Andernach
,
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Koblenz, [* 2] Kreis [* 3] Mayen, [* 4] links am Rhein, unweit der Einmündung der Nette und an der Linie Köln-Bingerbrück (von hier Zweigbahn nach Mayen) der Preußischen Staatsbahn, eine der ältesten Rheinstädte mit basteiartigen Mauern, ist unregelmäßig und winkelig gebaut. Zu den Merkwürdigkeiten der Stadt gehören: die prachtvolle kath. Pfarrkirche (St. Genoveva), eine gewölbte spätromanische Pfeilerbasilika mit vier Türmen, im Unterbau des nordöstlichen Turms mutmaßlich in die karolingische Zeit zurückreichend, während Chor (seit 1856 restauriert) und Schiff [* 5] dem 12. und 13. Jahrh. angehören;
ferner die Ruine der großartigen ehemaligen Burg der Kölner [* 6] Erzbischöfe (von Friedrich I. 1109 erbaut, 1688 zerstört);
der gewaltige, architektonisch und historisch merkwürdige Wachtturm (1448-52 erbaut);
das Rheinthor, angeblich aus den Zeiten der Merowinger, mit dem alten Wahrzeichen der Stadt (zwei lebensgroße Steinfiguren);
der Rheinkran (1554 erbaut);
endlich das Judenbad, große und tiefe
Gewölbe
[* 7] unter dem
Rathaus. Andernach
hat
ein
Amtsgericht,
Progymnasium, eine Provinzialirrenanstalt, eine Irrenbewahranstalt (St.
Thomas),
Hospital,
Fabriken für
Zigarren,
Chemikalien,
Malz und
Parfümerien, Bierbrauerei,
[* 8]
Schiffahrt,
Handel mit
Mühlsteinen und
Traß und (1880) 5668 Einw. (544
Evangelische
und 99
Juden).
In der Nähe der Stadt, am Kirchberg, hat man römische Grabmäler gefunden, und fast überall stößt man beim Fundamentieren neuer Häuser auf Aschenkrüge, Vasen, [* 9] verrostete Waffen [* 10] u. dgl. -
Andernach
(Antunnacum), der Hauptort des alten sagenhaften Mayenfeldes, ist das römische Castellum ante Nacum (»vor
der
Nette«),
das von
Drusus 13 oder 9
v. Chr. gegründet und nach den Verheerungen durch die
Alemannen 359 von
Julian wiederhergestellt
wurde. Im J. 876 erlitt bei Andernach
Karl der
Kahle durch
Ludwig II., Sohn
Ludwigs des
Deutschen, und 939 die aufständischen
Herzöge
Eberhard und
Giselbert durch die von König
Otto I. gesandten
Truppen eine
Niederlage; ebenso wurde hier 1114
Kaiser
Heinrich
V. von den mit dem
Erzbischof von
Köln
[* 11] vereinigten
Sachsen
[* 12] besiegt. Um 1109 erhielt Andernach
, das damals unmittelbar
dem
Reiche gehörte,
Mauern und wurde dadurch Stadt, kam 1167 an Kurköln, trat 1253 dem
Rheinischen Städtebund bei und suchte
sich dann der Herrschaft des
Erzbischofs zu entziehen. Erst 1496 hat die Stadt auf ihren Anspruch der Reichsfreiheit verzichtet.
Hier ward zwischen
Kaiser
Friedrich III., den vier rheinischen
Kurfürsten und
Frankreich ein
Bund abgeschlossen. Im J. 1632 wurde von den
Schweden
[* 13] genommen, 1646 dagegen von
Turenne vergeblich
¶
mehr
belagert. Darauf 1688 von den Franzosen, 1712 von den Hessen [* 15] erobert und verheert, kam die Stadt 1794 an Frankreich, 1815 aber mit dem linken Rheinufer an Preußen. [* 16]