Anănassa
L. (Ananas), Gattung aus der Familie der Bromeliaceen, Gewächse mit starren, an den Rändern dornig gezahnten Blättern und mit einer Scheinfrucht, welche durch Verwachsung der Fruchtknoten mit der Achse des Blütenstands und den Deckblättern entsteht, mit einem Pinienzapfen Ähnlichkeit [* 2] besitzt und mit einem Blätterschopf gekrönt ist.
Ananassa
sativa
Lindl. (s. Tafel
»Nahrungspflanzen
[* 3] III«)
[* 4] wächst im tropischen
Amerika
[* 5] wild, ist aber gegenwärtig über alle Tropengegenden
verbreitet und wird in
Europa
[* 6] in niedrigen, warmen Treibhäusern namentlich in
England, bei uns in
Planitz bei
Zwickau,
[* 7]
Görlitz,
[* 8] in
Schlesien,
[* 9]
Böhmen,
[* 10]
Erfurt,
[* 11]
Leipzig,
[* 12]
Berlin,
[* 13]
Bamberg
[* 14] und
Nürnberg
[* 15] gezogen.
Die
Pflanze ist durch die
Kultur
sehr verändert worden, die
Frucht hat an
Geschmack und
Aroma gewonnen, ist samenlos und erreicht ein
Gewicht von 3-4 kg. Man
kennt 50-60
Varietäten, doch werden davon nur etwa 10 zur Treiberei benutzt. In
Deutschland
[* 16] gilt Ananassa
sat.
nervosa maxima für die beste. In
Westindien
[* 17] bepflanzt man ein
Stück Land von 25
Ar mit 1600-2000
Dutzend Setzlingen und gewinnt
nach zwei
Jahren bei der ersten
Ernte
[* 18] etwa 1500, bei der zweiten und dritten 1000
Dutzend
Früchte von 1,5-1,75 kg. In
Europa
kultiviert man die
Ananas seit 1830 in
Gewächshäusern mit gut heizbaren
Beeten und mit Vorrichtungen zur
Erzeugung hinreichender
Feuchtigkeit der
Luft.
Zur Vermehrung benutzt man die am Wurzelstock im Spätsommer hervorkommenden Nebentriebe (Kindel), welche von der Mutterpflanze getrennt, in Lohe überwintert und im Frühjahr in Kasten mit lockerer Erde gepflanzt werden. Im Herbst heißen sie Folgerpflanzen; sie werden entwurzelt, in Töpfe gepflanzt, im Gewächshaus überwintert und im Frühjahr abermals in die Kasten gebracht. Im Herbst entwurzelt man sie und bringt sie nun als Fruchtpflanzen auf das geheizte Beet, auf welchem sich bis zum Hochsommer die Früchte entwickeln.
Vielfach erzieht man auch schon im zweiten Jahr sehr starke Fruchtpflanzen. Kräftige Düngung, sorgfältige Regelung der Temperatur und Feuchtigkeit sind Hauptbedingungen der Kultur. Bei trockner Luft stellt sich die Ananasschildlaus (Coccus Bromeliae Bé.) ein, welche kaum wieder zu vertreiben ist. Gegenwärtig kommen von außereuropäischen Früchten nach Deutschland und zwar ausschließlich nach Hamburg [* 19] nur noch bräunliche brasilische, welche aber an Aroma hinter den bei uns gezogenen goldgelben zurückstehen.
Die Ananas besitzt einen süß-säuerlichen Geschmack und ein ungemein feines Aroma, welches durch die Kultur wesentlich gewonnen hat. Man genießt sie frisch in Scheiben geschnitten, benutzt sie aber meist zur Bereitung von Ananasbowle und zu Konfitüren. In den Tropen läßt man den Saft gären und gewinnnt ^[richtig: gewinnt] daraus Wein und Branntwein. In Westindien gilt sie für nicht akklimatisierte Fremde als gefährlich. Auch bei uns wirkt häufiger Genuß auf Zahnfleisch, Magen [* 20] und Harnorgane nachteilig.
Die Blätter liefern feine, weiße, seidenartige Fasern (Ananasseide, Ananashanf), die zu Gespinsten, Netzen etc. verarbeitet werden. Die erste Ananas kam 1514 nach Spanien [* 21] an den Hof [* 22] Ferdinands des Katholischen; die erste Beschreibung und Abbildung der Pflanze gab Hernandez de Oviedo in seiner »Naturgeschichte Indiens« 1535. Le [* 23] Cour, ein holländischer Kaufmann, versuchte zuerst 1650 in seinem Garten [* 24] zu Driehock bei Leiden [* 25] die Kultur der Ananas und erzielte gute Früchte; der Earl of Portland brachte die Pflanze 1690 nach England, und Sir Mathew Decker gelang 1712 bei Richmond die erfolgreiche Kultur derselben. In Breslau [* 26] gewann Kaltschmidt 1703 die erste Frucht. Die Pflanze heißt bei den Tupi in Brasilien [* 27] Anana, Anassa oder Nanas.