(griech.), Gleichförmigkeit, Übereinstimmung eines
Dinges in gewissen Beziehungen mit
einem andern,
Ähnlichkeit
[* 2] der Verhältnisse. In der
Grammatik bezeichnet Analogie die aus Vergleichung gewonnene
Regel in Bezug auf
Bildung, Abwandlung und Zusammenfügung der
Worte, im
Gegensatz zur
Anomalie,
[* 3] der
Abweichung von der sonst geltendenRegel; in der
Hermeneutik und
Kritik das harmonischeVerhältnis einzelner
Stellen zu der Schreibart und dem
Geiste des
ganzen Werks sowie zu den Umständen, unter denen dieses verfaßt wurde. Infolge dieser Analogie werden dunklere
Stellen nach den
klaren, unbestimmte Andeutungen nach bestimmten Angaben erklärt, spätere Zusätze aber als solche erkannt und verworfen.
Sie findet bei jedem Schriftsteller Anwendung, ist aber besonders bei der biblischen
Exegese geltend gemacht
worden (s. unten).
In der
Philosophie bezeichnet Analogie die Übereinstimmung gewisser
Dinge in einem oder mehreren wesentlichen Merkmalen, aus welcher
dann mit nach
Menge und Wesentlichkeit des Übereinstimmenden steigender
Wahrscheinlichkeit auf Übereinstimmung auch in den
übrigen Merkmalen, also von Bekanntem aufUnbekanntes, geschlossen wird. Beispielsweise folgerte
Kepler
aus dem Umstand, daß die
Planeten
[* 4] unsers
Sonnensystems in vielen wichtigen Beziehungen untereinander harmonieren und einer
derselben,
Mars,
[* 5] seinen
Beobachtungen zufolge erweislich eine elliptische
Bahn beschreibt, daß sich sämtliche
Planeten in
Ellipsen
um die
Sonne
[* 6] bewegten. Sind jedoch die übereinstimmenden Merkmale zufälliger
Natur, so ist die Analogie nur
scheinbar, nicht wahrhaft, und es können auf ihrem Weg sehr irrige Folgerungen zum Vorschein kommen.
Analogie des
Glaubens (lat. Analogia fidei) heißt in der evangelischen
Dogmatik der
Maßstab,
[* 7] welchen die klaren und unzweideutigen
Stellen der
Heiligen Schrift behufs des Verständnisses der übrigen ergeben. Voraussetzung dabei ist, daß
innerhalb der
Bibel
[* 8] selbst keinerlei
Widerspruch obwalten könne; wo dennoch ein solcher vorhanden zu sein scheine, werde er
sich lösen, sobald man die
Stelle im
Lichte des Gesamtinhalts betrachte.
In juristischer Beziehung (Analogie des
Gesetzes und des
Rechts) versteht man unter Analogie die
Ausdehnung
[* 9] eines Rechtssatzes auf solche
Fälle, welche zwar der Gesetzgeber nicht im
Auge
[* 10] hatte, die aber doch unter diese Rechtsvorschrift wegen
Gleichheit des
Grundes (ratio legis) gezogen werden können. Selbst das vollständigste
Recht wird gegenüber der unendlichen
Mannigfaltigkeit stets neu sich erzeugender Rechtsverhältnisse sich zuweilen als unvollständig erweisen.
zunächst nicht begriffene ähnliche (analoge) Fälle (ubi eadem ratio legis, ibi eadem dispositio). Die Analogie ist wohl zu unterscheiden
von der ausdehnenden Erklärung (extensiven Interpretation) eines Gesetzes, d. h. der Ausdehnung eines Gesetzes auf Fälle, welche
zwar nach dem Wortlaut desselben nicht darunter begriffen zu sein scheinen, doch aber dem Sinne nach darunter
fallen, indem der Gesetzgeber die Fälle allerdings mit im Auge und nur die Fassung des Gesetzes zu eng genommen hatte.
Man unterscheidet zwischen Rechtsanalogie und Gesetzesanalogie, je nachdem der Geist der ganzen Gesetzgebung, des ganzen Rechtssystems
oder nur einer einzelnen gesetzlichen Bestimmung beider wissenschaftlichen Operation der Analogie zu Grunde gelegt
wird. Unstatthaft ist die Analogie bei singulären Rechten, besonders bei Privilegien. Das Strafrecht steht in betreff der Zulässigkeit
der Analogie mit dem Zivilrecht nicht in gleichem Verhältnis. Denn im Strafrecht gilt der Grundsatz: Es kann keine Handlung bestraft
werden, die nicht mit Strafe bedroht ist (nulla poena sine lege);
es bleibt also hier dem Richter in den
Fällen, wo das Gesetz eine Strafandrohung enthält, nur der Ausweg, dahin zu entscheiden, daß kein Verbrechen anzunehmen sei.
Gleichwohl konnte die Analogie, wenigstens die Rechtsanalogie, bei der Unvollständigkeit des frühern gemeinen deutschen
Strafrechts auch auf diesem Gebiet nicht entbehrt werden. Die neuere Strafgesetzgebung aber und namentlich
das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 2) schließen die Analogie vollständig aus.
(grch.), Übereinstimmung oder Ähnlichkeit der Verhältnisse. - In der Logik heißt Analogie oder Analogieschluß
der Schluß vom Besondern auf ein anderes Besondere, d. h. der Schluß, daß, weil Eins dem Andern auch übrigens
gleichartig ist, es sich in einer bestimmten Hinsicht ihm gleich verhalten werde. Die Analogie ist daher die Grundlage
der Induktion
[* 13] (s. d.); sie beruht auf der Annahme, daß unter gleichen Voraussetzungen immer gleiche Folgen sich zeigen werden.
