Amulett
(lat. bei
Plinius amulētum), ein mit gewissen
[* 1]
Figuren, Charakteren (s. d.)
oder einer
Inschrift versehener Körper, z. B.
Stein, Metall,
Pergament u. s. w., den man bei sich, gewöhnlich am
Halse befestigt,
trägt, um gegen
Krankheit, Bezauberung, Verwundung u. a. geschützt zu sein. Die Herleitung des Wortes
ist noch unsicher, die übliche von arab. hamâïl, d.i. Schwertgehänge, Halsschnur, ist unwahrscheinlich.
Die ältesten Amulett
finden sich bei den Ägyptern, wo sie die Form des
Scarabäus
[* 2] (s. d.) hatten.
Das
Alte Testament verbot den Gebrauch derartiger Zaubermittel aufs strengste, gleichwohl fanden sich
bei den
Juden Amulett
als Schmuck- und Zaubermittel: so die Ohrringe, die
Jakob den Seinigen abnimmt und vergräbt, die kleinen
Monde, die sich die Frauen, wie jetzt noch im
Orient, anhingen
u. dgl. Dagegen sind Zizit und
Tephillin, d. h. die Gebetmantelquasten
und die Lederkapseln mit Bibelsprüchen auf
Pergament, die der altgläubige
Jude trägt, nicht Amulett
, sondern
dienen zur
Erinnerung an
Gottes Gebot.
Bei den Griechen wurde ein schützendes Amulett
dem
Kinde gleich nach der
Geburt angehängt. In hohem Ansehen stand als der
Amethyst,
auch in Fingerringen getragen. Die
Römer
[* 3] hatten denselben Gebrauch, sie verwandten Platten von verschiedenen
Formen und
Stoffen, mit rätselhaften Zeichen oder
Sprüchen, dann allerlei
Substanzen, die man auch nach altitalischer
Weise
in kleine Kapseln
[* 4] (bulla) schloß und an einer
Schnur am
Halse trug. Im alten
Christentum müssen die kirchlich erlaubten Enkolpien
(Brustkreuze), Phylakterien und
Medaillen
(Agnus Dei) von den Amulett
streng unterschieden werden.
Abergläubische Zaubermittel waren stets verboten, gleichwohl gingen solche ins Christentum über. Dahin gehören weniger die Fische [* 5] von Bronze [* 6] oder Glas [* 7] mit Öhren zum Anhängen, die zu den rein christl. Symbolen zählen (s. Ichthys), als z. B. viele sog. Abraxassteine (s. d.), die merkwürdigen Münzen [* 8] mit Bild und Umschrift Alexanders d. Gr. und dem Monogramm Christi u. ä. Häufig trug man auch mit dem Anfang des Evangeliums Johannis beschriebene Pergamentstücke als Verwahrungsmittel gegen Krankheit und Unglück. Da diese besonders von gewinnsüchtigen Geistlichen angefertigt wurden, eiferte die Kirche wiederholt dagegen.
Der Gebrauch der Amulett
wurde von der
Synode zu Laodicea im 4. Jahrh., von
Gregor II. 721 und unter
Karl d. Gr.
zu
Tours
[* 9] feierlich verdammt. Gleichwohl hat sie alles Ankämpfen nicht ausgerottet. Im
Orient sind sie noch heute allgemein
in Anwendung, aber auch in Europa
[* 10] leben sie im Volksglauben fort (s.
Böser Blick). Man bindet sie dem
Soldaten, wenn er ins
Feld zieht, auf die
Brust (s. Festmachen) oder hängt sie dem Vieh um den
Hals, damit es vor Behexung bewahrt
werde. -
Vgl. Kopp, Palaeographia critica, Bd. 3 u. 4 (Mannh. 1829);
Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (2. Aufl., Berl. 1869);
Reinaud, Monuments arabes, persanes et turcs du cabinet de M. le duc de Blacas (2 Bde., Par. 1828);
Kréhl, Der Talisman James Richardsons (Lpz. 1865).