Andalusien
(span. Andalucia), span.
Landschaft, welche die vier ehemaligen maurischen
Königreiche von
Granada,
[* 3]
Jaen,
Cordova und
Sevilla
[* 4] umfaßt und somit den südlichsten Teil der
Halbinsel bildet, 87,187 qkm (1585 QM.)
groß mit (1883) 3,333,842 Einw. Andalusien
, das
Vandalitia oder Vandalusia zur Zeit der Vandalenherrschaft, grenzt im N. an
Estremadura
und
Neukastilien, im
S. an das Atlantische und
Mittelländische Meer, im O. an
Murcia,
[* 5] im
W. an
Portugal
[* 6] und zerfällt gegenwärtig
in die acht
Provinzen:
Sevilla,
Cadiz,
[* 7]
Huelva,
Cordova,
Jaen,
Granada,
Almeria und
Malaga.
[* 8]
Die Landschaft besteht im wesentlichen aus dem Flußthal und Stromgebiet des Guadalquivir (Genaueres s. unter den einzelnen Provinzen). Der Andalusier ist von schöner Körpergestalt, lebhaft und heiter, vergnügungssüchtig, leichtsinnig, aber ehrlich und edel, redselig, voll Verstand und Gewandtheit in der Auffassung, stolz auf sein Land und poetisch begabt, aber arbeitsscheu, dabei genügsam, gastfrei und gefällig, aber auch jähzornig, keck und streitsüchtig, ein Freund des Messers, wenn auch öfter nur ein prahlerischer Zungenheld.
In der Kleidung liebt er bunte Farben; eine Jacke von Seide, [* 9] Beinkleider mit vergoldeten Knöpfen, weiße Strümpfe mit seidenem Band, [* 10] ein buntes Brusttuch, ein schneeweißes Hemd mit netter Krause und offenem Kragen, unter dem seidenen Leibgürtel eine Cartuchera (Patronentasche) mit gesticktem Deckel, dies sind die wesentlichen Bestandteile der andalusischen Tracht. Die Frauen sind von einer unnachahmlichen Grazie und mit vielem Mutterwitz begabt und gelten, wenn auch nicht für die schönsten, doch für die interessantesten und liebenswürdigsten Spanierinnen. In den hohen Thälern der Sierra Nevada leben noch reine Nachkommen der Mauren. Zu dieser eigentlich maurisch-spanischen Bevölkerung [* 11] gesellen sich noch viele Tausende von Zigeunern (Gitanos), die teils ansässig sind, teils ein nomadisches Leben führen.
In den ältesten Zeiten wurde von den Turtern bewohnt, die Gewerbe trieben und einige Kultur besaßen, dabei sanft und friedliebend, aber auch weichlich waren und keinem Eroberer widerstanden, und hieß Bätica (nach dem Bätis, jetzt Guadalquivir) oder Tartessos (phönikisch Tarschisch, nach seinen Bewohnern). Von Fremden ließen sich zuerst die Phöniker hier nieder, um die reichen Silberbergwerke auszubeuten; sie gründeten die Kolonien Hispalis (Sevilla), Gades (Cadiz) u. a. Später nahmen die Karthager diese Gegenden ein, doch blieb ihr Einfluß lange Zeit auf die Küsten beschränkt, bis sie sich seit 237 v. Chr. durch Eroberungen in Spanien für das in Sizilien [* 12] Verlorne zu entschädigen suchten.
Aber schon 206 kam das Land in den
Besitz der
Römer.
[* 13] Unter ihnen bildete Andalusien
einen Teil der
Provinz
Bätica
und war der
Mittelpunkt römischer
Bildung und
Sitte in
Spanien.
Cordova und Santiponte bei
Sevilla
(Italica) gaben
Rom
[* 14] Dichter,
Weltweise und
Kaiser
(Lucanus,
Seneca,
Trajanus). Zu Anfang des 5. Jahrh.
n. Chr. eroberten die in der
Völkerwanderung
aus
Galicien und
Asturien eindringenden
Alanen und
Vandalen Andalusien
beinahe ohne
Widerstand und nannten es
Vandalitia.
Ihnen folgten 412 die
Westgoten, die nach einem langen und blutigen
Kampf die
Alanen und
Vandalen nach
Afrika
[* 15] hinüberdrängten und seit dem 6. Jahrh.
ganz
Spanien beherrschten.
Schnell entartet, erlag das Reich der Westgoten schon nach einem Jahrhundert den Arabern in der Schlacht bei Jeres de la Frontera 711. Als 755 die spanischen Araber sich von den Kalifen in Asien [* 16] unabhängig machten, wurde der Sitz einer neuen Dynastie von Kalifen, die Cordova zu ihrem Aufenthalt wählte. Die überwundenen Goten wurden von den Siegern mild behandelt, behielten freie Religionsübung, ihre eignen Gesetze und Sitten und zahlten bloß einen mäßigen Tribut.
Die
Bevölkerung Andalusiens
war damals sehr zahlreich, der
Ackerbau blühend;
Künste und
Wissenschaften, besonders
Baukunst,
[* 17] Astronomie,
[* 18]
Medizin, wurden von den Arabern mit solchem Erfolg getrieben, daß Wißbegierige aus dem übrigen
Europa
[* 19] nach
Cordova reisten, um dort Kenntnisse zu erwerben, die man sonst nirgends fand. Als aber 1031 die Dynastie der
Omejjaden
in
Cordova ausstarb und die
Mauren, schon längst uneinig, sich in mehrere unabhängige
Reiche zerteilten, verfiel auch ihre
Macht und der Wohlstand des
Landes. In Andalusien
entstanden die drei
Königreiche
Sevilla,
Cordova und
Jaen, welche
nach vielen
Kämpfen, von 1238 bis 1248, durch König
Ferdinand III. von
Kastilien den
Mauren entrissen wurden. Die blinde Unduldsamkeit
der
Christen trieb bald darauf
Tausende der Besiegten nach
Afrika zurück und legte hiermit den ersten
Grund zu der seitdem immer
bedeutender gewordenen
Entvölkerung des
Landes. Von jener Zeit an war Andalusien
ein Teil des
Reichs
Kastilien und
hatte mit diesem stets gleiche
Schicksale.