[* 1] (Neu-Amsterdam),
Insel im südlichen
IndischenOzean, nordöstlich von
Kerguelenland, unter 37° 58' südl.
Br. und
77° 34' östl. L. v. Gr., 66 qkm (1,2
QM.) groß. Sie ist ein erloschener
Vulkan (bis 876 m hoch), fast ganz unzugänglich und unbewohnt; das
Innere, von ungeheuern Lavablöcken überdeckt, bietet ein
Bild der
Einsamkeit und Verwüstung. Amsterdam wurde 1633 von den
Holländern
entdeckt, aber erst 1696 (von Vlaming) betreten und steht jetzt mit der nahen
Insel St.
Paul unter dem englischen
Gouverneur
von
Mauritius.
[* 1] Hauptstadt (aber nicht Residenzstadt) des
Königreichs der
Niederlande,
[* 2] zugleich einer der bedeutendsten
See- und Handelsplätze
Europas, liegt am Einfluß der
Amstel in den
MeerbusenY, von zwei
Armen derselben durchflossen und in
zwei Teile, die alte (östliche) und die neue (westliche) Seite, geschieden. Sie liegt unter 52° 22' 30'' nördl.
Br. und 4° 53' 18'' östl. L. v. Gr., ist in Gestalt
eines
Bogens, dessen
Sehne das Y bildet, erbaut und hat einen
Umfang von 15 km (s.
Plan).
Der erste
Eindruck, den von der Landseite aus macht, ist kein günstiger: die Umgebung ist kahl und flach, nichts läßt die
Größe der Stadt ahnen.
Anders freilich, wenn man von der Wasserseite her den kolossalen
Bogen,
[* 3] den Amsterdam gegen
das Y hin bildet, mit Einem
Blick überschaut. Soweit das
Auge
[* 4] reicht, hohe, gewaltige Häusermassen und eine bunte, bewegte
Welt menschlichen
Verkehrs, zum Teil verdeckt durch einen
Wald von
Masten; gegen N. der weite, glatte Wasserspiegel
des Y und in der
Ferne die
UferNordhollands.
Mehrere
Züge vormaliger
Bastionen laufen um die Stadt herum und bilden einen mit einem breiten
Kanal
[* 5] eingefaßten
Kranz; die
Mauern sind aber abgetragen und die
Wälle in
Boulevards verwandelt. Von der Landseite hatte Amsterdam früher acht
Thore, aus
denen lange
Zugbrücken über den
Graben führten; von diesen ist nur ein einziges, der merkwürdige Muiderpoort
(Poort =
Thor),
übriggeblieben.
Mehr als 50 träge fließende
Grachten oder
Kanäle von 1-1,2 m Tiefe laufen durch die Stadt und bilden zahlreiche
Inseln, welche durch mehrere teils steinerne, teils hölzerne
Brücken
[* 6] miteinander verbunden sind. Da das
Kanalwasser wegen der beständig eindringenden
See ungenießbar und
Brunnen
[* 7] bei dem tiefmorastigen
Boden sehr schwierig zu graben
sind (einen artesischen
Brunnen besitzt Amsterdam seit 1851), so sammelt man das Regenwasser zum
Waschen und
Kochen, während Trinkwasser
durch eine 1853 eröffnete unterirdische
Wasserleitung
[* 8] aus dem 7 km oberhalb
Haarlem
[* 9] in den
Dünen von Vogelenzang
angelegten Wasserbehälter hinzugeführt
wird. Die HäuserAmsterdams (über 40,000 an Zahl) stehen auf eingerammten Pfählen, welche, durch eine weiche Torfschicht
von 12-15 m Dicke getrieben, auf festem Sandboden ruhen (daher der Bau unter der Erde nicht selten kostspieliger ist als der
über derselben); sie sind von Backsteinen, höchst selten von Quadern aufgeführt. Einzelne Gebäude,
selbst die neuern, haben ein mittelalterliches Aussehen; ihre schmale, oft nur zwei Fenster breite Giebelseite ist der Straße
zugekehrt; die Dächer sind hoch, spitz, oft gezackt, die Thüren klein und schmal.
Die Hauptstraßen laufen unter sich parallel als Halbbogen, deren Enden sich auf den Meerbusen stützen; gerade Querstraßen
schneiden durch; die breitern haben in der Mitte mit Bäumen besetzte Kanäle. Zu den schönsten gehören:
die Heerengracht, die Prinsen- und die 45 m breite Keizersgracht. Die ganze Außenseite der eigentlichen Stadt umgibt diesen
parallel in weitem Bogen der Buitensingel. Einige Hauptstraßen, z. B. Kalverstraat, Nieuwendyk, Doelen-, Sarphati-, Vondel-,
Leidsche und Utrechtsche Straat, sind nicht von einer Gracht durchzogen.