Die Analogie ist daher kein strenger Beweis, doch
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mehr
dient sie in zahllosen Fällen dazu, auf ein allgemeines, gesetzmäßiges Verhalten, auf das man bisher nicht achtete, aufmerksam
zu machen. In allen nicht streng begründeten Wissenschaften (z. B. Grammatik, philol. Kritik und Hermeneutik, praktische
Heilkunde), vollends im gemeinen Leben ist sie die geläufigste Schlußart. Ihr Gebiet erweitert sich, je mehr man
sich dem in der Erfahrung gegebenen Einzelnen nähert, wobei zugleich ihre Unsicherheit eine Schranke findet an der beständig
wiederholten Berichtigung durch weitere Erfahrung.
der Empfindung nennt man die Verwandtschaft, die zwischen Empfindungen verschiedener Sinne zu bestehen scheint, z. B. zwischen
tiefen Tönen und dunkeln Farben, zwischen Kälte und Wärme
[* 15] einerseits und gewissen Farbentönen andererseits.
In der evangelischen Theologie bezeichnet der Schrift den Grundsatz, daß undeutliche Aussprüche der Schrift nach deutlichen
zu erklären sind. Während die kath. Kirche die Erklärung der Schrift nach der kirchlichen Tradition fordert, behauptet die
evang. Kirche, daß die Schrift aus sich selbst zu erklären sei. Dabei wird vorausgesetzt, daß ein wirklicher
Widerspruch in der Bibel nicht vorkommen könne; es handle sich nur um scheinbare Widersprüche, die stets aus der Betrachtung
des Gesamtinhalts ihre Lösung fänden. Die ältern Protestanten stellten einen nach ihrer Meinung aus der Schrift geschöpften
kurzen Inbegriff der christl. Lehre
[* 16] unter dem Namen der Analogie des Glaubens auf, als Maßstab für die Erklärung
dunkler Stellen.
In der Rechtswissenschaft dient die Analogie dazu, Lücken der Gesetzgebung auszufüllen. Die Auslegung sucht bei Unklarheit oder
bei Inkorrektheit des Ausdrucks eines Gesetzes den richtigen Sinn, also das zu ermitteln, was der Gesetzgeber
hat sagen wollen. Die Analogie geht über den Inhalt des Gesetzes hinaus. Enthalten die Gesetze für einen gegebenen Fall keine
Bestimmung, so wendet der Richter oder die zur Entscheidung berufene Behörde die für einen ähnlichen Fall getroffene Bestimmung
an, wenn der Grund dieser letztern Bestimmung auch für den nicht entschiedenen Fall zutrifft.
Das ist die Gesetzesanalogie. Ihre Berechtigung beruht darin, daß keine menschliche Gesetzgebung alle Kombinationen möglicher
Rechtsfälle im voraus übersehen kann, und daß das Rechtsleben immer wieder neue Verhältnisse erzeugt, welche der Urheber
des frühern Gesetzes nicht kannte. Bestimmungen zum Schutze von Telegraphenleitungen werden angewendet auf die
später erfundenen Telephonleitungen; Bestimmungen über die Klagen wegen Verletzung des Eigentums an Sachen werden, wenn
sie dem Grunde nach passen, auf Klagen wegen Verletzungen des geistigen Eigentums angewendet, soweit für diese ausreichende
Bestimmungen nicht getroffen sind.
Die analoge Anwendung ist ausgeschlossen, wenn das Gesetz eine klare Bestimmung dahin getroffen hat,
daß es über seinen Sinn hinaus nicht angewendet werden soll. Diese Bestimmung wird vielfach in dem §. 2 des Deutschen Strafgesetzbuchs
gefunden, daß eine Handlung nur dann mit Strafe belegt werden kann, wenn diese Strafe gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung
begangen wurde (nulla poena sine lege). Doch würde dadurch nur ausgeschlossen, daß Handlungen nach
einem Gesetz bestraft werden dürfen, wenn sie den von diesem aufgestellten Thatbestand
nicht erfüllen. Es wird aber nicht
ausgeschlossen, daß Strafmilderungs- oder Strafschärfungsgründe, welche das Gesetz für ein Vergehen oder Verbrechen aufgestellt
hat, analog bei einem ähnlichen Vergehen und Verbrechen innerhalb des hier geordneten Strafmaßes angewendet
werden.
Die Analogie gilt für das gesamte Rechtsgebiet des öffentlichen wie des Privatrechts, für das materielle Recht wie für die das
Verfahren betreffenden Rechtsgebiete. Sie ist auch grundsätzlich nicht ausgeschlossen bei Gesetzen, welche die Natur
von Ausnahmebestimmungen haben. Nur darf die Anwendung nicht über den Grund der Ausnahmebestimmungen hinausgehen.
Findet sich eine ähnliche gesetzliche Bestimmung nicht, so hat der Richter oder die Behörde das, was dem Fall am angemessensten
ist, zu suchen. Sie werden sich hier von dem durch die Praxis geübten und durch die Kenntnis des ganzen Rechtssystems geleiteten
Rechts- und Billigkeitsgefühl bestimmen lassen. Diese Entscheidung aus der Natur der Sache hat man auch
Rechtsanalogie genannt. Auf ihr beruht die Weiterbildung des gesetzlichen Rechts durch die Praxis. Der Deutsche
[* 17] Entwurf sagt
für analog rechtsähnlich.