(v. franz. amortir, ertöten, auslöschen),
ursprünglich der Übergang liegender Güter und Gefälle aus weltlichen Händen in geistliche, d. h. an
die Kirche oder an eine milde Stiftung. Die Objekte wurden durch Amortisation abgabenfrei und dem Verkehr entzogen; sie fielen »an die Tote
Hand«. Der durch solche Zuwendungen an die Kirche im Mittelalter rasch fortschreitenden Bereicherung der Toten Hand steuerte zuerst
Kaiser Karl V. durch die Bestimmung, daß zu jeder Amortisation die Staatsgenehmigung erforderlich
sei. Später wurde in den meisten europäischen Staaten auf gesetzlichem Weg viel amortisiertes Gut durch
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Säkularisation (s. d.) wieder in den freien Verkehr gebracht. Nach dem Preußischen Landrecht wird die Kirche hinsichtlich des
Gütererwerbs andern privilegierten Korporationen gleichgestellt und bedarf zur Immobiliaracquisition sowie zur Annahme von
Erbschaften, Legaten und Geschenken der Einwilligung des Staats. Gleiche oder doch ähnliche Bestimmungen enthalten die neuern
Grundgesetze der meisten deutschen Staaten. Auch nach dem französischen bürgerlichen Gesetzbuch (Code civil)
bedarf es für die Kirche zur Annahme von Schenkungen, Legaten und Erbschaften der Genehmigung der Regierung.
Eine andre Bedeutung hat das Wort in Bezug auf den Verkehr mit Wechseln, Anweisungen und sonstigem Geldpapier. Man versteht hier
unter Amortisation die gerichtliche Ungültigerklärung solcher Papiere nach vorgängigem Aufgebotsverfahren in
Fällen, wo nur so der Nachteil einer eventuellen doppelten Zahlung von dem Schuldner oder der Verlust einer Forderung von dem
Gläubiger abgewendet werden kann. Der Wechselgläubiger, dem der Wechsel abhanden gekommen, würde um seine Forderung kommen,
die Wechselschuld würde eventuell an einen Unberechtigten bezahlt werden, wenn es nicht ein Mittel gäbe,
den Wechsel auf geschehene Anmeldung amtlich und öffentlich zu amortisieren.
Ebenso würde es sich mit Aktien sowie mit deren Dividendenscheinen, mit Staatspapieren und andern Effekten verhalten, wenn
sie dem rechtmäßigen Inhaber abhanden kommen. Die modernen Staatsgesetze sorgen daher dafür, daß in solchen
Fällen ein gesetzlich geregeltes Verfahren der Amortisation eintrete. So bestimmt z. B. Art. 305 des deutschen
Handelsgesetzbuchs, daß Papiere, welche an Ordre lauten und durch Indossament übertragen werden können (namentlich aufgeführt
werden gewisse kaufmännische Anweisungen und Verpflichtungsscheine, Konnossemente der Seeschiffer und Ladescheine der Frachtführer,
Warrants und Bodmereibriefe), wenn sie verloren gegangen sind, teils in derselben Weise wie Wechsel, teils
so, wie die speziellen Landesgesetze vorschreiben, amortisiert werden können. Von der der Wechsel insbesondere handelt Art. 73 der
allgemeinen deutschen Wechselordnung (s. Aufgebot).
Unter Amortisation versteht man auch die allmähliche, meist in regelmäßigen Beträgen stattfindende Abtragung einer
Schuld. Werden z. B. statt 4 Proz. Zinsen alljährlich 5 Proz. als Zinsen nebst 1 Proz. Amortisationsquote
entrichtet, so ist eine Schuld binnen 41 Jahren getilgt. Für die Ablösung der Grundlasten ist die Gewährung amortisierbarer
Darlehen durch staatliche Rentenbanken von großem und wohlthätigem Einfluß gewesen. Für den Schuldner eine Wohlthat, kann
eine solche Amortisation für den Gläubiger dadurch nachteilig sein, daß ihm sein Kapital in kleine Teile zersplittert
wird.
Jedoch wirkt eine solche ratenweise Rückzahlung dann nicht nachteilig, wenn an einem Ort viele kleine Amortisationsbeträge
zusammenfließen, welche als größere Summen wieder leicht verwendbar sind. Solche Ansammlungen finden bei den Bodenkreditanstalten
statt, welche dadurch in die Lage gesetzt sind, sofern nur die mit Hypotheken belasteten Grundbesitzer
ihre kleinen Amortisationsbeträge regelmäßig zahlen, jeweilig größere Schuldposten durch Heimzahlung von Pfandbriefen
zu tilgen.
