[* 1] (Neu-Amsterdam),
Insel im südlichen
IndischenOzean, nordöstlich von
Kerguelenland, unter 37° 58' südl.
Br. und
77° 34' östl. L. v. Gr., 66 qkm (1,2
QM.) groß. Sie ist ein erloschener
Vulkan (bis 876 m hoch), fast ganz unzugänglich und unbewohnt; das
Innere, von ungeheuern Lavablöcken überdeckt, bietet ein
Bild der
Einsamkeit und Verwüstung. Amsterdam wurde 1633 von den
Holländern
entdeckt, aber erst 1696 (von Vlaming) betreten und steht jetzt mit der nahen
Insel St.
Paul unter dem englischen
Gouverneur
von
Mauritius.
[* 1] Hauptstadt (aber nicht Residenzstadt) des
Königreichs der
Niederlande,
[* 2] zugleich einer der bedeutendsten
See- und Handelsplätze
Europas, liegt am Einfluß der
Amstel in den
MeerbusenY, von zwei
Armen derselben durchflossen und in
zwei Teile, die alte (östliche) und die neue (westliche) Seite, geschieden. Sie liegt unter 52° 22' 30'' nördl.
Br. und 4° 53' 18'' östl. L. v. Gr., ist in Gestalt
eines
Bogens, dessen
Sehne das Y bildet, erbaut und hat einen
Umfang von 15 km (s.
Plan).
Der erste
Eindruck, den von der Landseite aus macht, ist kein günstiger: die Umgebung ist kahl und flach, nichts läßt die
Größe der Stadt ahnen.
Anders freilich, wenn man von der Wasserseite her den kolossalen
Bogen,
[* 3] den Amsterdam gegen
das Y hin bildet, mit Einem
Blick überschaut. Soweit das
Auge
[* 4] reicht, hohe, gewaltige Häusermassen und eine bunte, bewegte
Welt menschlichen
Verkehrs, zum Teil verdeckt durch einen
Wald von
Masten; gegen N. der weite, glatte Wasserspiegel
des Y und in der
Ferne die
UferNordhollands.
Mehrere
Züge vormaliger
Bastionen laufen um die Stadt herum und bilden einen mit einem breiten
Kanal
[* 5] eingefaßten
Kranz; die
Mauern sind aber abgetragen und die
Wälle in
Boulevards verwandelt. Von der Landseite hatte Amsterdam früher acht
Thore, aus
denen lange
Zugbrücken über den
Graben führten; von diesen ist nur ein einziges, der merkwürdige Muiderpoort
(Poort =
Thor),
übriggeblieben.
Mehr als 50 träge fließende
Grachten oder
Kanäle von 1-1,2 m Tiefe laufen durch die Stadt und bilden zahlreiche
Inseln, welche durch mehrere teils steinerne, teils hölzerne
Brücken
[* 6] miteinander verbunden sind. Da das
Kanalwasser wegen der beständig eindringenden
See ungenießbar und
Brunnen
[* 7] bei dem tiefmorastigen
Boden sehr schwierig zu graben
sind (einen artesischen
Brunnen besitzt Amsterdam seit 1851), so sammelt man das Regenwasser zum
Waschen und
Kochen, während Trinkwasser
durch eine 1853 eröffnete unterirdische
Wasserleitung
[* 8] aus dem 7 km oberhalb
Haarlem
[* 9] in den
Dünen von Vogelenzang
angelegten Wasserbehälter hinzugeführt
wird. Die HäuserAmsterdams (über 40,000 an Zahl) stehen auf eingerammten Pfählen, welche, durch eine weiche Torfschicht
von 12-15 m Dicke getrieben, auf festem Sandboden ruhen (daher der Bau unter der Erde nicht selten kostspieliger ist als der
über derselben); sie sind von Backsteinen, höchst selten von Quadern aufgeführt. Einzelne Gebäude,
selbst die neuern, haben ein mittelalterliches Aussehen; ihre schmale, oft nur zwei Fenster breite Giebelseite ist der Straße
zugekehrt; die Dächer sind hoch, spitz, oft gezackt, die Thüren klein und schmal.
Die Hauptstraßen laufen unter sich parallel als Halbbogen, deren Enden sich auf den Meerbusen stützen; gerade Querstraßen
schneiden durch; die breitern haben in der Mitte mit Bäumen besetzte Kanäle. Zu den schönsten gehören:
die Heerengracht, die Prinsen- und die 45 m breite Keizersgracht. Die ganze Außenseite der eigentlichen Stadt umgibt diesen
parallel in weitem Bogen der Buitensingel. Einige Hauptstraßen, z. B. Kalverstraat, Nieuwendyk, Doelen-, Sarphati-, Vondel-,
Leidsche und Utrechtsche Straat, sind nicht von einer Gracht durchzogen.
