähnlich den Buschmännern am Kap in Höhlen und Grotten sich bergen und von der Jagd allein sich ernähren.
Mit «Pretos» werden im Gegensatz zu den «Negros»
die «civilisierten» Schwarzen bezeichnet; man rechnet zu ihnen die Kabinda, Ambakisten und Bihenos. Sie sprechen portugiesisch;
sie finden nicht nur in den Kaufhäusern, sondern auch bei königl. Ämtern Verwendung. Viele
besitzen und verwalten Plantagen. Außer den Boers (s. d.), Brasilianern und Goanesen haben sich an 4000 Europäer, meist
Portugiesen, zum zeitweiligen Aufenthalt niedergelassen. Sie suchen in möglichst kurzer Zeit als Beamte, Soldaten, Kaufleute
und Industrielle ein Vermögen zu erwerben, um dann in die Heimat zurückzukehren. Dem früher schwunghaft betriebenen Sklavenhandel
folgte die Ausnutzung der Neger als Sklavenarbeiter. Die Sklaverei selbst wurde 1878 aufgehoben; aber man versteht es, durch
langjährige Kontrakte, durch Abdienen von Schulden, in die man sie stürzt, ein der Sklaverei sehr ähnliches Verhältnis
zwischen Weißen und Eingeborenen aufrecht zu halten.
Landwirtschaft, Industrie, Handel, Verkehrswesen. Die Landwirtschaft leidet durch den großen Umfang der Landgüter, die meist
von gewissenlosen Verwaltern zu eigener Bereicherung ausgebeutet werden. Da die Aufhebung der Sklaverei
mehr
630 die Arbeit verteuerte, half man sich durch Bezahlung der Neger mit minderwertiger Münze (Reisfracos = 3/5 von Reis fortes).
Die Industrie befaßt sich, bei spärlichem Erfolg, mit Ziegelbrennerei, Mattenflechterei, Branntweinbrennerei und Cigarrenfabrikation.
Der Handel kommt bei den hohen Zöllen zu keinem blühenden Aufschwung, auch nicht am untern Kongo wegen
ungünstiger örtlicher Verhältnisse (Seichtigkeit der Landungsstellen und mißgünstige Haltung der Eingeborenen auf dem
linken Ufer).
Ausgeführt werden: Elfenbein nur noch in geringer Menge, Kautschuk für 2½–3¼ Mill. M., Kaffee für 2½ Mill. M. (1883),
Kopal und Wachs in großen Mengen. Die Einfuhr, besonders an Zeugen, kommt fast ausschließlich aus England,
so daß das Mutterland Portugal in diesem Punkt keinen nennenswerten Nutzen von seiner Kolonie erzielt. Die Gesamtausfuhr belief
sich (1891) auf 13 Mill. M. und die Einfuhr auf 14 Mill. M. Der Schiffsverkehr (1881) war in sämtlichen Häfen: 867 Schiffe
mit 821000 t. Die im April 1886 begonnene schmalspurige (1 m) Eisenbahn vom Hafen Loanda über Kalungembo
und Kasengo nach Pamba (Ambaca) wurde 1893 fertiggestellt und hat eine Länge von 363 km. Die Bahn soll später bis zum Kuango,
einem Nebenfluß des Kongo, fortgesetzt werden, ja die bauende «Königl. Afrika-Überlandbahn-Gesellschaft» in Oporto plant
eine Verbindung von West- und Ostküste und hat Vorarbeiten von Pamba bis östlich über Malansche hinaus
(250 km) gemacht.
Das Gesellschaftskapital der Strecke bis Pamba (mit Zinsgarantie der portug. Regierung) beträgt 16,2 Mill. M.; an 5prozentigcn
Schuldverschreibungen sind 38272500 M. ausgegeben. 1890 ist einer belg. Gesellschaft der Bau der ebenfalls schmalspurigen
(1 m) Mossamedesbahn von der Hafenstadt Mossamedes nach der Hochebene von Shella (175 km) gesetzlich genehmigt
worden. Die Regierung gewährleistet 6 Proz. Zinsen für ein Anlagekapital von ungefähr 133065 M. für jedes der in der Ebene
belegenen 150 km, während bei der 25 km langen Strecke mit Zahnradbetrieb die thatsächlich verwendeten Anlagekosten zu Grunde
gelegt werden.
Ferner hat die portug. Regierung einem amerik. Syndikat die Genehmigung zum Bau einer Eisenbahn von der Mündung des Kunene
nach dem Innern erteilt. Für eine Bahn zwischen dem Hafenplatz und Hauptort der gleichnamigen Kolonie Benguella und dem tief
im Innern belegenen Knotenpunkt Bihe sind die Vorarbeiten in Angriff genommen. Telegraphenlinien gab es
1891: 428 km. Verfassung und Verwaltung. Die Kolonie Angola zerfällt administrativ in vier Distrikte: Kongo (mit Kakongo, Kabinda,
Ambrizette, San Antonio und San Salvador), Loanda, Benguella mit Bihe und Mossamedes.