Mehrere Kanäle werden jetzt ausgefüllt. Die kleinern Straßen, durch welche keine Kanäle gehen, sind eng und düster. Das
Judenviertel, bis vor kurzem ein dichtes, enges Häusergedränge voll Schmutz und durcheinander wimmelnden Verkehrs, beginnt
durch Neubauten schon ein moderneres Aussehen zu gewinnen. Unter den zwölf öffentlichen Plätzen sind
der Dam, der Mittelpunkt des städtischen Verkehrs (mit einem hohen Denkmal zum Andenken an 1830, errichtet 1856), das Amstelveldt,
der Rembrandtsplein, früher Botermarkt (mit RembrandtsStatue, seit 1852), der Thorbeckeplein (mit ThorbeckesStatue), der Frederiksplein
(1870 vollendet) und der Leidsche Plein die vorzüglichsten.
Die schönsten Spaziergänge liefert der Vondelspark (15 Hektar), von Privatleuten angelegt und unterhalten.
Unter den 44 Kirchen der Stadt (darunter 18 katholische,
2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für
Remonstranten, 1 für Mennoniten, 1 für Quäker, 1 für Jansenisten, 1 griechische, 1 armenische etc.) verdienen besondere
Hervorhebung: die Nieuwe Kerk (Katharinenkirche) auf dem Dam, ein schöner spätgotischer Bau (1408-14
in Form einer kreuzförmigen Basilika
[* 12] aufgeführt, nach den Bränden von 1421 und 1645 und den Zerstörungen durch die Wiedertäufer
restauriert) mit den Grabmälern de Ruyters, van Galens, des Dichters Vondel und des Helden van Speyk (der 1831 vor Antwerpen
[* 13] sein Boot in die Luft sprengte) und einer sehr bewunderten Kanzel; ferner die gotische Oude Kerk (Nikolaikirche,
aus dem 14. Jahrh.) mit alten Glasmalereien und die Westerkerk mit 90 m hohem Turm.
[* 14]
Unter den neun Synagogen ist die dem Tempel
[* 15] Salomos nachgebildete der portugiesischen Juden (1670 erbaut) die schönste und größte.
An hervorragenden Gebäuden ist Amsterdam nicht reich. Das berühmteste und größte ist das ehemalige
Rathaus, seit 1808 königliches Palais, auf dem Damplatz, von Jakob van Kampen 1648-55 erbaut. Es steht auf 13,659 eingerammten
Masten und bildet ein Viereck
[* 16] von 80 m Länge, 63 m Tiefe und 33 m Höhe, in der Mitte mit einem gewölbten
Dom geziert, aus dem ein noch 20 m hoher, mit einem vergoldeten Schiff
[* 17] gekrönter Turm sich erhebt.
Zahlreiche Statuen, Basreliefs und Wandgemälde zieren das Gebäude; die Hauptsäle sind mit Marmor ganz überkleidet, so namentlich
der herrliche, aus den Zeiten König LudwigNapoleons herrührende, 36 m lange, 18 m breite Ratssaal, einer
der größten Europas. In der Nähe des Palais steht die 1845 vollendete Börse, ein stattliches Gebäude mit einer von 14 ionischen
Säulen
[* 18] getragenen Vorhalle, das aber bald einem neuen, viel größern Gebäude Platz machen müßte. Sonst sind noch
anzuführen: der Admiralitätshof (der jetzt als Stadthaus dient), das Justizgebäude, das Trippenhuis
(worin
sich einstweilen das Reichsmuseum befindet, s. unten), das Postgebäude, das Haus der vormaligen OstindischenKompanie, der
Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64 erbaut) mit 57 m hoher Kuppel und seit 1883 von einer prachtvollen
Galerie umgeben. - Amsterdam selbst ist keine eigentliche Festung
[* 20] mehr, bildet aber den Mittelpunkt der holländischen
Festungslinie und gilt als Hauptreduit des Reichs. Es ist durch eine Reihe detachierter Forts geschützt und kann durch künstliche
Überschwemmung völlig unzugänglich gemacht werden.
Den Zugang von Haarlem her deckt die Schleuse von Halfwegen, Angriffe von O. her werden durch die Schleuse von Muiden und die
FestungenNaarden, Muiden, Weesp, Nieuwesluis u. a. abgewehrt. Die Zahl der Einwohner betrug 361,314
(darunter ungefähr 80,000 Katholiken, 30,000 deutsche und 3200 portugiesische Juden). Im J. 1794 hatte Amsterdam eine Bevölkerung
[* 21] von 217,024 Seelen, die 1815 bis auf 180,179 gesunken war; dann hob sich ihre Zahl wieder, und in den letzten
Jahrzehnten hat eine regelmäßige Zunahme stattgefunden (1854: 243,304, 1864: 261,455, 1870: 274,931, 1884: s.
oben).