Mehrere Kanäle werden jetzt ausgefüllt. Die kleinern Straßen, durch welche keine Kanäle gehen, sind eng und düster. Das
Judenviertel, bis vor kurzem ein dichtes, enges Häusergedränge voll Schmutz und durcheinander wimmelnden Verkehrs, beginnt
durch Neubauten schon ein moderneres Aussehen zu gewinnen. Unter den zwölf öffentlichen Plätzen sind
der Dam, der Mittelpunkt des städtischen Verkehrs (mit einem hohen Denkmal zum Andenken an 1830, errichtet 1856), das Amstelveldt,
der Rembrandtsplein, früher Botermarkt (mit RembrandtsStatue, seit 1852), der Thorbeckeplein (mit ThorbeckesStatue), der Frederiksplein
(1870 vollendet) und der Leidsche Plein die vorzüglichsten.
Die schönsten Spaziergänge liefert der Vondelspark (15 Hektar), von Privatleuten angelegt und unterhalten.
Unter den 44 Kirchen der Stadt (darunter 18 katholische,
2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für
Remonstranten, 1 für Mennoniten, 1 für Quäker, 1 für Jansenisten, 1 griechische, 1 armenische etc.) verdienen besondere
Hervorhebung: die Nieuwe Kerk (Katharinenkirche) auf dem Dam, ein schöner spätgotischer Bau (1408-14
in Form einer kreuzförmigen Basilika
[* 12] aufgeführt, nach den Bränden von 1421 und 1645 und den Zerstörungen durch die Wiedertäufer
restauriert) mit den Grabmälern de Ruyters, van Galens, des Dichters Vondel und des Helden van Speyk (der 1831 vor Antwerpen
[* 13] sein Boot in die Luft sprengte) und einer sehr bewunderten Kanzel; ferner die gotische Oude Kerk (Nikolaikirche,
aus dem 14. Jahrh.) mit alten Glasmalereien und die Westerkerk mit 90 m hohem Turm.
[* 14]
Unter den neun Synagogen ist die dem Tempel
[* 15] Salomos nachgebildete der portugiesischen Juden (1670 erbaut) die schönste und größte.
An hervorragenden Gebäuden ist Amsterdam nicht reich. Das berühmteste und größte ist das ehemalige
Rathaus, seit 1808 königliches Palais, auf dem Damplatz, von Jakob van Kampen 1648-55 erbaut. Es steht auf 13,659 eingerammten
Masten und bildet ein Viereck
[* 16] von 80 m Länge, 63 m Tiefe und 33 m Höhe, in der Mitte mit einem gewölbten
Dom geziert, aus dem ein noch 20 m hoher, mit einem vergoldeten Schiff
[* 17] gekrönter Turm sich erhebt.
Zahlreiche Statuen, Basreliefs und Wandgemälde zieren das Gebäude; die Hauptsäle sind mit Marmor ganz überkleidet, so namentlich
der herrliche, aus den Zeiten König LudwigNapoleons herrührende, 36 m lange, 18 m breite Ratssaal, einer
der größten Europas. In der Nähe des Palais steht die 1845 vollendete Börse, ein stattliches Gebäude mit einer von 14 ionischen
Säulen
[* 18] getragenen Vorhalle, das aber bald einem neuen, viel größern Gebäude Platz machen müßte. Sonst sind noch
anzuführen: der Admiralitätshof (der jetzt als Stadthaus dient), das Justizgebäude, das Trippenhuis
(worin
sich einstweilen das Reichsmuseum befindet, s. unten), das Postgebäude, das Haus der vormaligen OstindischenKompanie, der
Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64 erbaut) mit 57 m hoher Kuppel und seit 1883 von einer prachtvollen
Galerie umgeben. - Amsterdam selbst ist keine eigentliche Festung
[* 20] mehr, bildet aber den Mittelpunkt der holländischen
Festungslinie und gilt als Hauptreduit des Reichs. Es ist durch eine Reihe detachierter Forts geschützt und kann durch künstliche
Überschwemmung völlig unzugänglich gemacht werden.
Den Zugang von Haarlem her deckt die Schleuse von Halfwegen, Angriffe von O. her werden durch die Schleuse von Muiden und die
FestungenNaarden, Muiden, Weesp, Nieuwesluis u. a. abgewehrt. Die Zahl der Einwohner betrug 361,314
(darunter ungefähr 80,000 Katholiken, 30,000 deutsche und 3200 portugiesische Juden). Im J. 1794 hatte Amsterdam eine Bevölkerung
[* 21] von 217,024 Seelen, die 1815 bis auf 180,179 gesunken war; dann hob sich ihre Zahl wieder, und in den letzten
Jahrzehnten hat eine regelmäßige Zunahme stattgefunden (1854: 243,304, 1864: 261,455, 1870: 274,931, 1884: s.
oben).
