Ancōna,
früher als
Mark Ancona
[* 2] ein selbständiger Teil Mittelitaliens, zwischen dem Adriatischen
Meer und den
Apenninen, vom
Tronto bis nordwestlich an
San Marino reichend. Die
Mark Ancona
entstand unter der Herrschaft der
Langobarden,
welche nach
Eroberung dieser Gegenden daselbst einen
Markgrafen als
Statthalter einsetzten.
Später ein Teil des Herzogtums
Spoleto,
wurde sie von
Kaiser
Heinrich III. 1052 dem
Markgrafen Guarner I.
(Werner) zu
Lehen gegeben und nach diesem
Marca
Guarneri benannt.
Italien

* 3
Italien.
Doch wurde die
Mark, deren Hauptstadt schon König
Pippin dem
Papst überlassen hatte, von
Otto IV. 1201 ausdrücklich als päpstliches
Besitztum anerkannt, was
Rudolf von
Habsburg 1275 bestätigte. Die
Markgrafen von waren von da an nur päpstliche
Statthalter. Im J. 1808 wurde die
Mark von
Napoleon zum
Königreich
Italien
[* 3] geschlagen; 1815 kehrte sie unter päpstliche
Hoheit
zurück und wurde 1861 mit
Italien vereinigt. Sie bildet jetzt die
Landschaft der
Marken (s. d.) und umfaßt die vier
Provinzen
Ancona
,
Ascoli-Piceno,
Macerata und
Pesaro-Urbino.
Die
Provinz Ancona
, im O. an das
Adriatische Meer, im
S. an die
Provinz
Macerata, im
W. an
Perugia und im N. an
Pesaro-Urbino grenzend, hat einen Flächenraum von 1907 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 2040 qkm = 37 QM.).
Sie wird vom Hauptzug der
Apenninen und von den gegen das
Meer hin streichenden
Ausläufern derselben erfüllt
und von den
Flüssen Misa, Esina und
Musone bewässert. Die
Bevölkerung
[* 4] belief sich 1881 auf 267,338 Einw., welche
Getreide-
und Obstbau, sodann Seidenkultur und Seidenspinnerei, Vieh-, insbesondere Schweinezucht,
Industrie in
Seilerwaren,
Papier u. a.,
Schiffbau und
Schiffahrt betreiben. Wichtige Handelsplätze sind Ancona
und
Sinigaglia; Hauptverkehrsmittel sind
die
Eisenbahnen
Bologna-Ancona-Brindisi und
Ancona-Foligno-Rom. Die
Provinz Ancona
umfaßt den einzigen
Kreis
[* 5] gleichen
Namens.
Die Hauptstadt Ancona
(die »Ellbogenstadt«),
Bregthalbahn - Bremen
![Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert] Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert]](/meyers/thumb/67/67_0215.jpeg)
* 6
Breite. am Adriatischen
Meer zwischen den steil abfallenden
Vorgebirgen
Monte Ciriaco und
Monte
Astagno amphitheatralisch gelegen, hat enge und krumme
Gassen, oft 6-7
Stockwerk hohe, labyrinthisch übereinander gereihte
Häuser und wurde in letzter Zeit in einen
Waffenplatz ersten
Ranges umgewandelt. Die alte
Citadelle dient
nur noch als
Depot, wogegen auf den umgebenden
Höhen neue
Forts errichtet wurden. Der
Hafen von Ancona
, ein ovales
Becken von 890 m
Länge und 780 m
Breite,
[* 6] das nur den Nordwestwinden direkt offen steht, ist darum von Wichtigkeit,
weil er
der einzige von Bedeutung an der adriatischen
Küste zwischen
Venedig
[* 7] und
Brindisi ist.
Seine Eigenschaft als Freihafen, wozu ihn Papst Clemens XII. 1732 erklärt hatte, ist seit 1869 aufgehoben. An der Nordseite des Hafens befindet sich ein altrömischer Molo (750 m lang), dessen Eingang der berühmte und wohlerhaltene Triumphbogen Trajans schmückt, ein Prachtwerk des Altertums aus weißem Marmor (115 n. Chr. von Apollodor erbaut) mit nur einem Durchgang, 14 m hoch, 9 m breit. Ein zweiter Bogen, [* 8] der Arco Clementino, wurde in geringer Entfernung von jenem auf dem neuen Molo, der auch den Leuchtturm trägt, zu Ehren des Papstes Clemens XII. 1765 von Vanvitelli aus Backsteinen errichtet.
Säule, galvanische - S

