1) Die wahren Aneurysmen (Aneurýsma verum); diese sind sackförmige Erweiterungen des Arterienrohrs und lassen
anfangs, wie dieses, drei Wandschichten unterscheiden; später wächst der
Sack weiter, wird mitunter
so groß wie ein Kindskopf (Aortenaneurysma) und besteht dann nur aus einer derben fibrösen
Hülle. Den
Inhalt bilden flüssige
und geronnene Blutmassen.
2) Die falschen Aneurysmen (Aneurýsma spurium) entstehen
durch vollständige oder unvollständige Zerreißung
der Arterienwand, wobei das austretende
Blut sich in der Wand selbst oder in der Umgebung eine
Höhle wühlt,
die nun, prall mit
Blut gefüllt, dem wahren Aneurýsma sehr ähnlich wird. Liegt ein der äußern Untersuchung zugänglich, so stellt
es sich als pulsierende Geschwulst dar, die wegen ihres Zusammenhanges mit einer (größern)
Arterie
[* 2] sehr gefährliche
Blutungen
bedingen kann. Die Behandlung der äußern Aneurysmen hat entweder die Verödung des
Sackes oder die völlige
Entfernung desselben zum
Zweck. Zuerst muß die
Kompression angewendet werden, und wenn diese nicht zum
Ziel führt, unterbindet
man die
Arterie dicht oberhalb des Aneurýsma. Der Aneurysmasack sinkt dann zusammen und verödet durch Gerinnung des in
ihm enthaltenen
Bluts. - Als eigentümliche
Formen des Aneurýsma sind noch folgende aufzuführen: Das Aneurýsma cirsoideum,
ein
Konvolut stark erweiterter und geschlängelter
Arterien, kommt vorzugsweise am Hinterhaupt, in der
Schläfen- und Scheitelgegend
vor und stellt eine flache pulsierende Geschwulst dar, welche sich durch die
Haut
[* 3] so anfühlt, als befänden sich eine
Menge
von Regenwürmern in derselben.
Diese Form des Aneurýsma entsteht manchmal durch
Schlag,
Stoß etc. und entwickelt sich besonders bei jugendlichen Individuen. Das
Aneurýsma varicosum ist ein zwischen einer
Arterie und einer
Vene liegender Aneurysmasack, welcher auch mit der
Vene zusammenhängt,
so daß das
Blut aus der
Arterie durch die Geschwulst in die
Vene überfließt. Der
Varix aneurysmaticus
ist eine Geschwulst, welche durch den Übergang des arteriellen
Bluts in eine
Vene und zwar gewöhnlich durch die Verwundung
mit einem spitzen
Instrument entsteht, welches die
Vene durchbohrt hat und bis in eine nahe dabeiliegende
Arterie vorgedrungen
ist.
(grch.) oder Pulsadergeschwulst (Arteriectasia), Bezeichnung für die krankhafte Erweiterung einer Arterie.
Man unterscheidet fünf Arten von Aneurysmen:
1) das echte oder wahre Aneurysma (Aneurysma verum), bei dem irgend eine Stelle einer Pulsader in allen ihren Häuten
erweitert ist; hierbei kann die Erweiterung den ganzen Ringumfang der Arterie eine Strecke weit betreffen (cylindrisches und
spindelförmiges Aneurysma) oder nur eine Seite (sackartiges Aneurysma); 2) das unechte, falsche oder
traumatische Aneurysma (Aneurysma spurium), wenn sämtliche Arterienhäute zerrissen sind und ein Austritt von Blut das benachbarte
Zellgewebe sackförmig ausdehnt (die häufigste Art);
3) das zusammengesetzte Aneurysma (Aneurysma mixtum), wenn einzelne Häute der Arterie verletzt sind und die unverletzte Haut derselben
(z. B. die innere) durch die entstandene Öffnung sich herausdrängt und einen Sack bildet;
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4) das variköse Aneurysma (Aneurysma varicosum), wenn bei einem Aderlaß die Vene ganz durchschlagen und die obere Seite einer unter
ihr liegenden Arterie durchschnitten wird, wodurch nun das Blut aus derselben in die Vene dringt;
5) das diffuse Aneurysma (Aneurysma cirsoideum), wenn ein ganzer Arterienbezirk erweitert ist; bei der letztern
Form findet zugleich eine starke Schlängelung der Arterien statt. Am häufigsten ist das diffuse Aneurysma an den Arterien des Hinterhaupts.