Die Zahl der verschiedenartigsten Fabriken und industriellen Etablissements ist bedeutend. Spezialitäten Amsterdams sind:
die Diamantschleiferei, welche in so großartigem Maßstab
[* 22] nur hier und zwar vorzugsweise von Israeliten betrieben wird (es
gibt vier große Schleifereien mit Dampfmaschinen
[* 23] und eine Anzahl kleinere);
die Borax- und Kampferraffinerien,
die vortrefflichen Schmaltefabriken. Im großen Maßstab wird Zuckerraffinerie (vier großartige Etablissements, deren jedes
über 10 Mill. kg verarbeitet), Tabaks- und Zigarrenfabrikation betrieben;
außerdem besitzt Amsterdam mehrere kolossale Bierbrauereien,
zahlreiche Sägemühlen, eine Dampfreisschälmühle, die jährlich ca. 10 Mill. kg Reis verarbeitet, Schiffswerften,
Maschinenfabriken (am bedeutendsten die königliche und »de Atlas«),
[* 24]
Hauptthätigkeit ist indessen der Handel, da sich in Amsterdam, zusammen mit Rotterdam,
[* 26] der gesamte Verkehr der
Niederlande konzentriert. Die ganze Nordseite von (am Y) ist in einen einzigen großen Hafen von 12 m Tiefe und mit verschiedenen
Docks oder Bassins umgeschaffen, unter denen das Oosterdok und das Westerdok (mit Raum für fast 1000 größere Schiffe)
[* 27] die
bedeutendsten sind. Dieselben werden vom Y durch starke, 390-520 m lange, erst in neuerer Zeit vollendete
Dämme getrennt, welche zugleich den am Meer gelegenen Stadtteil vor Überschwemmungen schützen, denen er sonst bei jeder Sturmflut
ausgesetzt war.
Eine bedeutende Veränderung ist übrigens durch die Anlage des neuen Zentralbahnhofs hier hervorgerufen worden, der in der
Mitte des südlichen Y-Ufers gelegen ist. BeimOstende
[* 28] des Oosterdoks befinden sich die alte berühmte
Reichswerfte (am Reichsdock) und das Matrosenhaus (für unbeschäftigte Matrosen, 1856 erbaut), nahe dabei der Freihafen ('s
Ryks EntrepotDok) mit ungeheuern Magazinen (1828 erbaut, gegen 700 m lang, 14 m breit). Der Schwierigkeit, welche der Schiffahrt
früher aus der immer zunehmenden Seichtigkeit des Pampus (der Meerenge, welche das Y oder den Amsterdamer
Hafen mit der Zuidersee verband) erwuchs, wurde zunächst (1819-1825) durch
Herstellung des großartigen Nordholländischen
Kanals (s. d.) abgeholfen. Friert der Kanal zu, so wird er aufgesägt, eine Operation, die je 30,000 Fl. kostet. Dieser Kanal
ist seit 1876 durch einen kürzern ersetzt, welcher Amsterdam, westlich dem Y folgend, direkt
mit der Nordsee verbindet und 1882 einen Verkehr von 4674 Schiffen mit 5,2 Mill. cbm hatte. Vom Y blieb lediglich die Kanallinie
bestehen; die übrigen 5000 Hektar sind (wie seiner Zeit das Haarlemer Meer) ausgepumpt.
Die Amsterdamer Börse ist die erste Warenbörse des Kontinents und vermöge des kolossalen Privatvermögens
eine der bedeutendsten Fondsbörsen, hauptsächlich für den effektiven Umsatz in Staatspapieren, vornehmlich holländischen,
österreichischen und russischen. Sie übt besonders durch ihre früher halbjährigen, jetzt zweimonatlichen Auktionen von
Javakaffee einen für halb Europa
[* 29] maßgebenden Einfluß aus. Ein Teil der Kolonialwaren lagert in Rotterdam
und Middelburg, Dordrecht
[* 30] und Schiedam, die Hauptmasse aber in Amsterdam. Die Bedingungen für die zur Auktion kommenden Waren macht die
Maatschappij, die 1824 begründete holländisch-ostindische Handelsgesellschaft (de Nederlandsche Handelmaatschappij, mit 36 Mill.
Fl. Aktienkapital), durch den Druck bekannt und zwar für jeden Artikel in einem besondern Blatt,
[* 31] wobei nicht
nur das abzugebende Quantum genau bestimmt, sondern auch eine spezielle Beschreibung der Sorten mit ungefährer Taxation veröffentlicht
wird. Im J. 1882 wurden durch die Gesellschaft hier und in Rotterdam für 40,2 Mill. Fl. Waren verkauft (Kaffee 32, Zinn 5,6 Mill.
