Anatomische
Präparate, kunstgerechte
Darstellungen des
Baues ganzer
Tiere oder einzelner Teile derselben zum
Zweck der
Veranschaulichung der anatomischen
Verhältnisse. Man unterscheidet bei den höhern
Tieren, speziell beim
Menschen,
Knochen-,
Bänder-,
Muskel-,
Nerven-,
Gefäß- und Eingeweidepräparate
und stellt sie her, indem man alle störenden
Teile wegnimmt, also z. B. bei Muskelpräparaten
die
Eingeweide,
[* 2]
Gefäße,
Fett,
Haut
[* 3] etc. entfernt, so daß man jeden
Muskel
von Anfang bis zu Ende verfolgen und auf seine Wirkungsweise prüfen kann.
Von den
Knochen
[* 4] läßt man durch Abfaulen die Weichteile sich loslösen und bewahrt sie dann einzeln auf
oder vereinigt sie mittels
Drähte zu sogen.
Skeletten. Unterbricht man die
Fäulnis schon früher, oder kocht man die betreffenden
Teile einige Zeit, so löst sich bloß das
Fleisch los,
während die sehnigen
Bänder noch erhalten bleiben. Für die Gewinnung
guter Gefäßpräparate
werden die
Adern entweder vom
Herzen oder einem größern
Stamm aus mit einer erhärtenden
farbigen
Masse injiziert und später freigelegt; gewöhnlich spritzt man die
Arterien mit roter, die
Venen mit blauer und die
Lymphgefäße mit gelber
Masse aus.
Auch die Gallengänge in der Leber, die Verzweigungen der Harnkanäle in der Niere etc. lassen sich in ähnlicher Weise darstellen. Neuerdings füllt man wohl auch nach dem sogen. Korrosionsverfahren die Adern mit einer gefärbten Harzmasse an und ätzt dann mit starken Säuren alle Weichteile fort, bis das Harz zu Tage tritt. Dies gibt bei vorsichtiger Behandlung lehrreiche, allerdings auch etwas zerbrechliche Präparate, an denen der Verlauf der Gefäße und namentlich ihr Zusammentreten zu Adernetzen häufig deutlicher wird als nach den gewöhnlichen Methoden.
Die
Eingeweide werden entweder aufgeblasen und getrocknet (z. B.
Magen
[* 5] und
Därme), oder in geeigneten
Flüssigkeiten aufbewahrt.
Erstere
Methode erheischt noch ein
Lackieren der Außenfläche mit giftigem
Firnis zur Abhaltung des
Schimmels und der
Insekten
[* 6] und kommt auch bei den
Muskel- und Nervenpräparaten
in Anwendung, wird aber in der Neuzeit nicht mehr
viel geübt. Als
Flüssigkeit zum Aufbewahren dient in den meisten
Fällen starker
Weingeist (von 50-90°), doch büßen die
Präparate in ihm ihre Weichheit und natürliche
Farbe fast ganz ein, sind aber dafür von unbegrenzter
Haltbarkeit.
Vermittelnd zwischen den zwei genannten
Methoden ist neuerdings eine dritte aufgetreten, welche den
Geweben des
Körpers die
im frischen Zustand ihnen eigne
Geschmeidigkeit belassen
und sie doch vor
Fäulnis schützen will. Man tränkt sie in diesem
Fall mit Mischungen, die im wesentlichen eine
Auflösung giftiger
Salze
(Arsenik
Sublimat) sowie unkristallisierbaren
Zuckers oder
Glycerins in vielem
Wasser oder wässerigem
Alkohol darstellen. Ist an der
Luft der Überschuß des
Wassers oder
Alkohols
verdunstet, so bleiben wegen des
Gehalts an
Glycerin oder
Zucker
[* 7] die
Präparate weich, und so läßt sich z. B. eine in dieser
Art behandelte
Lunge
[* 8] auch nach
Jahren noch beliebig oft aufblasen, erlauben die
Muskeln
[* 9] und
Bänder noch
die
Bewegungen der
Knochen etc. Zur
Darstellung solcher
Präparate und als
Ersatz des
Alkohols zum Aufbewahren anatomischer
Präparate
dient die eine Zeitlang sehr gerühmte
Wickersheimersche Flüssigkeit, welche indes den Erwartungen nicht entsprochen hat,
die anfangs von ihr gehegt wurden. von niedern
Tieren sind häufig nur mit sehr großen Schwierigkeiten
zu erhalten, da manche
Tiere
(Seerosen,
Schnecken)
[* 10] sich bei der geringsten Berührung bis zur Unkenntlichkeit zusammenziehen,
andre wieder so stark mit
Wasser durchtränkt sind, daß sie bei
Entfernung desselben und Ersetzung durch konservierende
Flüssigkeiten
schrumpfen etc. Es lassen sich daher keine allgemein gültigen
Methoden angeben, vielmehr muß oft ein
ganzes
Arsenal von chemischen
Körpern in Anwendung kommen, um ein nur halbwegs brauchbares und haltbares
Präparat zu erzielen.
Als Aufbewahrungsflüssigkeiten sind für
Wasser-, speziell Seetiere allerlei sogen. konservierende
Flüssigkeiten empfohlen
worden, haben sich jedoch höchstens für einige Jahre bewährt, indes starker
Weingeist viel bessere
Dienste
[* 11] leistet. Dem Ausbleichen oder Verändern der natürlichen
Farben läßt sich auch hier meist nicht entgehen.
Vgl. Hyrtl, Handbuch der praktischen Zergliederungskunst (Wien [* 12] 1860);
Meyer, Anleitung zu den ¶
mehr
Präparierübungen (3. Aufl., Leipz. 1873); Moisisovics, Leitfaden bei zoologisch-zootomischen Präparierübungen (das. 1879).