Die wichtigsten Orte sind, von N. nach S. geordnet: Kabinda (s. d.), Malimba und Landana, an der Küste nördlich
vom Kongo;
Nokki (s. d.) am südl. Kongoufer;
San Salvador, Hauptstadt im kleinen uralten Kongoreich (s. d.);
wichtige Handelsplätze
am Meer: Ambriz, Loanda, Novo-Redondo, Benguella und Mossamedes (s. d.);
im Thal des Quanza Dondo (s. d.) und Pungo-Ndongo, in 1160 m
Höhe, umgeben von merkwürdig gestalteten Gneis- und Porphyrfelsen;
am Lucalla das an Kaffeepflanzungen
reiche Kasengo und Pamba (auch Ambaca geheißen) mit blühenden Kulturen von Erdnüssen und Tabak;
Malansche, der letzte portug.
Militärposten im O., in weiter Savannenfläche, der Ausrüstungsplatz und
Ausgangspunkt der nach Lunda ziehenden Karawanen;
auf der Ostabdachung des hohen Gebirgslandes von Benguella und Mossamedes: Bihe, Kakonda, Humpata und Huilla (s. d.).
Die
Kolonie Angola steht unter einem Gouverneur mit dem Sitz in Loanda und dieser ist unmittelbar dem portug. Ministerium unterstellt,
so daß die Verwaltung in wenigen Händen vereinigt ist. Ein Heer von Beamten (über 3000 im J. 1882) überwacht die Ausführung
der Regierungsbefehle. Die vier Distrikte zerfallen in eine Anzahl von «Concelhos»,
an deren Spitze ein Soba steht. Die Soba, Eingeborene, erhalten ihre Stellen entweder durch Erbfolge oder durch freie Wahl der
Gemeindegenossen; sie werden aber von Chefs, die der Gouverneur ernennt, überwacht und namentlich zum Eintreiben der Steuern
angehalten. Durchgreifend wirkt die Regierung auf wenigen, wenn auch auf den wichtigsten Punkten. Das
Kongoreich (s. d.) im Norden befindet sich fast nur dem Namen nach in Abhängigkeit von Portugal. – Nach dem Budget für 1894/95
betragen die Einnahmen der Kolonie Angola 7,3 Mill. M., die Ausgaben 6,8 Mill. M.
Geschichte. Der portug. Seefahrer Diego Cam entdeckte 1484 die Gegenden an der Kongomündung und 1488 den
Küstenstrich von Ambriz bis Mossamedes und nahm beide Ländergebiete für die Krone Portugal in Besitz. Diese beschränkte aber
thatsächlich ihre Herrschaft auf die Küste und das Hinterland zwischen Ambriz und Mossamedes, und trat sie vorübergehend
(1641–48) an Holland ab; im Norden an der Kongomündung begnügte sich Portugal, nur hier und da ein
Kriegsschiff erscheinen zu lassen, Missionare ins Land zu schicken und nach Verfall des großen Kongonegerreichs die Könige
von Kabinda und Kongo formell als ihre Unterthanen zu erklären.
Allmählich trachtete es danach, seine Herrschaft nach Osten bis zum Kuango wirksam zu erweitern und in neuester Zeit
ein friedliches und vertragsmäßiges Verhältnis mit Muata Jamvo, dem Fürsten des großen Lundareichs, herzustellen, worüber
es mit dem Kongostaat in einen Konflikt zu geraten drohte. Schon als dieser gegründet werden sollte, erhob Portugal ziemlich
zweifelhafte Ansprüche auf die Uferstrecken am untern Kongo und gab erst auf das Drängen von England
nach; dafür erhielt es damals auf der Berliner Konferenz (1885) die Enklave nördlich vom Kongo mit den Hafenplätzen Landana,
Malimba und Kabinda als vollständig gesicherten Besitz. Die später auftauchenden Differenzen wegen der östl. Grenzen wurden
durch ein provisorisches Abkommen 1891 im allgemeinen und durch den Vertrag vom März 1894 endgültig beseitigt.
Litteratur. Tams, Die portug. Besitzungen in Südwestafrika (Hamb. 1845);
Magyar, Reisen in Südafrika, Bd. 1 (Pest 1859);
Valdez,
Six years of a traveller's life in Western Africa (2 Bde., Lond. 1861);
J. J. Monteiro, Angola and the River Congo (2 Bde.,
ebd. 1875);
Oberländer, Westafrika vom Senegal bis Benguela (Lpz. 1878);
Pogge, Im Reiche der Muata Jamvo
(Berl. 1880);
Serpa Pinto, How I crossed Africa (Lond. 1881; deutsch Lpz. 1881);
Carta d'Angola1:3000000 (hg. vom portug.
Ministerium der Marine und Kolonien).