Anakreon
,
einer der bedeutendsten griech.
Lyriker, geb. zu
Teos in
Ionien, wurde von dem
Vater des
Polykrates nach
Samos berufen, um diesen in der
Musik zu unterrichten. Nachdem Polykrates sich der Herrschaft über die
Insel
bemächtigt hatte (533 v.Chr.), blieb Anakreon
an seinem
Hofe, wo seine hauptsächlich den heitern Lebensgenuß feiernde
Dichtung
ihre schönsten
Blüten entfaltete. Nach dem
Sturze des Polykrates (522) wurde von
Hipparchus, dem
Sohne
des
Pisistratus, nach
Athen
[* 2] eingeladen, wo er mit
Hipparchus selbst, mit Xanthippus, dem
Vater des
Perikles, und andern vornehmen
Athenern in engem Verkehr lebte.
Von
Athen, das er entweder nach der Ermordung des
Hipparchus (514) oder nach der Vertreibung des
Hippias
(510) verließ, scheint er sich zunächst nach Larissa in
Thessalien zu dem
Dynasten Echekratidas begeben zu haben, seine letzten
Lebensjahre hat er wohl in
Teos oder in deren Tochterstadt
Abdera zugebracht; gestorben ist er bald nach 495
v. Chr., angeblich
im
Alter von 85 J., nach sagenhafter Überlieferung an einer vertrockneten Weinbeere. Die Teïer setzten
sein
Bild auf ihre Münzen
[* 3] und zeigten sein
Grab; in
Athen errichtete man ihm auf der
Akropolis
[* 4] eine
Statue in Gestalt eines vom
Weine trunkenen Sängers neben der des Xanthippus. Von einer sitzenden
Statue des in
Teos ist vielleicht eine
Statue der Villa
Borghese zu
Rom
[* 5] eine Nachbildung. Eine berühmte
Büste des Anakreon
findet sich auch im
Kapitolinischen Museum. Von seinen im ion.
Dialekt abgefaßten
Dichtungen sind nur Fragmente erhalten (gesammelt von
Bergk in
«Poetae lyrici graeci», Bd. 3, 4. Aufl.,
Lpz. 1882).
Mit Unrecht tragen
A.s
Namen die sog. Anacreaontea, eine Sammlung von einigen 60 Liedchen in
kurzen Verszeilen, die in Versbau,
Sprache
[* 6] und
Ton von den echten Bruchstücken des Anakreon
wesentlich abweichen und zum
Teil aus
der alexandrinischen, zum
Teil erst aus der röm. Zeit stammen; häufig herausgegeben (von
Bergk a. O.) und ins Deutsche
[* 7] übertragen
(von Uschner, Verl. 1864;
Mörike, Stuttg. 1864; Feldmann,
Altona
[* 8] 1875; Weissel, Lpz. 1886; Knauer,
Wien
[* 9] 1888; Kaysel,
Ludwigslust 1890). - Auch aus dem byzant. Mittelalter existiert eine Sammlung solcher Gedichte.