(Anerkenntnis), die bejahende
Erklärung über die Wirklichkeit,
Wahrheit und
Identität einer
Person oder
Sache oder eines Verhältnisses, vorzüglich insofern die eigne Mitwirkung dabei in
Frage gestellt ist; z. B. Anerkennung eines
Kindes,
einer
Urkunde, Unterschrift etc., besonders auch das Zugeständnis eines fremden
Rechts oder faktischen
Zustandes. Im
Privatrecht versteht man namentlich darunter die Anerkennung eines Anspruchs, also ein Schuldbekenntnis, und man
spricht von einem besondern Anerkennungsvertrag, wenn die Anerkennung dem Gegner gegenüber zu dem
Zweck erfolgt, damit dieser dieselbe
dem Anerkennenden gegenüber geltend machen und gebrauchen könne. So wird z. B.
die
Abrechnung und die der dabei sich herausstellenden
Schuld in der modernen Gerichtspraxis vielfach als ein Verpflichtungs-
und Klagegrund behandelt.
Die Anerkennung eines Rechtsverhältnisses kann auch zum Gegenstand einer rechtlichen
Klage und eines
Rechtsstreites gemacht werden.
Die deutsche
Zivilprozeßordnung statuiert dies ausdrücklich, indem sie
(§ 231) bestimmt, daß auf Feststellung
des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer
Urkunde oder auf Feststellung der Unechtheit derselben
Klage erhoben werden kann, wenn der Kläger ein rechtliches
Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis oder die Echtheit
oder Unechtheit der
Urkunde durch richterliche
Entscheidung alsbald festgestellt werde. (Vgl.
Bähr, Die
Anerkennung als Verpflichtungsgrund, 2. Aufl.,
Götting. 1867.) Im
Völkerrecht ist die Anerkennung namentlich dann von Wichtigkeit, wenn es
sich um ein bestrittenes
Recht einer
Nation, einer Schuldforderung u. dgl. handelt,
weil hier im Streit bei dem Mangel eines entscheidenden richterlichen
Urteils und völliger
Klarheit des bestimmtenRechts
die
Motive der
Ehre und die öffentlichen
Interessen und Rücksichten nie so sehr vor erfolgter Anerkennung für die Erfüllung der Verbindlichkeit
wirken, als nachdem diese ausgesprochen ist.
Von noch höherer Bedeutung aber erscheint die Anerkennung dann, wenn es sich entweder um die völkerrechtliche
Existenz oder Souveränität
des
Staats überhaupt oder um die völkerrechtliche Geltung seiner
Verfassung und
Regierung handelt. Die
Anerkennung ist hier allerdings weder
Grund noch
Bedingung der Souveränität des anerkannten
Staats, denn der
Staat soll bereits als
eine souveräne Persönlichkeit dastehen, bevor er auf Anerkennung Anspruch macht. Der positive
Inhalt der Anerkennung besteht vielmehr darin,
daß man den anzuerkennenden
Staat als eine konstituierte völkerrechtliche Persönlichkeit betrachtet,
und daß man einen völkerrechtlichen
Verkehr mit ihm für möglich hält und anknüpft.
GroßeNationen pflegen, wie wir aus der Geschichte lernen, eine allgemeine Anerkennung für ihre Staatsumwälzungen
viel leichter zu erlangen als kleinere. Sehr schwierig ist dabei die
Frage, wie weit und nach welchen
Prinzipien die Anerkennung eintreten darf, wenn ein Teil eines
Staats sich von demselben losreißt, oder wenn zwei
Parteien in einem
Land um die Herrschaft kämpfen. Als ein zweckmäßiges Auskunftsmittel wird hier die Entsendung von diplomatischen
Agenten
ohne gesandtschaftlichen
Charakter empfohlen, doch ist in diesen
Fällen Vorsicht geboten. S. auch
Allianz.
Agnition, die Erklärung, etwas nicht bestreiten oder anfechten zu wollen. Sie hat für das ganze Rechtsgebiet
überall da Bedeutung, wo der Erklärende auch etwas bestreiten oder anfechten und damit wenigstens Weiterungen hervorrufen
könnte. Staatsrechtlich kann ein Usurpator von seinem Volke, völkerrechtlich eine neue Regierung von
den übrigen Regierungen anerkannt werden. Der Verbrecher erkennt das Strafurteil an, wenn er sich demselben unterwirft und
auf Rechtsmittel verzichtet. Im bürgerlichen Recht wird die Anfechtung (s. d.) ausgeschlossen, wenn derjenige, welcher eine
Rechtshandlung als für ihn nicht verbindlich anfechten oder anzufechten versuchen könnte, sein wirkliches
oder vermeintliches Anfechtungsrecht aufgiebt, indem er ausdrücklich oder stillschweigend erklärt, die Rechtshandlung gelten
lassen zu wollen. So kann der gesetzliche Erbe das Testament anerkennen, welches ihn beschränkt oder übergeht; hat der Minderjährige
eine Rechtshandlung vorgenommen, welche für ihn nicht verbindlich ist, so kann er sie nach erlangter
Volljährigkeit durch seine Anerkennung für sich verbindlich machen.