Fl.). Im J. 1882 trafen an Kaffee aus Ostindien
[* 32] 711,454 Ballen (à 95¼ kg) in Amsterdam ein; auf den Auktionen der
Handelmaatschappij zu Amsterdam wurden 491,000 Ballen verkauft.
[* 1] Die vornehmsten öffentlichen Neubauten der letzten Jahre sind außer dem (Bd.
1, S. 511) schon erwähnten Reichsmuseum: der Zentralbahnhof, das Schlachthaus mit Nebengebäuden, fast eine Stadt für sich,
das neue Gymnasium, verschiedene Krankenhäuser, unter anderm das St. Elisabeth-Krankenhaus, 2 neue Gasanstalten,
eine neue kathol. Kirche, das chemische Laboratorium, der Petroleumhafen etc. Die Einwohnerzahl betrug Ende 1889: 406,302,
darunter 191,665 männlichen, 214,637 weiblichen Geschlechts.
Unter den Industriezweigen, die gegenwärtig besonders in Blüte
[* 39] stehen, erwähnen wir die Bierbrauerei,
[* 40] die Fabrikation von
Essig, Likör, Schokolade, Zigarren, Gold- und Silberwaren, Chemikalien, Maschinen, die Gerberei sowie den Schiffbau,
während die Fabrikation von Segeltuch zurückgegangen ist. Die Zuckerraffinerie litt unter der Konkurrenz des Auslandes, desgleichen
die Ölfabrikation, während die Diamantenschleiferei infolge des hohen Preises des Rohmaterials daniederliegt.
ursprünglich Amstelledamme, d. h. Damm in der Amstel, Hauptstadt, aber nicht Residenz
des Königreichs der Niederlande, liegt unter 52° 23' nördl. Br. und 4° 5' östl. L. von Greenwich am Ausflusse der Amstel
in das Y (Ij), einer Bucht des Zuidersees, und umfaßt 32,62 qkm.
Bevölkerung. Die Zahl der Einwohner betrug 1879: 316 590, darunter 60000 Katholiken, 34 500 Lutheraner, 4500 Anabaptisten, 1000 Remonstranten, 27000 deutsche
und 3200 portug. Juden;
1885: 378 700, mit Einschluß der umliegenden Gemeinden 400000, 1890: 406 532, Ende 1891: 420 914,
darunter 91000 Katholiken und 50000 Israeliten sowie zahlreiche Deutsche,
[* 49] Ende 1893: 440 657.
Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. Die alte Stadt, ohne die neuen Vorstädte, ist in Gestalt eines Halbmondes,
dessen offene Seite dem Y (s. d.) im Nordosten zugewendet ist, und wegen des
schlammigen Bodens auf eingerammten Pfählen erbaut und durch sechs parallel laufende Kanäle in konzentrische Halbkreise geteilt.
Diese Kanäle und ihre Ufer (Grachten), in altholländ. Weise mit Reihen stattlicher Bäume (Ulmen) besetzt,
bilden die schönsten und eigentümlichsten Stadtteile, namentlich die sog. Singelgracht (10
km lang), die Heeren-und Keizersgracht und die Prinsengracht.
Von der Hafenseite gewährt die Stadt einen schönen Anblick, ebenso von der hohen, 206 m langen Amstelbrücke (Hoogesluis)
mit 32 Bogen und von der östl. Einfahrt von Muiden aus. Die Werke der einst
bedeutenden Festung Amsterdam sind in diesem Jahrhundert, der letzte Rest 1870, geschleift worden; doch ist die Stadt
der Mittelpunkt des jetzigen Systems der Landesverteidigung. In der neuesten Zeit ist die Stadt außerordentlich gewachsen,
ganz neue Stadtviertel sind außerhalb der Singelgracht entstanden, besonders im Süden.
In der Stadt sind Kanäle zugeschüttet und in breite Straßen umgewandelt worden. Auch ist ein beträchtlicher Teil vom Y trocken
gelegt und mit einem Centralbahnhof und andern Gebäuden besetzt. Den Mittelpunkt der Stadt bildet der sog. Dam, ein großer,
freier Platz, der die Westseite jener Dammanlage einnimmt, die mit der Stadtgründung in Zusammenhang
gebracht wird und mit schönen Bauten umgeben ist; von her zieht sich die mit glänzenden Läden und zahlreichen Geschäften
besetzte Kalverstraat nach dem von Anlagen umgebenen Rembrandtsplatze, der ein Standbild von Rembrandt trägt, Erzguß nach
Royers Modell, 1852 errichtet; südlich davon der Thorbeckeplatz mit einem StandbildThorbeckes von Leenhof.