* 10
Säulen.Die Hafenbauten werden in neuester Zeit von der Regierung erweitert; es sollen ein neues Dock, [* 9] ein Bassin für Kriegs- und eins für Handelsschiffe, ein Lagerhaus, Arsenal u. a. hergestellt werden. Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die auf dem Monte Guasco auf den Trümmern eines Venustempels stehende Kathedrale San Ciriaco, aus dem 11. Jahrh., mit gotischer Fassade, Kuppel, bedeutenden Gemälden und antiken Säulen; [* 10]
die Kirche Santa Maria della Piazza (aus dem 13. Jahrh.), mit origineller Fassade;
die Kirchen Sant.' Agostino und San Francesco (beide mit schönen gotischen Portalen) und San Domenico (13. Jahrh., mit einem Bild von Tizian);
ferner die Börse (1443-59 erbaut, mit prächtiger gotischer Fassade), der Gemeindepalast (1270 erbaut, mit Gemäldegalerie und Bibliothek), der Palast Ferretti, die beiden Theater, [* 11] das Lazarett (am Hafen, 1733 von Vanvitelli im Fünfeck [* 12] erbaut) u. a. Die Stadt zählt (1881) 31,277 Einw. (darunter über 2000 Juden).
Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Seide, [* 13] Tauwerk, Leder, Tabak, [* 14] Ölseife etc. Hauptgegenstände des wieder aufblühenden Handels sind als Einfuhrartikel: Sardellen, Stockfische, Holz, [* 15] Vieh, Glas, [* 16] Kolonialwaren, Petroleum, Manufakturwaren, Steinkohle, Eisen, [* 17] Spiritus, [* 18] Getreide, [* 19] Salz, [* 20] Knoppern;
Ancona - Ancyranum mar

* 22
Seite 1.543.als Ausfuhrartikel: Weinstein (Cremor tartari), Lamm- und Ziegenfelle, Asphalt, Erdpech, Reis, Getreide, Hanf, Korallen [* 21] und ¶
mehr
Seide. Der Verkehr ist besonders mit dem Schwarzen Meer, mit Triest,
[* 23] Fiume,
[* 24] Venedig, Livorno
[* 25] und Marseille
[* 26] lebhaft. Im J. 1883 sind 928 Schiffe
[* 27] mit 391,987 Ton. ein- und 914 mit 387,413 T. ausgelaufen. Eisenbahnlinien führen nach Bologna, Brindisi und Rom.
[* 28] An wissenschaftlichen
und andern Anstalten besitzt Ancona
ein Lyceum, ein Gymnasium, ein Gewerbeinstitut mit einer nautischen Schule
und eine technische Schule. Ancona
ist Sitz eines Bischofs, des Präfekten, des Appellhofs, eines deutschen Konsuls und eines Generalkommandos.
- Ancona
wurde von Syrakusanern, die vor der Zwingherrschaft des ältern Dionysius flohen, 380 v. Chr. gegründet und wegen der
Lage des Orts dort, wo die sonst hafenlose Küste aus der nordnordwestlichen in die westnordwestliche Richtung
umbiegt, »Ellbogen« genannt.
Unter den Römern ward die Stadt zur Kolonie und Hauptstadt von Picenum erhoben und gelangte durch Handel und Gewerbthätigkeit
(Purpurfärbereien) bald zu großem Wohlstand, besonders nachdem die Hafenanlagen durch Trajan erweitert worden waren. In der
Zeit der Völkerwanderung ward Ancona
eine Beute der Goten, später (592) der Langobarden. Als Hauptort der von
diesen errichteten Mark Ancona
spielte es in der Folge wieder eine wichtige Rolle; unter den Hohenstaufen erklärte es sich für
unabhängig und wußte als Republik lange Zeit hindurch alle Unterjochungsversuche abzuwehren, bis sich 1532 Papst
Clemens VII. der Stadt durch den General Gonzaga mit List bemächtigte und sie dem Kirchenstaat einverleibte. Im J. 1797 nahmen
die Franzosen Ancona durch Kapitulation; 1799 ward es nach tapferer Verteidigung von seiten des französischen Generals Meunier durch
die Österreicher und Russen erobert, darauf 1805 wieder von Napoleon besetzt, 1813 nach Vertreibung der
Franzosen von den Neapolitanern eingenommen, 1814 endlich dem Papst zurückgegeben.
Als 1832 die Österreicher in den Kirchenstaat eingerückt waren, besetzten die Franzosen, um den Einfluß jener im Land zu paralysieren, von neuem die Stadt, die sie erst im Dezember 1838 räumten. Im J. 1849 empörte sich Ancona gegen die päpstliche Herrschaft und wurde erst nach längerer Belagerung (24. Mai bis 19. Juni) und nach heftigem Bombardement von den Österreichern unter Wimpffen zur Kapitulation genötigt. Bei der nationalen Erhebung 1859 machte die päpstliche Regierung Ancona zu einem Waffenplatz, wohin sich nach der Niederlage bei Castelfidardo Lamoricière mit dem Reste der päpstlichen Truppen zurückzog. Aber schon 29. Sept. mußte er nach zweitägiger Beschießung die Stadt den Piemontesen übergeben. Am wurde Ancona dem Königreich Italien einverleibt.