Titel
Amputation
(lat.), das Abnehmen eines
Gliedes durch blutige
Operation. Die Amputation
wurde schon in der
Hippokratischen
Schule geübt, um brandige, faulende
Glieder
[* 2] zu entfernen. Jedoch erst bei
Celsus und
Galen findet sich
Kunde
von regelrecht ausgeführten Amputationen
, obgleich dies
Verfahren damals wegen der
Blutung für sehr gefährlich gehalten
wurde. In allgemeinern
Gebrauch kamen die Amputationen
, nachdem man die mit der Amputation verbundene
Blutung durch
Unterbindung der
Arterien stillen gelernt hatte.
Bevor
Paré (1582) die schon von
Galen und
Aetius gekannte isolierte
Unterbindung der
Gefäße wieder anwandte, suchte man die
Blutung durch siedendes
Öl und
Harz zu stillen, in welches man den Amputation
sstumpf tauchte, oder durch
das Glüheisen, mit dem man die Wundfläche bestrich. Übrigens gelangte die
Unterbindung der
Arterien erst lange nach
Paré
zu der verdienten
Anerkennung. Erst seitdem
Morel 1674 die
Aderpresse
(Tourniquet)
[* 3] erfunden und
Petit 1718 dieselbe verbessert
hatte, wurde die Amputation
eine allgemein geübte
Operation.
Die Amputation
ist angezeigt bei solchen Zuständen der
Glieder, welche entweder absolut unheilbar sind und das
Leben gefährden, oder den
Gebrauch derselben vollkommen hindern, sowie bei solchen, welche wegen besonderer Umstände oder
Verhältnisse des Kranken der
Heilung oder Brauchbarkeit des
Gliedes im Weg stehen. Hierher gehören: Verletzungen mit starker
Quetschung der Weichteile und der
Knochen;
[* 4]
Zerreißungen großer Gefäße und Nervenstämme;
vollkommene Abreißung von Gliedern durch Maschinen, Kanonenkugeln;
große, allen Heilversuchen Trotz bietende Fußgeschwüre;
starke, erschöpfende Vereiterungen bei Knochengeschwüren und Knochenbrand, [* 5] wobei die betreffenden Knochenstücke nicht weggenommen werden können;
Brand der Glieder, sobald derselbe sich begrenzt hat;
sogen. falsche Gelenke, wenn sie an den untern Extremitäten vorkommen, weil sie das Bein zum Gehen unfähig machen;
große
Geschwülste etc. In vielen
Fällen, welche früher die Amputation
erheischten,
wendet man gegenwärtig die
Resektion (s. d.) eines Knochenteils oder eines
Gelenks an, wodurch man ganze
Gliedmaßen erhalten
und leidlich herstellen kann, welche vor einigen Jahrzehnten hätten abgenommen werden müssen.
Die Amputation
wird
entweder in der
Kontinuität eines
Gliedes, also mit Durchsägung seines
Knochens, oder in den
Gelenken vorgenommen, so daß
also nur Weichteile durchtrennt zu werden brauchen. Die Amputation
im
Gelenk nennt man
Exartikulation oder
Enukleation. Zuweilen werden
beide Operationsmethoden vereinigt, wie bei der Syme-Pirogowschen Amputation
des
Fußes. Im allgemeinen ist bei
der der
Grundsatz festzuhalten, daß von dem zu amputierenden
Glied
[* 6] soviel wie irgend möglich erhalten bleibe. Das
Verfahren
bei der Amputation
besteht nach voraufgegangener
Lagerung des Kranken und
Betäubung durch
Chloroform
1) in der Vorkehrung gegen die Blutung, welcher meist durch Druck mittels eines Tourniquets (s. d.) genügt wird;
zuweilen wendet man eine Gummibinde an, welche, straff angezogen, von dem
Fuß oder der
Hand
[* 7] aufwärts geführt wird
und derart alles
Blut verdrängt, daß große Amputationen
ebenso unblutig wie an der
Leiche ausgeführt werden können;
2) in dem kunstgerechten Schnitt, welcher auf die Bedeckung des Stumpfes Bedacht zu nehmen hat;
3) in der Absägung des Knochens;
4) der Blutstillung;
5) der gehörigen Behandlung der durch die Amputation
gesetzten
Wunde.
Die übeln
Erscheinungen nach der
Operation sind vornehmlich die
Krämpfe des Amputation
sstumpfes. Sie bestehen entweder in
anhaltender Zusammenziehung der durchschnittenen
Muskeln,
[* 8] besonders wenn nahe an einem
Gelenk operiert worden war,
oder in Zuckungen, wodurch heftige
Schmerzen und
Blutungen veranlaßt werden können. In solchen
Fällen muß der
Stumpf durch
Tücher auf die Unterlage niedergedrückt und befestigt werden.
Beruhigende Mittel und
Eis
[* 9] tragen zur Beschwichtigung dieser
Zufälle bei.
Die
Gefahren der Amputation
sind die bei jeder größern
Wunde zu beachtenden, besonders
Blutungen und
Verjauchung
(s.
Wunde).
Schmerzen im Amputation
sstumpf rühren entweder von ungenügender
Bedeckung durch die Weichteile,
Entzündung oder
von knotenartigen
Neubildungen in den durchschnittenen
Nerven
[* 10] her (Amputation
sneurome); sie werden von dem Kranken gewöhnlich
in das gar nicht mehr vorhandene
Glied verlegt, weil z. B. bei der Amputation des
Armes die Empfindungsnerven des
Daumens auch noch nach
Jahren auf einen
Reiz im
Bewußtsein die
Vorstellung erwecken, als sei der
Daumen direkt gereizt. Besonders
gegen Witterungswechsel bleiben die
Stümpfe noch viele Jahre empfindlich.