Vor dem königl. Palais ein Denkmal für die beim belg. Aufstand 1830/31 vom niederländ. Volk bewiesene Treue, nach der damaligen
Kriegsdenkmünze «het metalen kruis» genannt. (Hierzu Plan: Amsterdam nebst Straßenverzeichnis.)
Kirchen. Es bestehen folgende Kirchen: 10 reformierte (hervormde),
2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für
Remonstranten, 2 evangelisch-lutherische, 1 für «hergestellte»
Lutherische (1791 von den Lutheranern getrennt), 1 für Mennoniten, 3 christlich-reformierte, 19 kleinere und größere kath.
Kirchen, worunter 2 jansenistische, ein röm.-kath. Beghinenhof aus dem 14. Jahrh., 10 Synagogen und das 1880 erbaute Versammlungsgebäude
der Freien Gemeinde. Die schönste ist die Neue oder Katharinenkirche auf dem Dam (Nieuwe Kerk), eine kreuzförmige
Basilika in spätgot. Stil, 1408-70 erbaut und nach den Bränden und Zerstörungen von 1421, 1578 und 1645 wiederhergestellt;
der nur im Erdgeschoß vollendete Westturm wurde 1847 bis zur Höhe des Langhauses geführt. Das Innere hat eine gewölbte
hellbraune Holzdecke, Reste alter Glasmalereien, eine durch feine Schnitzarbeit ausgezeichnete, 1649 von
Vinckenbrinck ausgeführte Kanzel, außer andern ein großes Denkmal¶
mehr
des Admirals de Ruyter. Die Alte oder Nikolaikirche (Oude Kerk, 90 m lang, 65 m breit), um 1300 erbaut, hat schöne Glasgemälde
von 1555 und Denkmäler der AdmiraleJakobvan Heemskerck, Abrahamvan der Hulst (gest. 1666), Sweers (gest. 1673), van der Zaan
(gess. 1669), Cornelius Jansz (gest. 1633), des Feldmarschalls Paul Wirtz und der Dichterin Lucretia Wilhelmina
van Winter, geborene vanMerken (gest. 1705).
Weltliche Bauten. Das schönste Gebäude von Amsterdam, wenn nicht der Niederlande überhaupt, ist das vormalige Stadthaus, von 1808 bis 1810 Residenz
des Königs Ludwig Napoleon. Es wurde 1648-55 unter BürgermeisterTulp nach Plänen von Jac. vanKampen mit
einem Kostenaufwande von 8 Mill. Fl. aus gewaltigen Quadern erbaut, steht auf 13 659 eingerammten Pfählen, ist 85 m lang, 70 m
breit, 36 m hoch und hat einen runden Turm (56 m) mit vergoldetem Schiffe statt der Spitze. Sein Inneres wurde durch ausgezeichnete
niederländ. Bildhauer (Quellinus u.a.; s. Tafel: Niederländische Kunst III,
[* 51]
Fig. 2) und Maler des 17. Jahrh.
geschmückt.
Der Thronsaal (36 m lang, 18 m breit, 30 m hoch) gilt für den schönsten Saal in Europa. Das Gebäude dient noch jetzt als
Königspalast. Die Stadtbehörden halten ihre Sitzungen in dem ehemaligen Admiralitätshof am Oudezijds-Voorburgwal.
Die alte, 1608-13 gebaute Börse, unter der die Amstel in das Damrakgewässer floß, wurde 1837 abgebrochen und 1845 eine neue
jenseit des Dam gebaut; auch diese genügt längst nicht mehr, so daß im Nov. 1890 die Errichtung eines neuen großartigen
Baues und zugleich eine neue Straßenanlage auf dem sog. Damrak beschlossen
wurde.
Ferner sind zu erwähnen das Gebäude der Niederländischen Bank, 1872 erbaut, das Museum Fodor am Keizersgracht, eine Stiftung
des 1860 verstorbenen Kaufmanns Ch. Jos. Fodor und unweit der Hoogesluis der
schöne Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64) mit elliptischer Kuppel (57 m), die eine Victoria
[* 52] (7
m) von dem Brüsseler Bildhauer Jaquet krönt, die letztern beiden Gebäude nach Plänen von Corn-Outshoorn;
das Reichsmuseum (s. unten), ein stattliches Gebäude (11000 qm), 1877-85 nach Plänen von Cuypers aufgeführt, in sog. altholländ.
Renaissancestil mit got. und roman. Anklängen;
die Skulpturen an der Hauptfaçade sind von Vermeylen-Löwen und van Hove-Amsterdam,
das Äußere nach Zeichnungen von G. Sturm mit figurenreichem Mosaik in gemalten und glasierten Ziegeln
geschmückt;
der Centralbahnhof, von demselben Architekten erbaut und 1889 in Betrieb genommen;
das sog. Trippenhuis, im 17. Jahrh.
von den Amsterdamer Patriciern, den Brüdern Trip errichtet, welches früher die große Gemäldegalerie, jetzt nur die Königl.
