Anachoreten
(grch., d. h. aus dem Leben Zurückgezogene), Einsiedler, Eremiten, Klausner, in einsamen, wüsten Gegenden lebende Männer. Obgleich sich die Christen schon in den beiden ersten Jahrhunderten von den heidn. Festen und Vergnügungen zurückzogen, so traten doch erst seit dem Ende des 3. Jahrh. eigentliche Anachoreten auf. Seit dem Anfang des 4. Jahrh. begannen sich zuerst in Ägypten um solche Einsiedler oder «Väter der Wüste» Jünger und Genossen zu sammeln und unter ihrer Leitung ein ascetisches Leben zu führen.
Als Athanasius sich 356 in die Libysche Wüste verbarg, fand er dieselbe schon von zahlreichen Eremiten bevölkert. Da die Anachoreten aber von der Menge um Rat und Trost, um ihren Segen für Kranke und Kinder bestürmt wurden, so erreichten sie ihre Absicht der völligen Abtrennung vom Leben fast nie. Einzelne Anachoreten legten ihrem «sündigen» Leibe die furchtbarsten Qualen auf, belasteten sich mit Ketten und Eisenringen, suchten fast unbewohnbare Gegenden und Höhlen auf, darbten sich selbst die nötigsten Nahrungsmittel und Kleidungsstücke ab oder zwangen sich die unnatürlichsten Körperstellungen auf, in denen sie jahrelang verharrten. (S. Styliten.) Allmählich traten dergleichen krasse Auswüchse des Anachoretentums zurück, da die Kirche selbst sehr bald die mildere Form der Zurückgezogenheit, das gemeinsame Leben der «Cönobiten» oder Mönche, vorzog. Übrigens haben die orient. Religionen insgesamt, das Judentum nicht ausgenommen, manche ähnliche Erscheinungen aufzuweisen.