Anemōne
L., Anemone, Windblume, Windröschen, Pflanzengattung aus der Familie der Ranunkulaceen (s. d.) mit gegen 70 Arten, vorzugsweise in der nördlichen gemäßigten Zone, zum Teil bis in die arktischen Gegenden hinauf; perennierende krautartige Gewächse mit fiedrig verteilten oder gelappten Blättern und ansehnlichen, meist lebhaft gefärbten Blüten. Man unterscheidet gewöhnlich drei Untergattungen:
Anemone Tourn., Pulsatilla (s. d.) und Hepatica (s. d.), die sich voneinander durch die Form der Früchtchen und die Ausbildung des Perigons unterscheiden. Sämtliche Arten haben einen einfachen Stengel, der meist nur eine, seltener zwei oder mehrere Blüten trägt und unterhalb des oder der Blütenstiele mit einer aus drei Blättern bestehenden Hülle versehen ist. In Deutschland sind am häufigsten: Anemone nemorosa L. (deren Kraut früher offizinell war) und Anemone ranunculoides L., beide gehören zu den ersten Frühlingsblumen;
die erstere hat weiße oder rötliche, die letztere gelbe Blüten.
Schon seltener findet sich die Anemone silvestris L., mit großem gelblichweißen Perigon, die auch als Zierpflanze kultiviert wird. Am meisten kultiviert man die Gartenanemone, Anemone coronaria L., aus Südeuropa und dem Orient, eine sehr schöne, von den Arabern «Anahamen» genannte Pflanze mit großen, dunkelroten, blauen oder weißen Blumen, von denen im Laufe der Zeit durch die Kunst der Gärtner sehr viele Spielarten entstanden sind. Sie gedeiht nur in frischem, lockerm, düngerreichem Boden, und ihre Blumen vertragen weder Regen noch heftigen Wind. Der aus büschelförmig gruppierten Knollen zusammengesetzte Wurzelstock muß nach dem Verblühen herausgenommen und bis zum nächsten Frühjahr trocken aufbewahrt werden. Die Vermehrung geschieht durch Wurzelzerteilung oder durch Samen. Auf letzterm Wege erhält man zwar neue Spielarten, allein erst im zweiten Jahre blühende Exemplare.
Anemone japonica Sieb. ist eine sehr schöne japan. Staude mit großen purpurroten Blumen, die in Deutschland vollkommen winterhart ist. Die Varietät Honorine Jobert mit reinweißen Blumen liefert im Herbst ein sehr begehrtes Bouquetmaterial. Das frische Kraut der Anemone schmeckt brennend scharf und verflüchtigt beim Zerreiben einen sehr scharfen, stechenden Stoff, der die Augen zu Thränen reizt. Deshalb sind die Anemone schlechte Futterpflanzen und können sogar, wenn das Vieh sie in Menge frißt, Magen- und Darmentzündung veranlassen und selbst den Tod herbeiführen. Mit dem brennend scharfen Safte von Anemone ranunculoides sollen die Kamtschadalen ihre Pfeile vergiften, mit denen sie die Robben töten. Aus dem wässerigen Destillat des frischen Krautes der Anemone setzen sich nach längerm Stehen Krystalle von Anemonin (s. d.) ab.