Amu
oder
Amu-darja (der
Oxus der Alten, der
Gihon oder Jaihûn der
Araber, der
Potsu oder Fatsu und
Wei der
Chinesen), der
südl. Hauptstrom in
Turkestan (s. Karte:
Russisch-Centralasien und
Turkestan). Die Frage nach dem Quellfluß des Amu
ist
lange Zeit strittig geblieben, läßt sich jedoch in dem
Sinne entscheiden, daß der
Ak-su des
Kleinen Pamir
[* 2] der eigentliche
Quellfluß ist, Pändsch und Surchab hingegen erst in zweiter und dritter Linie kommen. Die Quellflüsse des Amu
haben
das Gepräge von Gebirgsströmen und besitzen ein sehr starkes Gefälle.
Nach dem Zusammenfluß des
Murghab und des Pändsch biegt der jetzt
Amu-darja genannte
Strom nach NW. um,
durchfließt das Land
Darwas, wo er rechts den Wantsch-ab aufnimmt, und richtet seinen Lauf bei Kila-Chumb rechtwinklig nach
SW., durchströmt
Badachschan und nimmt links den Hauptfluß dieses
Landes, den 244 km langen Kutscha-darja (Kokscha) auf, der
am
Hindukusch entspringt. Von der Kutschamündung aufwärts bleibt der Amu
im Winter gefroren; hier schlägt auch
der
Strom eine westl.
Richtung ein.
Weiterhin nimmt der Amu
rechts den 640 km langen
Wachsch-Fluß auf, der als Kisil-su am
Ostende
[* 3] des
Alaigebirges auf russ. Gebiete
entspringt, dann als Surchab Karategin durchströmt. Unterhalb seiner Mündung in den Amu
folgt
nach 36 km links die des Kundusflusses oder
Akseraï, der im W. von
Bamian entspringt; ferner
ergießen sich in den Amu
rechts
der 260 km lange Kasirnagan, der Surchan, die Hauptwasserader Hissars, 200 km lang, der auch etwa 200 km lange Surchan-darja.
Weiter stromabwärts erhält der Amu
rechts keine Nebenflüsse mehr. Zwar würden zwei
Flüsse
[* 4] rechts und
fünf links als Zuflüsse des Amu
aufgefaßt werden können, wenn ihnen nicht durch Bewässerungskanäle so viel Wasser
entzogen würde, daß sie den Amu
nicht mehr zu erreichen vermögen, sondern vorher versiegen. Unter diesen ist namentlich
auf dem rechten Ufer des der 644 km lange Serafschan (s. d.)
hervorzuheben. Der Amu
hat in seinem mittlern Laufe eine
Breite
[* 5] von 357 bis 570 m und 2 bis 8 m
Tiefe. Er beginnt im April zu
steigen und im Juli wieder zu fallen; während der Zeit des
Hochwassers tritt er über, namentlich weit
nach rechts, wo ein Gürtel
[* 6] von Buschwerk und Kräutern die Grenze des Überschwemmungsgebietes bezeichnet.
In der
Breite von Chiwa beginnen die unzähligen, sein Wasser nach links ablenkenden Bewässerungskanäle der Bewohner von
Urgendsch, Chiwa u. s. w. Im W. von
Kiptschak fängt das Delta
[* 7] an. In mehrern
Armen, von denen drei durch
ihre
Größe hervorragen, mündet der in den
Aralsee. Die Länge des Amu
wird auf 2200 km geschätzt, wovon über die Hälfte
schiffbar ist. Eine regelmäßige Dampfschiffahrt ist noch nicht vorhanden. Die
Transkaspische Eisenbahn überschreitet den
Amu
bei Tschardschui. Es wurde vermutet, der Amu habe ehemals von
Urgendsch ab seinen Lauf auf 620 km nach
SW. zum
Kaspischen
Meer genommen und in dasselbe gegenüber der
Insel Tschaleken, südlich vom Balkanbusen, zwischen 39 und 40°
nördl.
Br., gemündet. Das alte
Flußbett wollte man in der vom
Aralsee zum
Kaspischen
Meere führenden, jetzt trocken liegenden
Vertiefung
Usboj,
d. i. niedrige Ebene, von 425 bis 850 m
Breite und 20 bis 25 m
Tiefe erkennen; doch wird
das von andern Geologen bestritten, die im
Usboj nur ein Produkt der
Trennung des
Aralsees vom
Kaspischen
Meere sehen. Nach pers.
Nachrichten hätte sich der Amu
bis zum 15. Jahrh. ins
Kaspische
Meer ergossen.