Akademie der Wissenschaften (s. Akademien, S. 277 b) beherbergt; endlich das neue Stadttheater, Sand- und
Backsteinbau im altholländ. Renaissancestil (1894), von van Gendt und den Gebrüdern Springer erbaut.
Bildungs- und Vereinswesen. Die 1632 als Athenäum illustre von der Stadt gegründete Hochschule wurde 1867 in der philos. und
mediz. Fakultät reorganisiert, zur Universität erhoben und den übrigen Reichsuniversitäten
gleichgestellt. Sie hatte (1892) 65 Docenten und 1103 Hörer und besitzt hervorragende Institute, namentlich das chem. und
physiol. Laboratorium
[* 53] sowie eine 1881 erneuerte Bibliothek (100000 Bände, darunter 8000 Werke über ind. Litteratur
und wertvolle
Handschriften).
Besonders für mediz. Studien ist sie wegen der großen Krankenhäuser von hoher Bedeutung; sie ist wiederholt
mit bedeutenden Schenkungen bedacht worden. Ferner befindet sich in Amsterdam die Reichsakademie der bildenden Künste,
ein Reichsseminar für Zeichenlehrer, eine Reichsschule für Kunstindustrie, ein Gymnasium, eine Handelsschule, mehrere höhere
Bürgerschulen, Industrieschule für die weibliche Jugend, ein städtisches Seminar für Primärschullehrer,
eine Seemannserziehungsschule (seit 1785 bestehende Privatstiftung), ein botan. Garten
[* 54] mit einem schönen Victoria-Regia-Haus,
ein großer (11 ha.) zoolog. Garten (Artis), 1836 von der Gesellschaft Natura artis magistra gegründet, der zu den besteingerichteten
Europas gehört und mit reichen Sammlungen, einer Bibliothek, einem ethnographischen Museum, einem Aquarium und einer bedeutenden
Salmen- und Forellenzucht verbunden ist, eine Schauspielerschule (Toneelschool), errichtet vom Verein zurHebung
[* 55] der nationalen Schauspielkunst. In neuerer Zeit hat man auch den Versuch mit einer nationalen Operngesellschaft
gemacht, wie überhaupt die Musik eifrigste Pflege findet; 1888 wurde ein neues Konzerthaus eröffnet mit trefflichem Orchester
(Direktor Kes).
Die sechs Theater
[* 56] sind das GrandThéàtre (BesitzervanLier) mit 1000 Plätzen (Holland. Schau- und Lustspiel),
Parktheater (Aktiengesellschaft) mit 1800 Plätzen (deutsche Operette), Theater in der Plantage (BesitzervanLier) mit 1000 Plätzen
(deutsche Oper und Operette, nur Sommersaison), TheaterFrascati in der Plantage (Besitzer Prott) mit 800 Plätzen (holländ.
Operette), Paleis voor Volksvlijt (Aktiengesellschaft) mit 3000, event. auch 6000 Plätzen (großes Ballet,
Feerie, nur im Winter), Stadttheater (Eigentum der Stadt) mit 1200 Plätzen (auch deutsche Vorstellungen). Das Reichsmuseum
(s. Tafel: Museen II,
[* 51]
Fig. 2) enthält eine der bedeutendsten Gemälde- und Kupferstichsammlungen
(150000 Kupferstiche, 400 Sammelwerke und 400 Handzeichnungen) der Welt und umfaßt nicht nur die Sammlungen
aus dem frühern Reichsmuseum im Trippenhaus und aus dem Museum van der Hoop (1854 gegründet), sondern auch zahlreiche bisher
zerstreute Gemälde und andere Kunstwerke aus dem Stadthaus, aus dem Huiszittenhuis und gewährt in den Sammlungen des frühern
niederländ. Museums im Haag
[* 57] und der Oudheidkundig Genootschap (Altertumsverein) zu Amsterdam einen Überblick
über die ganze Geschichte der niederländ. Kunstgewerbe mit Einschluß der weltlichen
und kirchlichen Architektur von der Karolingerzeit bis zum 19. Jahrh. Die Werke Rembrandts, seiner Zeitgenossen
und Schüler sind zahlreich vertreten, ferner Meister der vläm., ital., franz.
und span. Schule, von van Haerlem, Jan Steen, Hobbema, van Ostade, Maes, van de Velde dem Jüngern, Rubens,
de Heem, Metsu, Karel du Jardin, van Dyck, Ruisdael, Dou, Weenir, Berghem u. a. Das Museum Fodor enthält eine ausgezeichnete
Sammlung von Werken der franz. Maler, Meissonier, Decamps, Ary Scheffer u. a., sowie Kabinettbilder der neuern belg.
und holländ. Schulen. Ferner finden sich in der Sixschen Gemäldesammlung,
gegründet von dem Gönner Rembrandts Jan Six, der von 1691 bis 1702 Bürgermeister von Amsterdam war, viele Meisterwerke niederländ.
