Amur
(Sachalin), Fluß in Sibirien, entsteht aus der Vereinigung der Schilka, welche in den Ausläufern des Jablonowoigebirges entspringt, und des Argun, der bis dahin die Grenze zwischen Sibirien und der Mandschurei bildet. Der Zusammenfluß, der beim Dorf Ust Strjelka stattfindet, ist kaum zu erkennen, da der Argun durch eine dicht bewaldete Insel verbarrikadiert ist, um die sich der Fluß in zwei Armen schlingt. Der Amur strömt zuerst in östlicher Richtung, wendet sich bei Chabarowka, nach Vereinigung mit dem Ussuri, beinahe rechtwinkelig nach N. und mündet nach einem Laufe von 4400 km bei Nikolajewsk in das Ochotskische Meer.
Sein Stromgebiet wird auf mehr als 2 Mill. qkm berechnet. Der Amur bildet in seinem Mittellauf die Grenze gegen China; die Ufer auf chinesischer Seite sind noch mit dichtem Baumwuchs bedeckt, auf russischer Seite ist der Waldbestand dagegen vielfach niedergeschlagen oder niedergebrannt. Das Bassin des untern Amur wird im W. durch das Burejagebirge begrenzt, während im O. der Küstenhöhenzug von Sichota-Alin die Grenze bildet. Ostwärts von der mongolisch-daurischen Ebene beginnt das Stufen- und Tiefland des Amurstroms, das eigentliche Amurland, in welchem sich die Russen schon sehr früh zu zeigen begannen, bis der Traktat von Nertschinsk 1689 ihren Unternehmungen ein Ende bereitete.
Gleichwohl hörten diese nie ganz auf, und selbst die schweren Strafen, welche der 1728 vom Grafen Ragusinski mit China abgeschlossene Vertrag auf das Überschreiten der russisch-chinesischen Grenzen setzte, konnten das letztere nicht hindern. Pelzjäger, Kaufleute, Kosaken, Abenteurer und Ausreißer aller Art, durch die Hoffnung auf Beute an kostbarem Pelzwerk, Metallen u. dgl. angelockt, fanden sich stets auf der Strecke vom Argun und der Schilka bis zum Ochotskischen Meer ein und allmählich faßten die Russen immer festern Fuß. Der Traktat von Aigun 1858 regelte diese Beziehungen endlich, indem der größte Teil des Amurlandes faktisch in russischen Besitz überging und der Amur als Grenze zwischen China und Rußland anerkannt wurde. Der Amur ist sechs Monate im Jahr mit Eis bedeckt; im Sommer tritt er meilenweit aus seinen Ufern, welche dagegen im Winter bei gewöhnlichem Wasserstand den Fluß hoch überragen. Stellenweise ist der Amur 100 m breit. Seine Hauptzuflüsse sind rechts:
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Sungari und Ussuri, links: Seja, Bureja, Sawitaja, Kur, Girin und Amgun. Da die Mündung versandet und die Schiffahrt durch den Tatarensund wegen der Untiefen gefahrvoll ist, so verlassen die Waren den Fluß etwas oberhalb seiner Mündung bei Mariinsk, um von da zu Lande nach Alexandrowsk an der Castriesbai gebracht zu werden, von wo die Schiffe im Sund südwärts gehen. Der Amur mit seinen Nebenflüssen ist für den Verkehr der Mandschurei von großer Bedeutung. Gegenwärtig wird der von 50 Dampfern befahren, von denen jeder oft 4-5 beladene Boote schleppt.
Auf der Schilka beginnt die Dampfschiffahrt bei Nertschinsk; der Ussuri und Sungari sind gleichfalls schiffbar, letzterer Fluß ist schon von Dampfern bis Tsitsikar befahren worden. Den Namen Amur führte der Strom anfangs nur in seinem untern Laufe, von der Mündung des Ussuri ab, oberhalb hieß er Schingal. Als Tomskische Kosaken 1639 an der Mündung des Udjaflusses in das Ochotskische Meer überwinterten, erfuhren sie durch Tungusen, daß Mamur der Name eines Flusses sei, an welchem »Golde« wohnten, die ihnen ihre Zobel gegen Silber, Glaskorallen etc. abnähmen, die sie selbst von einem andern Volk (den Mandschu) bezögen. Das Wort Amur ist mithin tungusischen Ursprunges.