Die Zahl der verschiedenartigsten Fabriken und industriellen Etablissements ist bedeutend. Spezialitäten Amsterdams sind:
die Diamantschleiferei, welche in so großartigem Maßstab
[* 22] nur hier und zwar vorzugsweise von Israeliten betrieben wird (es
gibt vier große Schleifereien mit Dampfmaschinen
[* 23] und eine Anzahl kleinere);
die Borax- und Kampferraffinerien,
die vortrefflichen Schmaltefabriken. Im großen Maßstab wird Zuckerraffinerie (vier großartige Etablissements, deren jedes
über 10 Mill. kg verarbeitet), Tabaks- und Zigarrenfabrikation betrieben;
außerdem besitzt Amsterdam mehrere kolossale Bierbrauereien,
zahlreiche Sägemühlen, eine Dampfreisschälmühle, die jährlich ca. 10 Mill. kg Reis verarbeitet, Schiffswerften,
Maschinenfabriken (am bedeutendsten die königliche und »de Atlas«),
[* 24]
Hauptthätigkeit ist indessen der Handel, da sich in Amsterdam, zusammen mit Rotterdam,
[* 26] der gesamte Verkehr der
Niederlande konzentriert. Die ganze Nordseite von (am Y) ist in einen einzigen großen Hafen von 12 m Tiefe und mit verschiedenen
Docks oder Bassins umgeschaffen, unter denen das Oosterdok und das Westerdok (mit Raum für fast 1000 größere Schiffe)
[* 27] die
bedeutendsten sind. Dieselben werden vom Y durch starke, 390-520 m lange, erst in neuerer Zeit vollendete
Dämme getrennt, welche zugleich den am Meer gelegenen Stadtteil vor Überschwemmungen schützen, denen er sonst bei jeder Sturmflut
ausgesetzt war.
Eine bedeutende Veränderung ist übrigens durch die Anlage des neuen Zentralbahnhofs hier hervorgerufen worden, der in der
Mitte des südlichen Y-Ufers gelegen ist. BeimOstende
[* 28] des Oosterdoks befinden sich die alte berühmte
Reichswerfte (am Reichsdock) und das Matrosenhaus (für unbeschäftigte Matrosen, 1856 erbaut), nahe dabei der Freihafen ('s
Ryks EntrepotDok) mit ungeheuern Magazinen (1828 erbaut, gegen 700 m lang, 14 m breit). Der Schwierigkeit, welche der Schiffahrt
früher aus der immer zunehmenden Seichtigkeit des Pampus (der Meerenge, welche das Y oder den Amsterdamer
Hafen mit der Zuidersee verband) erwuchs, wurde zunächst (1819-1825) durch
Herstellung des großartigen Nordholländischen
Kanals (s. d.) abgeholfen. Friert der Kanal zu, so wird er aufgesägt, eine Operation, die je 30,000 Fl. kostet. Dieser Kanal
ist seit 1876 durch einen kürzern ersetzt, welcher Amsterdam, westlich dem Y folgend, direkt
mit der Nordsee verbindet und 1882 einen Verkehr von 4674 Schiffen mit 5,2 Mill. cbm hatte. Vom Y blieb lediglich die Kanallinie
bestehen; die übrigen 5000 Hektar sind (wie seiner Zeit das Haarlemer Meer) ausgepumpt.
Die Amsterdamer Börse ist die erste Warenbörse des Kontinents und vermöge des kolossalen Privatvermögens
eine der bedeutendsten Fondsbörsen, hauptsächlich für den effektiven Umsatz in Staatspapieren, vornehmlich holländischen,
österreichischen und russischen. Sie übt besonders durch ihre früher halbjährigen, jetzt zweimonatlichen Auktionen von
Javakaffee einen für halb Europa
[* 29] maßgebenden Einfluß aus. Ein Teil der Kolonialwaren lagert in Rotterdam
und Middelburg, Dordrecht
[* 30] und Schiedam, die Hauptmasse aber in Amsterdam. Die Bedingungen für die zur Auktion kommenden Waren macht die
Maatschappij, die 1824 begründete holländisch-ostindische Handelsgesellschaft (de Nederlandsche Handelmaatschappij, mit 36 Mill.
Fl. Aktienkapital), durch den Druck bekannt und zwar für jeden Artikel in einem besondern Blatt,
[* 31] wobei nicht
nur das abzugebende Quantum genau bestimmt, sondern auch eine spezielle Beschreibung der Sorten mit ungefährer Taxation veröffentlicht
wird. Im J. 1882 wurden durch die Gesellschaft hier und in Rotterdam für 40,2 Mill. Fl. Waren verkauft (Kaffee 32, Zinn 5,6 Mill.
Fl.). Im J. 1882 trafen an Kaffee aus Ostindien
[* 32] 711,454 Ballen (à 95¼ kg) in Amsterdam ein; auf den Auktionen der
Handelmaatschappij zu Amsterdam wurden 491,000 Ballen verkauft.