Andamanen
,
Inselgruppe im Bengalischen Meerbusen, 296,8 km im SSW. vom Kap Negrais, der Westspitze von Pegu, 1094,4 km im SSO. von der Hugli-Mündung zwischen 10° 30' und 13° 45' nördl. Br., und zwischen 92° 15' und 93° 15' östl. L., hat 6497 qkm Fläche, ist südlich durch den Zehngradkanal von den Nikobaren (s. d.) getrennt und erscheint mit diesen in geolog. Hinsicht als die Fortsetzung des die Insel Sumatra (s. d.) in ihrer ganzen Länge durchziehenden Barißangebirges.
Die Gruppe besteht aus 4 größern und etwa 50 kleinern Inseln. Von erstern bilden Nord- (1513 qkm), Mittel- (1961 qkm) und Süd-Andaman (1392 qkm) die Gruppe Groß-Andaman, durch die Duncanstraße von Klein-Andaman (954 qkm) geschieden. Die Zahl der Ureinwohner wird auf 2-10000 geschätzt; die Zahl der von der ind. Regierung hierher verschickten Sträflinge betrug (1891) 12 549; außerdem giebt es hier 652 Mann Polizeitruppen. Groß-Andaman erstreckt sich von 11° 30' bis 13° 35' nördl. Br. in einer Länge von 230 km, die Rutlandinsel an der Südspitze mitgerechnet von 245 km Länge.
Längs der ganzen Ostküste läuft ein am Nordrande 800 m hoher Höhenzug hin; 30-45 km von der Westküste erstrecken sich der Schiffahrt gefährliche Korallenbänke. Die schiffbare Andamanstraße im N. und die mittlere Straße im S. scheiden Nord-, Mittel- und Süd-Andaman. Letzteres trennt die breitere, ebenfalls schiffbare Macphersonstraße von Rutland. Namentlich die Ostküste besitzt geräumige und sichere Häfen mit gutem Ankergrunde, wie Port-Cornwallis an der Ostseite von Nord-Andaman und Port-Blair im Südosten von Süd-Andaman.
Auf den Andamanen
herrscht namentlich an der
Küste höhlenreicher Quadersandstein vor. Metalle finden sich nicht. Die
Vegetation
gehört zu der Hinterindiens. Die ausgedehnten Waldungen hochstämmiger
Bäume bieten vortreffliches Nutzholz.
Mit Mangroven bestandene Strandgegenden und frisch entholztes Waldland machen
das Klima verrufen. Der jährliche Regenfall
beträgt 3000
mm. Der
Boden ist fruchtbar und bringt
Mangos, Kürbisse, Brotfrüchte, Kokos und andere Nutzpflanzen,
¶
mehr
besonders auch den seit einigen Jahren angebauten Thee hervor. Die Tierwelt ist im ganzen der des benachbarten Festlandes nahe verwandt. Neben einigen Fledermäusen kommen ein Rollmarder (Paradoxursus) und ein Wildschwein, wahrscheinlich die Lokalrasse eines vor langer Zeit eingeführten Schweines, vor. Auch giebt es den Inseln eigentümliche Vögel, [* 3] Reptilien, Amphibien und Süßwasserfische. Die Andamaner (Minkopic; s.Tafel: Asiatische Völkertypen, [* 2] Fig. 17, 18), etwa 1,52 m große, aber kräftige, dazu äußerst wilde und grausame Menschen, sind den Papuas auf Neuguinea, den Samang auf der Halbinsel Malaka und den Negritos auf den Philippinen ähnliche, dunkelfarbige und wollhaarige, sog. Australneger.
Sie leben in Hüttendörfern, haben Einbäume und Ruder, führen hauptsächlich noch Bogen
[* 4] und Pfeile und
nähren sich von Schildkröten,
[* 5] wilden Wurzeln, Früchten, Honig und Fischen. Sie zerfallen in neun Stämme. Die Briten ließen 1789 die
Andamanen
durch Lieutenant Archibald aufnehmen und gründeten 1789 eine Niederlassung zu Port-Cornwallis, die indes 1796 wieder aufgegeben
wurde. Seitdem blieben die Inseln unbeachtet, bis sie 1858 von der brit. Regierung in Besitz genommen und
zur Deportationsstätte besonders für die zu langwieriger Strafzeit verurteilten Sipahi (s. d.) bestimmt wurden.
Die Sträflinge (darunter viele Frauen) sind bei Port-Blair auf die Inseln Roß und Chatham und auf die Südküste in 12 Stationen verteilt, wo sie zu nützlicher Thätigkeit angehalten werden. Die schlimmsten wurden nach der Viperinsel übergeführt. Durch freie Einwanderung und alte gebesserte Sträflinge haben sich kleine Kolonien gebildet. Die Unkosten der Kolonie, die mit den Nikobaren unter einem Chief Commissioner steht und zu Indien gehört, betragen jährlich ungefähr 1 Mill. Pfd. St. Behufs der Civilisierung der Eingeborenen ist ein sog. Home (Heim) errichtet, wo sich auch schon eine Anzahl derselben niedergelassen hat.