Die Aneurysmen sind häufig an großen Arterienstämmen, besonders in der Nähe des Herzens, an dem Bogen
[* 5] der Aorta (innere
Aneurysmen) und an den äußern Gliedern, z. B. in der Kniekehle und an den Rippen, wo die Arterien durch
Ausdehnung
[* 6] und heftige Bewegungen, Anstrengungen des Körpers, Stoßen, Fallen
[* 7] und Quetschungen öftern Verletzungen ausgesetzt
sind. Am häufigsten entstehen die Aneurysmen durch Krankheit der Arterienhäute, indem diese entarten und dadurch ihre Festigkeit
[* 8] und Spannkraft verlieren. (S. Arterienentzündung.) Auffallend ist die Häufigkeit der Aneurysmm, namentlich
der Kniekehlenarterie, in England, speciell bei den männlichen Bedienten, welche dort oft halbe Tage lang hinten auf der
herrschaftlichen Karosse stehen. Die innern Aneurysmen sind schwer und nur durch physik. Diagnostik zu erkennen. Durch den
fortwährenden Druck, welchen die Aneurysmen auf die umgebenden Teile ausüben, veranlassen sie Schwinden selbst knöcherner
Teile, seltener Entzündung, Verschwärung oder Brand derselben; die hauptsächlichste Gefahr besteht aber darin, daß sie zuletzt
platzen und tödliche Verblutung bewirken können.
Wenn man unter der Heilung eines Aneurysma die Verödung der abnormen Erweiterung versteht, so kann eine solche von selbst eintreten,
wenn nämlich aus irgendwelchem Grunde das Blut in derselben zur Gerinnung kommt, so daß die Arterie an der
kranken Stelle verstopft und eine weitere Ausdehnung ihrer Wand unmöglich wird. Die künstliche Heilung kann entweder ebenfalls
durch Herbeiführung einer solchen Gerinnung, oder durch Unterbindung der Arterie nach verschiedenen Operationsmethoden, oder
durch vollständige Zerstörung des Aneurysmasacks und gleichzeitige Unterbindung der Arterie erzielt werden.
Um Gerinnung des Blutes im A. zu veranlassen, bedient man sich entweder der anhaltenden Zusammenpressung der kranken Arterie
oder des ganzen Gliedes, um auf diese Weise den Lauf des Blutes zu hemmen und durch die langsamere Bewegung desselben sein Gerinnen
im A. zu begünstigen, oder man wendet die sog. Elektropunktur an, d. h. man leitet durch Nadeln
[* 9] einen
galvanischen Strom durch das Aneurysma, wobei sich das Blut gerinnend niederschlägt, oder man spritzt tropfenweise eine Flüssigkeit
(Eisenchlorid) in den Aneurysmasack, welche schnell eine Gerinnung des Blutes zur Folge hat. Führen diese Methoden nicht
zur Heilung, so unterbindet man die Arterie ober- und unterhalb des Aneurysma, spaltet den Aneurysmasack, entfernt
die Blutgerinnsel in ihm und überläßt die Ausstoßung des Sacks der Eiterung. -
Vgl. Broca, Des aneurysmes et de leur traitement
(Par. 1856);
Holmes, Lectures on the surgical treatment of aneurism in its various form (in der Zeitschrift «Lancet»,
1872-75);
Neudörfer, Entstehung und Behandlung der Aneurysmen (Wien
[* 10] 1894).