Andokides
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der zweite in der Reihe der attischen Redner, geb. 439 v. Chr. aus edlem Geschlecht, war ein Anhänger der Oligarchie, verfeindete sich aber mit seiner Partei, als er, in den Prozeß wegen Verstümmelung der Hermensäulen verwickelt, um sich und seine Familie zu retten, die derselben angehörigen Schuldigen 415 verriet. Vom Verdacht nicht gereinigt und trotz der ihm zugesicherten Straflosigkeit zum Teil in Atimie verfallen, verließ er Athen [* 2] und trieb auf Cypern [* 3] einträgliche Handelsgeschäfte.
Nach zweimaligem vergeblichen Versuch, in seiner Vaterstadt wieder festen Fuß zu fassen, konnte er endlich nach dem Sturz der Dreißig und nach der allgemeinen Amnestie 402 nach Athen zurückkehren, wo es ihm gelang, sich gegen neue Anfechtungen siegreich zu verteidigen und eine angesehene Stellung zu erwerben. Als er 390, im Korinthischen Krieg zu Friedensunterhandlungen nach Sparta geschickt, den zurückgebrachten Friedensentwurf in einer noch erhaltenen Rede vergeblich empfahl, soll er verbannt worden und in der Verbannung gestorben sein. Außer der erwähnten Rede besitzen wir noch zwei andre von ihm; eine vierte, gegen Alkibiades, ist unecht. Sie wurden herausgegeben, außer in den Sammlungen der Redner, von Becker (Quedlinb. 1832, mit Übersetzung), Schiller (Leipz. 1835) u. Blaß (2. Aufl., das. 1880).
Vgl. Blaß, Attische [* 4] Beredsamkeit, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1885).