Maler, besonders Rembrandts, vereinigt; die histor. Galerie des Malervereins Arti et Amicitiae besitzt
¶
mehr
200 Bilder und Darstellungen aus der niederländ. Geschichte. Die zu wissenschaftlichen Zwecken 1777 gegründete
Gesellschaft Felix meritis hat eine Sammlung von Gipsabgüssen, physikal. und mathem. Instrumenten, eine Bibliothek, Sternwarte
[* 59] und einen schönen Konzertsaal. In Amsterdam hat die in den Niederlanden verbreitete Gesellschaft zur Förderung gemeinnütziger
Zwecke mit über 17 400 Mitgliedern (Maatschappij tot Nut van't Algemeen), 1784 gegründet von einem Prediger
der Taufgesinnten Jan Nieuwenhuijzen, seit 1787 ihren Sitz.
Wohlthätigkeitsanstalten. Von den aus freiwilligen Beiträgen gegründeten Anstalten sind zu nennen das Blindeninstitut
(1808), für 50-60 Zöglinge von 5 bis 18 Jahren, das reform. Alt-Frauen- und Männerhaus, das St. Jakobsstift, ein
Versorgungshaus für alte Männer und Frauen kath. Religion, das Bürgerwaisenhaus, kath. Waisenhaus für Mädchen, luth. Waisenhaus,
das Diakoniewaisenhaus für 1000-1200 Kinder u. a.
Industrie. Die industrielle Thätigkeit ist sehr bedeutend und umfaßt die nirgends so großartig, meist von portug.
Israeliten betriebene Diamantschleiferei mit (1886) 7-8000 Arbeitern und 6 Mill. Fl. gezahlten Löhnen
(23 Etablissements, von denen 4 mit Dampfmaschinen arbeiten), Fabrikation von Gold-, Silber- und Farbewaren, Öl- und Stearinkerzen,
Smalt (Kobaltblau), Segeltuch, chem. Präparaten, Liqueuren, Tabak und Cigarren, Schokolade, Mehl und Brot,
[* 60] astron. Instrumenten,
Leder, Seide,
[* 61] Tapeten, Wolle, Porzellan; die Borax- und Kampferraffinerie, Zuckerraffinerie (4 große Fabriken verarbeiten je
über 10 Mill. kg jährlich), bedeutende Bierbrauerei (zum Teil für den Export arbeitend), Brennerei,
Glasbläsereien, Sägemühlen, Reisschälerei (jährlich 10 Mill. kg Reis verarbeitend), Schiffbauerei, Eisengießerei, Maschinenfabriken
(besonders die königlichen und «de Atlas»).
Handel. Seine ganze Bedeutung verdankt Amsterdam dem Handel. Nach einer langen Zeit der Erschlaffung zeigte in den letzten dreißig
Jahren die größte Energie. So ist 1865-76 der Nordseekanal (s. d.) entstanden, ein Privatunternehmen,
welches die Stadt unmittelbar in nordwestl. Richtung mit dem Meere verbindet (27 km lang, 68-125 m, vor Amsterdam 1100 m breit, 4-7,70
m tief) und an der Nordseeküste einen großen Kunsthafen (von 100 ha Fläche) mit zwei Wellenbrechern
(von 1880 m Länge) und einer durch zwei Leuchtfeuer markierten Einfahrtsöffnung (260 m breit) und in der Nähe des Ortes
Ymuiden drei Kunstschleusen besitzt; da die letztern für die größten Seeschiffe nicht ausreichen, so wurde 1892 mit einem
Aufwande von ungefähr 5 Mill. Fl. eine vierte größere Schleuse erbaut.
Der ältere Nordhollandsche Kanal ist seitdem verlassen worden. Die großen, teils durch den Staat, teils auch durch die Stadt
hergestellten Anlagen ziehen sich nördlich und nordöstlich im Bogen um die Stadt herum. Das Centrum derselben bilden im Norden
[* 62] die drei Stationsinseln, auf deren mittlerer die Centralstation (Centraal-Spoorweg-Station) sich befindet; nördlich
von denselben sind die Anlageplätze der auf dem Zuidersee nach Ymuiden, Nordholland, Hull
[* 63] und Leith
[* 64] verkehrenden Dampfer,
die östl. Insel ist auch der Endpunkt des Westindischen Maildienstes. Zu beiden Seiten der Inseln liegen das Östliche und
Westliche Dock
[* 65] zum Umladen der Waren auf kleinere Binnenseefahrzeuge; weiter östlich der neue große
Handelsquai mit dem Binnenhafen für große Ostindiendampfer, seit 1885 mit Kränen von 30 t Hebekraft versehen.