Der, welcher sich durch einen Geschäftsabschluß betrogen glaubt, kann denselben nach Entdeckung des Betrugs anerkennen.
Die andere Partei, welche aus der AnerkennungRechte ableiten darf, braucht sich, nachdem die Anerkennung erklärt ist, die Anfechtung nicht
mehr gefallen zu lassen. Ist ein Privatrechtsverhältnis bestritten, z. B.
die Grenze zwischen zwei Nachbarn, das Eigentum an der Grenzmauer, eine Geldschuld oder die Höhe derselben, so können die
Streitenden sich durch gegenseitiges Nachgeben vergleichen. (S. Vergleich.) Der Streit oder der mögliche Streit kann aber
auch dadurch beigelegt werden, daß die eine Partei schlechthin den von der Gegenpartei erhobenen Anspruch,
so wie er erhoben ist, ein für allemal anerkennt. Die eine Partei bekennt sich zum Schuldner der andern in der geforderten
Höhe,
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mehr
oder der angebliche Gläubiger bekennt, daß er nichts zu fordern habe. Überall, wo es sich um Rechtsverhältnisse handelt,
welche der freien Verfügung der Parteien unterliegen, giebt der positive Anerkennungsvertrag einen selbständigen Verpflichtungsgrund,
der negative Anerkennungsvertrag einen selbständigen Befreiungsgrund. Die Gegenpartei braucht nicht auf das ursprüngliche
Rechtsverhältnis zurückzugehen, auch wenn die den Schuldgrund (z. B.
Kauf, Darlehn) oder den Befreiungsgrund (z. B. Zahlung, Kompensation) nicht bezeichnet, und der Anerkennende kann die Gültigkeit
der Anerkennung nicht schon damit anfechten, daß er den Beweis führt, daß in Wahrheit das Rechtsverhältnis nicht so, wie es anerkannt
ist, bestanden hat. Er muß vielmehr zugleich beweisen, daß er (entschuldbar) geirrt hat.
Handelsgesetzbuch Art. 301 (s. Verpflichtungsschein), Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 1397-99. Für das Rechtsgebiet des
Gemeinen Rechts, des Preuß. Allg. Landrechts, des franz. und des österr. Rechts beruht diese Bedeutung der Anerkennung auf Wissenschaft
und Praxis. Der Entwurf des Bürgerl. Gesetzbuches für das Deutsche Reich
[* 4] verlangt, außer bei Anerkennung auf Grund
von Abrechnung oder Vergleich, schriftliches Schuldanerkenntnis und, wenn für die Begründung der Schuld andere Form vorgeschrieben
ist, diese (§§ 720 u. 721). Über einen Ausdruck dieser s. Abrechnung. Als außergerichtliches Geständnis kommt die einseitige
Anerkennung einer dem Gegner nützlichen Thatsache vor, wenn solche beiläufig, nicht zum Zweck vertragsmäßiger
Festsetzung abgegeben wird. Welcher Glauben derselben beizumessen, steht zum freien Ermessen des Prozeßrichters. Gegenbeweis
ist unbeschränkt zulässig.
Die Anerkennung eines Kindes kommt nach dem geltenden Rechte sowohl in Ansehung eines ehelichen als eines unehelichen Kindes in Betracht.
Nach dem Preuß. Allg. Landr. II, 2, §. 16 können die Verwandten die Rechtmäßigkeit des in der Ehe
geborenen Kindes niemals anfechten (s. Anfechtung), wenn der Ehemann dasselbe bei seiner Lebenszeit ausdrücklich oder stillschweigend
anerkannt hat. Über dieAuslegung dieses Satzes bestehen Zweifel, jedoch nur in Ansehung gewisser Folgesätze.
Für das Österr. Bürgerl. Gesetzbuch wird der Anerkennung wegen der §§. 158, 159 von der Praxis die gleiche
Wirkung beigelegt, ebenso für das franz. Recht, obwohl der Art. 314 nur von der Unterzeichnung des Geburtsaktes spricht.
