Amulett
(v. arab. hamalet, Anhängsel),
Schutz- oder Verwahrungsmittel gegen
Zauberei,
Krankheiten und andre Übel, welches
am
Hals
oder an andern Teilen des
Körpers getragen wird.
Schon die alten Ägypter und noch mehr die alten
Chaldäer gebrauchten Amulette
, teils aus Metallplatten oder Gußfiguren mit magischen Zeichen und
Inschriften, teils aus
geschnitzten
Halbedelsteinen in Form von beschriebenen
Cylindern,
Götter- und Dämonenbildern, heiligen
Tieren
(Skarabäen)
[* 2] etc.
bestehend.
Die
Juden trugen als Amulette
mit magischen
Formeln beschriebene
Edelsteine,
[* 3]
Gold- und Silberplatten um den
Hals
oder an den
Ohren, ferner gleich den Chaldäern beschriebene
Bänder und
Zettel (s. Phylakterien), die Griechen eiserne,
sogen. »samothrakische
Ringe«, die
Römer
[* 4]
Halsbänder,
Armbänder und
Diademe
[* 5] von
Metall,
Edelsteinen und besonders aus der schwarzen
Koralle (Gorgonia antipathes). Auch
Kräuter- und Wurzelstückchen, sauber in
Gold
[* 6] gefaßte prähistorische
Kieselsteinwaffen (Pfeilspitzen) und andre
Dinge trug man als Amulette
, die namentlich in der spätern Kaiserzeit der
Aberglaube
von den verschiedensten Völkern entlehnte.
Aus dem
Heiden- und
Judentum kam der
Gebrauch der Amulette
auch in die
christliche Kirche. Wie schnell derselbe sich hier weiter
verbreitete, geht daraus hervor, daß die
Synode zu
Laodikeia im 4. Jahrh. das Tragen der Amulette
den
Geistlichen bei
Strafe der Absetzung untersagen mußte. Allgemein wurde es erst 721 zu
Rom
[* 7] von
Gregor II., dann zu
Konstantinopel
[* 8] und unter
Karl d. Gr. zu
Tours
[* 9] verdammt. Dennoch ist dieser
Aberglaube nie ganz ausgerottet, sondern später
in der römischen
Kirche durch die Gotteslämmer (s.
Agnus Dei), Marienmedaillen etc. noch genährt worden.
Aus dem
Mittelalter gehören namentlich die
Passauer
Zettel (s.
Passauer Kunst) hierher.
Noch heute sind Amulette
unter dem großen
Haufen Gegenstand vielseitigen
Aberglaubens, was die mannigfachen am
Daumen, am
Hals, auf der
Brust angebrachten sympathetischen
Mittel (die zur Erleichterung des
Zahnens den
Kindern umgehangenen
Dinge, die
Korallen,
[* 10] die gegen den
Blutsturz, die Elentiersklauen,
die gegen die
fallende Sucht wirksam sein sollen, die Abrakadabrazettel, gewisse noch in neuester Zeit bei der
Cholera ausgegebene
Medaillen, Henkelmünzen mit
Heiligenbildern etc.) beweisen. In
Italien
[* 11] hängt man den
Kindern noch heute
wie im
Altertum kleine Bildwerke gegen den »bösen
Blick« (s. d.) um den
Hals. Am meisten stehen aber bei den Mohammedanern
Amulette
in Ansehen; fast alle Gläubigen tragen dergleichen, bald
Steine, bald
Ringe,
bald Papierstückchen und sonstige Gegenstände,
welche mit Zauberformeln, den 99
Eigenschaften
Gottes, besonders aber mit
Sprüchen aus dem
Koran beschrieben
sind und von
Derwischen verkauft werden.
Bei den Persern und Arabern heißen sie auch
Talismane (s. d.). Doch versteht man hierunter auch
Hausgötter und an Baulichkeiten
angebrachte magische Zeichen etc.
Prähistorische Amulette
sind in verschiedenen Materialien
(Stein,
Thon,
Knochen,
[* 12]
Bein und
Bronze)
[* 13] gefunden worden. Sie haben meist
Scheiben- oder Radform, auch
Hammer- und Beilform oder sind auch mit Tierornamenten
(Vogel- und Stierfiguren) geschmückt. In manchen lassen sich auch menschliche
Figuren erkennen. Sehr häufig dienten einfach
durchbohrte
Knochen oder
Zähne
[* 14] als solche. Meist wurden sie als
Halsbänder getragen.
Vgl.
Emele, Über Amulette
(Mainz
[* 15] 1827);
Fischer und Wiedemann, Babylonische Talismane (Stuttg. 1881);
Kopp, Palaeographia critica, Bd. 3 u. 4 (Mannh. 1829).