Auch bei einer vom Staat oder einer andern Korporation kontrahierten Anleihe kommen derartige regelmäßige Amortisationen vor,
jedoch nur in der Art, daß die Tilgbeträge jeweilig zur Rückzahlung größerer Summen (Heimzahlung ausgeloster
Papiere, Aufkauf
von Obligationen) verwandt werden (vgl. Staatsschulden). Früher glaubte man die Rückzahlung leichter bewerkstelligen
zu können, wenn man eigne Tilgungskassen bildete, in welchen die Amortisationsbeträge Zins auf Zins aufgespeichert werden
sollten.
Hierbei wurde jedoch übersehen, daß der Kasse durch Zinsaufspeicherung nur zugeführt werden konnte,
was man durch Unterlassung von Heimzahlungen ersparte. Näheres über diese Kosten vgl. unter Tilgungsfonds. Auch bei Aktien
kann eine Amortisation und damit zugleich eine allmähliche Zurückzahlung des Aktienkapitals selbst vorkommen. Da aber eine solche
Amortisation die allmähliche Auflösung der Aktiengesellschaft herbeiführen kann, so ist im deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 215) die
Bestimmung getroffen, daß eine Aktiengesellschaft ihre eignen Aktien nur dann amortisieren darf, wenn dies durch den ursprünglichen
Gesellschaftsvertrag oder durch einen den letztern abändernden, vor Ausgabe der Aktien gefaßten Beschluß ausdrücklich zugelassen
ist. Endlich wird das Wort Amortisation auch im Sinn von Abschreibung gebraucht, wie sie bei stehenden Kapitalien vorgenommen
wird.
Vgl. Kahl, Die deutschen Amortisationsgesetze (Tübing. 1879).
Allmähliche Tilgung einer Schuld durch ratenweise Rückerstattung. Auch Ungültigerklärung von Wertpapieren
zur Schuldentilgung, Sanierung oder Kapitalherabsetzung. ⟶ Abschreibung.
(mittellat. amortisatio oder amorticatio, d. i. Ertötung, Auslöschung) heißt juristisch vorzugsweise
die Entkräftung der Schuldurkunden, welche nicht durch Zerstörung derselben und auch nicht durch einen darauf
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gesetzten Vermerk (Kassationsvermerk), sondern in außerordentlicher Weise bewirkt wird. (S. Inhaberpapiere.) - Im Mittelalter
verstand man unter Amortisation auch jeden Erwerb zur Toten Hand (insbesondere der Kirche), weil das Erworbene dem Himmel zugewendet
wird und der Welt abstirbt. An diese Bedeutung knüpft die Rechtssprache an, wenn die zur Beschränkung eines
solchen Erwerbes erlassenen Gesetze «Amortisationsgesetze» genannt werden.
Alle hierüber in Deutschland ergangenen Vorschriften sind zusammengestellt von Kahl in seiner Schrift «Die deutschen Amortisationsgesetze»
(Tüb. 1879). Danach bestehen Vorschriften dieses Inhalts in Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Altenburg und Elsaß-Lothringen.
Kahl teilt sie in Gruppen und berichtet über die vielfach sich kreuzenden Geltungsgebiete. Beschränkt
ist bald nur der Erwerb von Immobilien, bald auch der von beweglichen Sachen, mitunter jeder Erwerb, zuweilen nur der unentgeltliche
Erwerb. Einige Gesetze machen die Gültigkeit oder Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes oder auch lediglich des dinglichen
Entäußerungsgeschäftes von staatlicher Genehmigung abhängig. Andere Gesetze verbieten jede «Veräußerung»
an die Tote Hand oder knüpfen die Wirksamkeit der Veräußerung an staatliche Genehmigung, wieder andere Gesetze verbieten
ausschließlich den Erwerb oder die Annahme ohne Ermächtigung seitens des Staates, noch andere Gesetze erklären die Betreffenden
für unfähig zu erwerben. In einigen Rechtsgebieten wird selbst der Erwerb von Grundstücken in gewissen
Fällen gestattet, aber vorgeschrieben, daß binnen einer gewissen Frist die Wiederveräußerung zu erfolgen habe, sei es
schlechthin, sei es für den Fall, daß die Erlaubnis zum Behalten nicht erteilt wird. - Für Preußen ist das wichtigste der
in Betracht kommenden Gesetze das vom welches für den gesamten Umfang der Monarchie ergangen
ist.
In der Volks- und Staatswirtschaft versteht man unter Amortisation die Tilgung von Schulden und zwar hauptsächlich von einzelnen öffentlichen
Anleihen, welche der Staat oder Stadtgemeinden, Kredit- und Aktienvereine oder andere vom Staate hierzu ermächtigte Personen
aufgenommen haben. Im engern Sinne bezeichnet man mit der Aktien die planmäßige Tilgung der Gesamtzahl
aller Aktien oder der Aktien einer bestimmten Gattung während des Bestehens der Gesellschaft mittels gleichmäßiger periodischer
Ausscheidung einer Anzahl von Aktien.