Daran schließen sich an die Dijksgracht, das große Bassin der Reichsmarine mit Magazin, die Kattenburger und Wittenburger Grachten,
das lange Bassin Nieuwe Vaart mit Kranen und Magazinen, seit 1874 für Seeschiffe eingerichtet, das staatliche
Entrepotdock (14,6 ha) mit Speichern (140000 qm Speicherfläche); weiter ostwärts der Eisenbahnhafen für Rohstoffe, Erze
und Kohlen, durch Geleise mit allen einmündenden Bahnen verbunden, der Damm des Zuidersees mit den Oranienschleusen (5 Mill.
Fl.). An seiner Ostseite ist das Bassin des neuen Merwedekanals, der Amsterdam mit Utrecht und dem Rhein verbindet,
und dessen Hauptteil (von Amsterdam bis Vreeswijk) eröffnet wurde.
Westlich der Stationsinseln liegen die Sueskanalladeplätze, 1877 erbaut, der große Holzhafen (houthaven, 126 ha), 1873-76
erbaut und 1878-83 erweitert, der Petroleumhafen für 14 transatlantische Dampfer, 1885-89 erbaut. Im ganzen verfügt Amsterdam, mit
Ausnahme der Grachten und Quais für den Binnenverkehr und die Fabriken und Werften, über 137 ha taugliche
Bassinoberfläche, darunter allein 105 ha für die große Schiffahrt, der das Östliche und Westliche Dock, die Nieuwe Vaart,
das Eisenbahnbassin, die Plätze östlich vom Holzhafen, die Bassins westlich desselben und der Petroleumhafen dienen.
Vor Eröffnung des Kanals liefen in Amsterdam jährlich ungefähr 4000 Schiffe mit 4,6 Mill. cbm ein und aus,
dagegen gingen durch die Schleuse von Ymuiden einschließlich der Fischerfahrzeuge 1883: 5594 Schiffe mit 5,4 Mill. cbm,
1889: 6794 Schiffe mit 8,8 Mill. cbm. Durch die Oranienschleuse verkehrten 1884: 120 Seeschiffe
mit 56 451 cbm, 1887: 56 Seeschiff mit 27 260 cbm, 1883: 91 216, 1888: 77 546 untergeordnete Fahrzeuge.
An Seeschiffen liefen in Amsterdam ein 1877: 1540 mit 1,7 Mill. Nettotonnen, 1883: 1607 mit 2,6 Mill. t, 1891: 1723 mit
4,6 Mill. t. Das schwimmende Dock am Nordufer des Y (Königinnendock) ist 122 m lang, 28 m breit und
kann Schiffe bis zu 5,2 m Tauchung und 4000 t Gehalt aufnehmen. Für den Amsterdamer Markt sind ostind. Kolonialwaren von
den staatlichen Produktionsstätten von ausschlaggebender Bedeutung, von denen die Niederländische Handelsgesellschaft die
Hälfte nach Amsterdam bringt.
Die Einfuhr betrug 1891: Kaffee aus Java und Brasilien
[* 66] 300000 q (Quintal), Thee aus Java, kleinere Mengen
aus China
[* 67] und Indien über London
[* 68] 19 500 q, Rohtabak aus Java, Sumatra u. a. 292 700 q, Rohzucker 813 190 q, raffinierten Zucker 28 510 q,
Droguen, Farbewaren und Chemikalien 307 980 q, Spezereien 26 870 q, Teer und Pech 38 430 q, Baumwolle 76 100 q,
Flachs und Hanf 4976 q, Roggen 843 910 q, Weizen 534 400 q, Reis 300 550 q, Sämereien und Saaten 967 850 q, Schiffbau- und
Zimmerholz 1,8 Mill. q, Metalle, roh 621 360 q, bearbeitete Metalle 452 250 q, Maschinen und Werkzeuge
[* 69] 91 990 q, Manufakturwaren 78 260 q,
außerdem Gerste
[* 70] und Mehl, frische und getrocknete Früchte, ferner Schmalz, Talg und Fett sowie Petroleum.
Die Ausfuhr betrug 1891: Kaffee 154 140 q, Tabak und Cigarren 20 601 q, Zucker, Sirup und Melasse 946 300 q, Reis 216 180 q,
Mehl 129 400 q, Käse 74 170 q, Fische 3797 q, Bier und Malzextrakt 61 860 q, Lumpen 68 710 q, Metalle,
roh 50 8040 q, Manufakturwaren 133 760 q, bearbeitete Metalle
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