Die Schriftsteller des Gemeinen Rechts sehen überwiegend in der Anerkennung des Kindes als eines ehelichen nur ein Beweismittel. Das
Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 1774 fg. läßt im Falle der Anerkennung lediglich den Ehemann selbst
der Verleugnungsklage verlustig gehen, §. 1778, und bestimmt §§. 1775, 1777, wann eine stillschweigende Anerkennung anzunehmen ist.
- Welche Bedeutung die Anerkennung für die Legitimation durch nachfolgende Ehe hat, ist nicht gleichmäßig bestimmt.
Die Praxis des Gemeinen Rechts nimmt überwiegend an, daß dadurch die Vaterschaft bis zum Beweise des Gegenteils
als festgestellt angesehen wird, auch gegenüber Dritten, unbeschadet der Rechte desKindes. So auch das Deutsche Reichsgericht
(Bolze, Praxis, Bd. 7, 705). Nach Preuß. Allg. Landr. II, 2, §. 596; II, 1, §. 1077 und dem Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§.
1789, 1859, 1872 ist zwar die Legitimation nicht von der Anerkennung abhängig, darüber aber,
welche Wirkung die Anerkennung hier hat, schweigen beide Gesetzbücher. Es dürfte anzunehmen sein, daß dasselbe
gilt, wie bei der Anerkennung eines während der Ehe geborenen Kindes.
Auch das Österr. Bürgerl. Gesetzbuch enthält ausdrückliche
Vorschriften über die Wirkung einer solchen Anerkennung nicht. Der Code civil Art. 331 fg. und das BadischeLandrecht
machen den Eintritt der Legitimation durch nachfolgende Ehe von der gesetzmäßigen Anerkennung abhängig. - Der Code civil Art. 331 fg.
und das BadischeLandrecht behandeln in einem besondern Abschnitt die Anerkennung unehelicher (naturels) Kinder.
Vorbehaltlich der Rechte anderer Beteiligter wird durch eine an besondere Vorschriften gebundene Anerkennung (im
authentischen Akte oder im Geburtsakte) die Vaterschaft und Mutterschaft festgestellt; vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts,
Bd. 5, S. 367 fg. Das Gleiche gilt nach dem in dieser Entscheidung erörterten Hess. Gesetz vom Diese so anerkannten
Kinder haben ein in den beiden Gesetzbüchern Art. 756 fg. geordnetes gesetzliches Erbrecht, jedoch nicht
gegenüber den Verwandten des Vaters oder der Mutter, und zwar auf ein Drittel desjenigen, was sie als eheliche Kinder erhalten
hätten, wenn rechtmäßige Abkömmlinge hinterbleiben (in Baden
[* 5] fällt dies nach Satz 756a weg, wenn sie erst
nach Erzeugung ehelicher Kinder anerkannt und letztere noch am Leben sind), auf die Hälfte, wenn nur Eltern des Erblassers,
auf drei Viertel, wenn auch keine Vorfahren oder Geschwister hinterbleiben, auf den ganzen Nachlaß, wenn erbfähige Verwandte
nicht vorhanden sind.
Das BadischeLandrecht hat jedoch im Satz 762a dieses Erbrecht auch andern unehelichen Kindern, falls der
Vater ohne Nachfrage oder durch erlaubte Nachfrage bekannt wird, gewährt. Die weitern Vorschriften der beiden Gesetzbücher
über das Erbrecht dieser anerkannten Kinder betreffen die Aufrechnung von Vorempfangenem und die Ausgleichung, sowie die Beerbung
solcher Kinder. Nach Preuß. Allg. Landr. II, 2, §. 654 haben von dem unehelichen Vater freiwillig anerkannte
Kinder das im §. 652 daselbst näher bezeichnete Erbrecht auf ein Sechstel des Nachlasses, falls eheliche Kinder nicht vorhanden
sind. Das Gesetz vom §§. 13, 19 fordert in einer öffentlichen Urkunde hinzu und legt einer solchen Anerkennung auch
die Bedeutung als Rechtsgrund des Unterhaltsanspruches bei.
Im Civilprozeß giebt der Beklagte eine Anerkennung (hier gewöhnlich Anerkenntnis genannt) ab, wenn er dem gegen ihn geltend gemachten
Anspruch bei der mündlichen Verhandlung sich ganz oder teilweise unterwirft. Der Kläger hat dann das Recht, auf Verurteilung
des Beklagten dem Anerkenntnis gemäß anzutragen (Civilprozeßordn. §. 278). Bei im Prozeß vorgelegten
Privaturkunden bedeutet Anerkennung das Zugeständnis der Echtheit. Eine Klage auf Anerkennung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder Feststellung der Unechtheit derselben ist die Feststellungsklage
(s. d.). (Civilprozeßordn. §. 231.) -
Vgl. Bähr, Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund (3. Aufl., Lpz.
1894).