Die mit Ablauf der einzelnen Periode zur Ausscheidung gelangenden Aktien werden in der Regel ausgelost, d. i. durch das Los bestimmt,
und sie werden zu ihrem Nennbetrage bezahlt, wenn nichts anderes festgesetzt ist. Dürfen die Mittel zur
Bezahlung aus dem Gesellschaftsvermögen ohne Rücksicht darauf, ob dabei das ursprüngliche Grundkapital erhalten bleibt,
genommen werden, so ist diese allmähliche Abstoßung aller Aktien nichts anderes als eine allmähliche Herauszahlung des Grundkapitals,
und sie unterliegt, auch wenn sie schon bei Errichtung der Gesellschaft oder vor der betreffenden Aktienausgabe
kundgegeben wird, nach dem Gesetze vom den für eine Grundkapitalsminderung im Interesse der Gemeinschaftsgläubiger
geltender Vorschriften, wonach die Ausführung nicht vor Befriedigung oder Sicherstellung aller bisherigen Gläubiger
erfolgen
kann.
Von diesen Einschränkungen frei ist diejenige Amortisation, welche lediglich aus den periodischen
Reingewinnen der Gesellschaft erfolgt, und, da dies die am häufigsten vorkommende Art ist, so pflegt man unter der Amortisation Vorzugsweise
sie zu verstehen. Ihre Festsetzung erfolgt häufig bei Ausgabe neuer Aktien auf ein bereits bestehendes Aktienunternehmen, die
man in kürzerer Zeit aus den Gewinnen wieder abzustoßen hofft, und sie ist das notwendige Auskunftsmittel,
wenn, wie dies bei Eisenbahnen außerhalb Preußens nicht selten der Fall gewesen, nach den Bedingungen der staatlichen Konzession,
in deren Ausübung der Gegenstand des Unternehmens besteht, das Substanzvermögen bei Ablauf der bestimmten Konzessionsdauer
lastenfrei und ohne Entschädigung an einen Dritten fallen soll.
Sie ist eine periodische Minderung der Aktienzahl ohne gleichzeitige Minderung des Grundvermögens. Trotz der entsprechenden
Verminderung der Zahl der Aktien erfolgt daher der Ansatz des ursprünglichen Grundkapitals unter den Passiven in den fernern
Bilanzen unverkürzt, oder es werden, was auf dasselbe hinauskommt, die schon amortisierten Aktienbeträge immer noch
unter den Passiven aufgeführt. (S. Amortisationsconto.) Entsprechend der Festsetzung im Gesellschaftsvertrage
werden bestimmte Beträge des jährlichen Reingewinns für die Amortisation verwendet.
Die Zurückhaltung dieser Beträge, mit welcher in der Regel schon mehrere Jahre vor dem Beginn der Amortisation begonnen
wird, während denselben für den betreffenden Verwendungszweck auch noch andere Beträge, wie nicht
erhobene Zinsen und Dividenden, zugesellt zu werden pflegen, wird als Bildung des Amortisationsfonds bezeichnet. Der Heimzahlungspreis
für die Aktien kann mit oder ohne Gewinnzuschlag festgesetzt sein. Häufig ist auch der Gesellschaft das Recht vorbehalten,
die Amortisation durch Verwendung der dazu bestimmten Mittel für freihändigen Ankauf von Aktien zu Kursen unter
dem Nennbetrage vorzunehmen.
Damit nicht durch die Ausscheidung von Aktien die noch verbleibenden Aktien eine unberechtigte Bevorzugung erhalten, ist eine
Festsetzung häufig, nach welcher die Eigentümer der ausscheidenden Aktien an stelle dieser sog. Genußscheine erhalten,
die sie zum Weiterbezug von Gewinnen und zur Teilnahme am Liquidationserlöse bei aufgelöster Gesellschaft nach
entsprechenden ausgleichenden Vorausbezügen der nicht ausgeschiedenen Aktionäre berechtigen. Es sind dies Überreste der
frühern Aktienbeteiligung und auch beim Mangel eines übrigens häufig ausdrücklich noch zugesprochenen Stimmrechts Aktionär-
und nicht Gläubigerrechte. Übrigens bedarf es für diese Amortisation aus den Reingewinnen nach dem Gesetz von 1884 der
statutarischen Festsetzung vor oder bei der Schaffung der Aktien, wenn der Aktionär daran gebunden sein
soll.